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Fasch-Festtage Fasch-Festtage: Klangvolles Heimspiel für Vater und Sohn

Von JOHANNES KILLYEN 10.04.2011, 19:40

ZERBST/MZ. - Zu Hause war Johann Friedrich Fasch (1688-1758) in Anhalt, doch seine Arbeitsdisziplin dürfte jedem Preußen zur Ehre gereicht haben: Rund 1 000 Kantaten schuf der Zerbster Hofkapellmeister (zum Vergleich: Bach kam auf gut 200), einige hundert Instrumentalwerke, dazu Messen und Passionsmusiken. Und er hatte als Witwer Sorge zu tragen für seinen Sohn Carl Friedrich Christian (1736-1800), der den Namen Fasch dann tatsächlich nach Berlin trug.

Barock vom Main

Fasch-Vater, Fasch-Sohn: Beide stehen zu den Zerbster-Fasch-Festtagen stets im Mittelpunkt - und doch gewährt eine bewusste Gegenüberstellung, die sich die am Donnerstag eröffnete elfte Auflage des Barockfestivals vorgenommen hat, Aussicht auf spannende Erkenntnisse. Denn in der Vita der zwei Komponisten spiegelt sich der Wandel vom höfischen Musikleben (Zerbst) zur bürgerlichen Musikkultur (Berlin). Carl Fasch war Begründer der berühmten Berliner Singakademie - die nicht nur bis heute existiert, sondern im Abschlusskonzert gestern Nachmittag, auch auftrat.

Beim Auftakt des Festivals in der prächtig sanierten Stadthalle Zerbst behielt der Vater indes die Oberhand und teilte sich die Programmplätze mit den Dresdner Kollegen Pisendel, Zelenka und Heinichen. Fasch-Junior war immerhin ganz am Schluss mit einer frühen Sinfonia vertreten, die hier erstmals aufgeführt wurde und deutlich die symmetrische Struktur und Steigerungsfiguren der Frühklassik erkennen ließ. Musiziert wurde auf historischem Instrumentarium und auf einem Niveau, das die Fasch-Festtage nicht hinter den anderen Barockfesten in Sachsen-Anhalt zurückstehen lässt. Das in Mitteldeutschland weniger bekannte Main-Barockorchester präsentierte eine erfreulich individuelle Lesart barocker Musik, die frei war von den Extravaganzen mancher Star-Ensembles.

Selbstbewusste Reverenz

Unter Leitung des exzellenten Primgeigers Martin Jopp brachten die Frankfurter gerade Johann Friedrich Faschs Werke mit sanftem Swing in Bewegung, agierten farbig-präzise, ließen Zeit zum Atmen und Klingen. Höhepunkt des Abends war gleich zu Beginn die d-Moll-Ouverturensuite, in der - typisch für Fasch - Oboen und Fagott sich herrlich entfalten konnten. Der Fasch-Preisträger 2011 dürfte gerade dieses Werk bestens kennen: der Bochumer Hans-Heinrich Kriegel ist einerseits Oboist, andererseits hat er als Begründer des Fasch-Collegiums Bochum Zerbster Barockmusik bis ins Ruhrgebiet getragen - und zudem über 150 Fasch-Werke ediert. Nicht weniger beeindruckend ist allerdings die Leistung des Organisationsteams der Fasch-Festtage, das unter Leitung der Musikwissenschaftlerin Barbara Reul dem Fleiß des Genius loci nacheifert: 320 Künstler, 16 Konzerte und ein Symposium wurden diesmal mit einem Budget von 170 000 Euro in die ehemalige Residenz gebracht. Die Kommune - neben dem Land Hauptgeldgeber - lässt sich das Fest 40 000 Euro kosten: nicht zuletzt als selbstbewusste Reverenz an die reiche Vergangenheit einer schrecklich zerstörten Stadt.