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Deutsches Nationaltheater Weimar Deutsches Nationaltheater Weimar: Aufsichtsrat stellt sich gegen seinen Generalintendanten

Von David Rollik 01.10.2008, 14:14
Stephan Märki ist derzeit Generalintendant des Deutschen Nationaltheaters in Weimar. (Foto: dpa)
Stephan Märki ist derzeit Generalintendant des Deutschen Nationaltheaters in Weimar. (Foto: dpa) dpa-Zentralbild

Weimar/Erfurt/ddp. - In einerSitzung des Gremiums am Dienstagabend sei keine Einigung über eineVertragsverlängerung über dieses Datum hinaus erzielt worden, sagteder Aufsichtsratschef und Thüringer Kultusminister Bernward Müller(CDU) am Mittwoch. Vertreter der Stadt Weimar hätten von ihrerSperrminorität Gebrauch gemacht.

Weimars Oberbürgermeister und Aufsichtsratsvize Stefan Wolf (SPD)sprach von einem «gestörten Vertrauensverhältnis». Märki - seitSeptember 2000 DNT-Intendant - habe mit den Aufsichtsratsmitgliedernnur noch über Anwälte oder die Presse kommuniziert. Eine intensiveDiskussion über die Lösung wirtschaftlicher und strukturellerProbleme des Theaters sei nur denkbar, wenn der Intendant dazu auchbereit sei und nicht jedes Gespräch sofort an die Öffentlichkeitgelange, sagte Wolf. Nach zehn Jahren könnten zudem mit einem Wechselin der künstlerischen Leitung des Hauses auch neue Impulse gesetztwerden. Den Vorwurf eines «Ränkespiels» wies Wolf zurück.

Die Kulturexpertin der Linken, Birgit Klaubert, hatte dieEntscheidung als «abgekartetes Spiel» bezeichnet. Dass Wolf eineneigenen Antrag mit dem Ziel einer Vertragsverlängerung dann mitseiner eigenen Stimme abgelehnt habe, sei eine «schändlicheAufführung». Statt in der DNT-Aufsichtsratssitzung über Inhalte zureden, sei durch ein «infames Verfahren ein Intendant aus dem Amtgejagt» worden, der für Freiheit und Autonomie der Kunst eintrete undsich seit Jahren für den Erhalt der reichen ThüringerKulturlandschaft engagiere.

Grünen-Landeschefin Astrid Rothe-Beinlich sagte, der «Putsch»stehe für «Kleingeist und Provinzialität sowie Arroganz der Machteiner unheiligen großen Koalition von CDU und SPD». Die Folgen seienfür die Kultur und Thüringen verheerend. BundestagsvizepräsidentinKatrin Göring-Eckardt (Grüne) fügte hinzu, offenbar sei bei denWeimarer Stadtbürokraten jemand, der eigene, kreative und auchungewöhnliche Wege gehe, nicht erwünscht.

SPD-Chef Christoph Matschie sprach von einer «krassenFehlentscheidung» des Aufsichtsrats, die revidiert werden müsse.Märki habe eine hervorragende Arbeit geleistet und das DNT zu einem«kulturellen Mittelpunkt Deutschlands» gemacht.

Die Kulturinitiative Thüringen forderte die Abwahl von Wolf.Dieser habe mit seiner Entscheidung gegen Märki seine privatenInteressen über die der Stadt und der Bürger gestellt, sagte derGründer der Initiative, Peter Mittmann. Er kritisierte auchCDU-Stadtrat Peter Krause, der zu den sechs Märki-Gegnern imAufsichtsrat zählte: Dieser versuche, «persönliche Eitelkeit mitVetternwirtschaft zu kombinieren, wenn er jetzt seinen FreundDominique Horwitz als neuen Intendanten ins Gespräch bringt».Medienberichten zufolge sollen auch Schauspieler Thomas Thieme undDramaturgin Nike Wagner Interesse an der Intendanz gezeigt haben.

Die drei Aufsichtsräte Martin Kranz (weimarwerk bürgerbündnis),Rudolf Keßner (Grüne) und Dirk Möller (Linke) distanzierten sich vonder Entscheidung des Aufsichtsrates. Es sei nicht hinnehmbar, dieVerhandlungen mit Märki ohne inhaltliche Begründung abzubrechen. «DieArt und Weise des Vorgehens hat uns entsetzt», teilten sie in einerErklärung mit. Der Intendant sei vom Stuhl gestoßen worden ohne dieChance, selbst Stellung zu nehmen.