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Festung Königstein Festung Königstein: Zeitreise in den früheren Alltag

06.09.2001, 10:08
Festung Königstein
Festung Königstein dpa

Königstein/dpa. -    Vermutlich wussten nur wenige der Versdichter, dass sie mit ihrerFantasie den Alltag auf dem Königstein realistisch beschrieben. Denndort lebten nicht nur Militärs, sondern auch Schuster, Bäcker undandere Berufsstände. Ursprünglich waren die Handwerker gleichzeitigSoldaten, später wurden sie als auch Zivilpersonen angestellt. Unterdem Titel «Auf der Festung Königstein» macht nun von diesem Samstag(8. September) an bis 5. Januar eine Ausstellung mit dem Alltag aufdem Königstein im 18. Jahrhundert bekannt.

   Dabei bemüht sich das heutige Festungspersonal um Authentizität.Am Eingang soll ein Wachposten die Gäste mit «rauem militärischenTon» empfangen. Erst nach scheinbarer Prüfung der Personalien dürfensie das Tor passieren. Zunächst informiert die Schau über diemilitärische Struktur der Besatzung, deren Aufgaben und die Logistikdes Festungslebens. Selbst der Schulunterricht der Soldatenkinder unddie medizinische Versorgung der Besatzung kommen zur Sprache.

   «Wegen drohender Belagerungen war man auf Autonomie ausgerichtet»,sagt die Geschäftsführerin der Festung, Angelika Taube. Bis zu zweiJahre sollte das Bauwerk Gegnern trotzen können. Nur einmal, imfrühen 15. Jahrhunderts, gelang nach vierjähriger Belagerung eineEinnahme. Weitere Eroberungsgelüste wurden später vermutlich schonbeim Anblick der meterdicken Festungsmauern gedämpft. Selbst Preußen-Herrscher Friedrich II. soll im Siebenjährigen Krieg mit demAusspruch «Lasst' den Sachsen ihre Festung» auf einen Angriffverzichtet haben.

   Wer in Gegenwart von Geschäftsführerin Taube die Schönheit der«Burg» lobt, wird sogleich eines Besseren belehrt. Der Königstein warnach Befestigungsarbeiten Ende des 16. Jahrhunderts eine reineWehranlage und trägt seitdem den Namen Festung. Wegen ihrer schönenLage, 240 Meter hoch über der Elbe, war die Anlage zugleich auch Orthöfischer Repräsentation. Die Chronik vermerkt zahlreiche rauschendeFeste, bei denen unter anderem der russische Zar Peter I. inErscheinung trat. In der neuen Ausstellung kündet das Modell eines240 000 Liter großen Weinfasses vom Ausmaß der Festivitäten.

   Sachsens Könige wussten das Schöne freilich mit dem Zweckmäßigenzu verbinden. Da der Bau militärisch für uneinnehmbar galt, sollte erauch als Verlies für Gefangene dienen. Von 1591 bis 1922 sind knapp1000 Inhaftierte vermerkt. Ihren militärischen Charakter verlor dieFestung erst am Anfang des 20. Jahrhunderts. Bei Ausbruch des ErstenWeltkrieges wurde sie nicht mal mehr in Verteidigungszustandversetzt. Vielmehr diente sie wie auch später im Zweiten Weltkriegals Kriegsgefangenenlager.

   Heute ist die 9,5 Hektar große Bergfestung mit mehr als 30 Bautenaus allen Zeiten ihrer Geschichte einer der touristischen HöhepunkteSachsens. Im vergangenen Jahr kamen rund 650 000 Besucher. Das LandSachsen investierte seit der Wende rund 44 Millionen Mark (22,5Millionen Euro) in das Bauwerk, das bis dato schon acht Jahrzehntestark vernachlässigt war. Nach Schätzung von Angelika Taube wird esnoch 10 bis 15 Jahre dauern, bis alle Festungsbauten renoviert sind.