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Der "Goldene Reiter" Der "Goldene Reiter": Warum Joachim Witt seine neue Tour ausgerechnet in Halle startet

18.04.2019, 08:00
Das Konzert von Joachim Witt in Leipzig wurde für sein neues Album „Refugium“ aufgezeichnet.
Das Konzert von Joachim Witt in Leipzig wurde für sein neues Album „Refugium“ aufgezeichnet. Agentur

Halle (Saale) - „Hey, hey, hey - ich bin der Goldene Reiter“ - es war sein Hit der Neuen Deutschen Welle in den 80er Jahren, den heute noch jeder mitsingen kann. Joachim Witt ist mittlerweile 70 Jahre alt geworden und füllt immer noch die Hallen. Erstmals mit einem Orchester hat er alte Hits, aber auch neue Songs im ausverkauften Leipziger Gewandhaus zum Festival „Gothic meets Klassik“ vergangenes Jahr präsentiert. Der Mitschnitt ist im Februar als neues Album namens „Refugium“ erschienen - jetzt geht’s damit auf Tour. MZ-Redakteurin Jessica Quick traf den bärtigen Sänger in Halle und hat mit ihm über seine Musik, den Tod und seine Beziehung zu Mitteldeutschland gesprochen.

Sie sind gerade 70 Jahre alt geworden. Wir haben gehört, es gab eine Überraschungsparty?

Joachim Witt: Ja, ich hatte eine ganz tolle Feier, von der ich nichts wusste. Eigentlich wollte ich in einem ganz kleinen Rahmen feiern. Und dann hat mich der Taxifahrer abgeholt und ist dann einen Umweg gefahren. Ganz woanders als geplant. Ich wollte mich schon aufregen ... Und dann stehen da Hunderte Menschen, die ich in meinem Leben kennengelernt habe und die für mich wichtig sind. Das war ein unglaublicher Moment. Die beiden Musiker, die ich für die eigentliche Feier gebucht hatte, waren auch da. Die wurden quasi nur umgeleitet und haben später Jazz- und Bossa-Lounge gespielt. Das hatte ich mir ausgesucht, weil ich finde, dass das so eine angenehme Hintergrundmusik ist, bei der man sich gut unterhalten kann. Aber natürlich gab es später auch noch einen DJ zum Tanzen. Auch die härteren alkoholischen Getränke wurden erst ab 22 Uhr serviert, damit der eine oder andere auch noch erlebt, was an Programm geplant war (lacht) - zum Beispiel Tuchakrobatik, der Raum war sehr hoch, das passte. Es war sehr schön, ein ganz toller Abend.

Der 1949 in Hamburg geborene Musiker hat in seiner Karriere schon einige Höhen und Tiefen durchlebt. Der „Goldene Reiter“ und „Die Flut“ waren seine größten Hits. Zuschauer kennen ihn aber auch als Kandidat im Promi-Big-Brother-Haus. Seit 1980 veröffentlichte Joachim Witt 16 Alben, im Februar ist „Refugium“ erschienen, auf dem der Sänger erstmals von einem Orchester begleitet wird.

Zehn Konzerte sind insgesamt geplant - neben dem Termin am 26. April in der Händel-Halle in Halle unter anderem auch am 1. Mai in Dresden und am 1. Juni in Erfurt.

Die MZ verlost zwei CDs und eine Schallplatte „Refugium“. Schreiben Sie bis 29. April eine Mail an redaktion.termine@ mz-web.de. Die Gewinner werden schriftlich informiert; Teilnahmebedingungen siehe Impressum.

Kartenverkauf für die Konzerte unter 0341/9800098

Die Daten der Teilnehmer werden zur Auswertung der Aktion gespeichert und 14 Tage nach der Beendigung der Aktion gelöscht. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nur, wenn es für die Durchführung der Gewinnspiele notwendig ist.

Der Datenverarbeitung können Sie durch Mitteilung auf gleichem Wege jederzeit widersprechen. Die Teilnahme ist dann jedoch nicht mehr möglich.

