Eulenspiegel Verlag Eulenspiegel Verlag: «Spaßmacher» im Osten feiert seinen 50. Geburtstag

Berlin/dpa. - Der Verlag war gewissermaßen der «Spaßmacher» im östlichen Buchhandel: Laut Gründungsurkunde vom 1. Juli 1954 war er zuständig für die Herausgabe «zeitgenössischer humoristisch-satirischer Literatur des In- und Auslandes sowie des kulturellen Erbes». Nach dem DDR-Untergang wäre es fast zur Pleite gekommen, doch die Privatisierung glückte.
Der Eulenspiegel Verlag steht bis heute für Humor, Satire, Karikatur und Cartoon. Die Jubiläumsbilanz weist insgesamt 2 000 erschienene Titel in einer Gesamtauflage von 160 Millionen Exemplaren aus. Den Umsatz im vergangenen Jahr beziffert Verlagschef Matthias Oehme auf zwei Millionen Euro. «Mit 50 sind wir noch recht rüstig», meinte er kürzlich. Warum solle man sich da nicht einmal Elitäres wie die Herausgabe der 15-bändigen Werkausgabe des im vergangenen Jahr gestorbenen Dramatikers Peter Hacks leisten?
Zu DDR-Zeiten galten viele Eulenspiegel-Bücher als so genannte «Bückware», die sich nur mit größter Mühe erstehen ließ. Zu Bestsellern zählten die «dicken Bücher» ostdeutscher Humor-Zeichner wie Henry Büttner, Erich Schmitt, Manfred Bofinger oder Heinz Jankofsky. Klassiker wie Wilhelm Busch und Heinrich Zille wurden mehrfach nachgelegt. Selbst auf Loriots Späße mussten Ostdeutsche nicht verzichten. Auch Titel von Bertolt Brecht, Erich Kästner, Günter Kunert, Rainer und Sarah Kirsch, von Fjodor Dostojewski und Charles Dickens hatten ihren Platz.
Als Leserlieblinge empfahlen sich Autoren besonders dann, wenn sie die komischen Seiten des DDR-Alltags aufspießten und dabei manchen Seitenhieb auf den Real-Sozialismus landeten - wie Lothar Kusche, Hansgeorg Stengel, John Stave, Ottokar Domma oder Rudi Strahl. Mit der kleinen Form lasse sich «hinterm Rücken der Inquisition besser Fratzen schneiden», stellt das Jubiläums-Erinnerungsbuch «Die traun sich was» jetzt klar. Allein: Wachsame SED-Zensoren griffen auch beim «Eulenspiegel» zu. Die Ablehnung von Stefan Heyms 1956 geschriebener Geschichte «Defoe gegen die Königin» blieb nicht das einzige ungedruckte Manuskript. Gutachter hatten Heyms Buch als Parabel für einen Streit zwischen Heym und SED-Chef Walter Ulbricht «enttarnt».
Ostalgie heißt eines der Felder, die der Verlag in den Nachwendejahren eifrig besetzte. Meistgefragt seit mehr als zehn Jahren mit zwei Millionen Auflage ist «Der Schein fürs Sein», eine Jankofsky-Adaption des DDR-Personalausweises. Satiren von Peter Ensikat («Hat es die DDR überhaupt gegeben?»), Uwe Steimle («Uns fragt ja keener») oder Ernst Röhl («Der Ostler, das unbekannte Wesen») trafen den Lach-Nerv.
Unter die Zeichner hat sich ein neuer Name gemischt: Ex-Millionenerpresser «Dagobert» Arno Funke veröffentlichte «Ente kross», sein erstes Buch mit eigenen Cartoons und Geschichten, im Eulenspiegel Verlag. Funke hatte zunächst für das Satire-Magazin «Eulenspiegel» gearbeitet, das seinen 50. Geburtstag bereits im Mai feierte.