Kommentar zum ESC-Vorentscheid Eurovision Song Contest: Gewinner Michael Schulte jamesbluntet gekonnt vor sich hin

Die beste Nachricht vorweg: Die bajuwarische Kirmeskapelle Voxxclub wird nicht für Deutschland singen. Die fünf Lederhosen tragenden Ganzjahreskarnevalisten („I mog di so“) bedienen zwar alle im Ausland kursierenden Oktoberfest-Klischees, aber – Schuhplattler hin, Wanderstiefel her – Bumsmusik bleibt Bumsmusik, und die (Après-)Skisaison ist im Mai, wenn das ESC-Finale in Lissabon stattfindet, vorbei.
Wenn man also bedenkt, was beim ESC-Vorentscheid am Donnerstagabend in Berlin auch hätte passieren können, ist der Gewinner Michael Schulte keine schlechte Wahl. Der Sänger aus Buxtehude hatte in allen drei Wertungen (die Fernsehzuschauer und zwei Experten-Jurys) die Nase vorn. Er traf mit der Edelschnulze „You Let Me Walk Alone“ also den Massengeschmack, überzeugte aber auch kritische Ohren mit internationaler ESC-Expertise. Böse Zungen würden sagen: Er „jamesbluntet“ vor sich hin, das aber durchaus gekonnt.
Eifert Michael Schulte nur dem portugiesischen Vorjahressieger nach?
Aber seine zurückgenommene Performance mag man auch als Echo auf den ESC 2017 sehen, als der portugiesische Überraschungssieger Salvador Sobral ohne visuelles Spektakel, Windmaschinen, Feuersäulen usw. auskam. Der Gegenentwurf beim deutschen Vorentscheid war das einstige „Voice of Germany“-Sternchen Ivy Quainoo. Sie bot aufwändige Pyrotechnik, einen waffenscheinpflichtigen Ausschnitt, trug glitzernden Goldstaub auf Armen und Schultern.
Es war der Versuch, irgendwie von der tristen Musik (Schweden-Pop vom ESC-Wühltisch) abzulenken. Hat aber nicht geklappt. Auch eine gute Nachricht, irgendwie.