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Farin Urlaub Farin Urlaub: Arzt im Einsatz Urlauber aus Passion

Von Steffen Könau 26.10.2013, 09:24
Einer von drei Ärzten bei der Arbeit: Farin Urlaub
Einer von drei Ärzten bei der Arbeit: Farin Urlaub dpa Lizenz

Halle/Berlin/MZ - Der große Blonde mit der Gitarre tut schüchtern auf der großen Bühne in Ferropolis, vor der zehntausende Fans ihm zujubeln. „Soll ich noch mal sagen, was ich neulich gesagt habe?“, fragt Farin Urlaub seinen Bandkollegen Bela B. Der nickt. Und dann sagt er es tatsächlich: „Köln, ihr seid wunderbar!“

Ärzte-Humor, nur echt mit doppeltem Boden. Und den zimmert seit mehr als 30 Jahren meist dieser Blonde, der eigentlich Jan Vetter heißt, vor 50 Jahren in Berlin geboren wurde, bei einer älteren Dame Gitarrespielen lernte und gegen den Rat seines Musiklehrers verstieß, als er mit 18 in Bela B.s Band Soilent Green einstieg und „etwas mit Musik“ machte, wovor der Experte ihn gewarnt hatte.

Seit 1998 jedes neue Ärzte-Studioalbum Platz 1 in den Charts

Für den deutschen Rock ein Segen, denn Vetter, der seinen Künstlernamen Farin Urlaub seinem größten Hobby entlehnte, brachte zusammen mit Bela B. eine selbstironische Note in die oft bärbeißige, gedankenschwere Szene. Schon in ihrer ersten Inkarnation, die mit der Auflösung nach einem triumphalen letzten Konzert in Westerland auf Sylt endete, stand das von wechselnden Bassisten komplettierte Duo augenzwinkernd an der Außenlinie der Deutschrockszene, mehrfach vom Jugendschutz indiziert und darüber sichtlich amüsiert. Neu interpretiert haben Die Ärzte ihre Rolle dann mit der Neugründung vor 20 Jahren. Die selbst ernannte „beste Band der Welt“ scheute nun nicht mehr vor der Hitparade zurück. Seit 1998 war jedes neue Ärzte-Studioalbum Platz 1 in den Charts, dank Singlehits wie „Ein Schwein namens Männer“ und „Junge“ wurden die Konzertarenen immer größer und die Tourneen länger. Der 1,93-Meter-Mann Farin Urlaub fand sich nun ebenso wie Kollege Bela B. bereit, auch mal den Popstar zu geben, wenn auch stets auf eine sympathische, distanzierte Art: Vom „Planet Punk“, wie sie mal ein Album genannt hatten, ging es direkt in die Herzen eines nach Millionen zählenden Mainstream-Publikums.

"Ich will einfach die ganze Welt sehen“

Mit Farin Urlaub am Mikrofon, Bela B. am Schlagzeug und dem früheren Rainbirds-Bassisten Rodrigo Gonzales am Bass wurde aus den Ärzten ein Stadionact, der heute auf Augenhöhe mit Herbert Grönemeyer und den Toten Hosen spielt. Was nicht heißt, dass die drei Doktoren sich den üblichen Spielregeln der Branche unterordnen. Vor allem Farin Urlaub bricht immer wieder aus der Rolle des Frontmannes aus. Dann nimmt der mit Beatles und Frank Zappa musikalisierte Antialkoholiker und Nichtraucher Urlaub und reist ohne konkreten Plan für einige Monate in die Ferne, um andere Länder zu besuchen, fremde Kulturen zu erleben, die Augen aufsperren und zu staunen. „Ich will einfach die ganze Welt sehen“, sagt er, „jedes einzelne existierende Land“. Eine Lebensaufgabe, der sich der Berliner mit derselben Leidenschaft widmet, mit der er sein Privatleben seit drei Jahrzehnten abschirmt. Mehr als 120 Länder hat Urlaub bereits abgehakt, in zwei großformatigen Büchern hat der begeisterte Hobbyfotograf seine imponierenden Aufnahmen aus Bhutan, Osttimor, Australien und Indien gezeigt. Die letzte Ärzte-Tour ist gerade zu Ende gegangen. Könnte sein, dass Farin Urlaub seinen 50. Geburtstag schon irgendwo unterwegs feiert.