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Das größte Geschenk haben Sie sich aber mit Ihrem neuen Album „Refugium“ gemacht, oder?

Na ja, eigentlich ist es so gewesen, dass ich gefragt wurde, ob wir das Konzert, das wir im Rahmen des „Gothic meets Klassik“-Festivals 2018 im Leipziger Gewandhaus machen, aufzeichnen wollen. Die Veranstalter Mawi Concerts und Meadow Lake Music würden das gerne machen. Und Matthias Winkler hat mich gefragt, ob wir für meinen Geburtstag das ganze nicht mitschneiden wollen.

Und dieses Konzert ist jetzt auf dem Album zu hören?

Es ist ein Songbook geworden mit CD und DVD. Darauf ist aber nicht das Konzert in Leipzig zu sehen, sondern Material dazu, Fotos und Videos. Ich sage das ganz deutlich, nicht dass jemand enttäuscht ist, wenn er das Songbook in der Hand hält.

Der „Goldene Reiter“, Ihr Hit aus dem Jahr 1981, ist auch darauf zu hören - in einer ganz neuen Version.

Ja, natürlich. Er ist orchestriert. Ich spiele die Nummer auch in der Gothic-Szene und bei HardRock-Konzerten, da klingt das Lied viel härter als in diesem Konzert. Übrigens habe ich mich zuerst auch dagegen ausgesprochen. Ich wollte den Hit gar nicht drauf haben. Wie wir Künstler halt so sind. Ich habe gedacht: Oh nö, das wird so oft gespielt, ich möchte auch mal etwas anderes! Und ich habe ja auch vieles ausgewählt, was sehr speziell ist. Aber am Ende habe ich gesagt: Gut, wenn ihr unbedingt wollt, dann probieren wir das einfach! Und dann hat Conrad Oleak das orchestrale Arrangement für den „Goldenen Reiter“ gemacht. Und ich war so berührt und überzeugt, wie ich es beim Original nie war. Ich dachte, das ist ja unglaublich! Dieses Intro, was er arrangiert hat, das geht so in die Tiefe. Beim Konzert haben viele das Lied gar nicht wiedererkannt, weil sie es vorher in der Form so noch nie gehört hatten. Heute bin ich froh, dass dieser Titel jetzt mit drauf ist.

Sie haben in Leipzig das erste Mal mit Orchester gespielt. Was war das für ein Gefühl?

Ja, das waren die Leipziger Philharmoniker - ein tolles Orchester. Wir hatten ein paar Proben im Vorfeld, und da war ich tatsächlich sehr aufgeregt. Ich verstehe mich eher als Interpret, als Sänger und tragende Stimme. Ich hatte ein bisschen Angst, wenn jetzt so ein großes Orchester mit mir spielt. Aber noch während der Proben sagte mein Team: Joachim, du brauchst dir keine Sorgen machen, das funktioniert wunderbar! Da war ich erst mal froh, und Angst hatte ich auch keine mehr. Am Ende war der Abend im Gewandhaus fantastisch! Die Musik wurde so toll angenommen - und das Festival war lange vorher ausverkauft.

Sie haben eben über die Jahre viele Fans gewonnen und sind selbst mit 70 Jahren noch gefragt.

Wobei die Fans mich nicht als alt gewordenen Mann sehen. Sondern entweder als Idol von früher, oder sie kennen mich aus der Szene heraus, wo ich ja auch eine gewisse Rolle spiele. Insofern ist mein Publikum ganz heterogen, das geht durch alle Altersschichten hindurch. Darüber bin ich sehr froh. Das liegt sicher auch daran, dass ich mich nicht ständig wiederhole oder alte Sachen aufwärme.

„Die Flut“ oder „Was bleibt“ - beides Stücke mit Peter Heppner - klingen so sehr traurig und nach Abschied vom Leben.

Meine ganze Musik ist traurig oder sentimental. Und ein bisschen melancholisch ist sie natürlich auch.

Denken Sie über den Tod nach?

Ja, jeden Tag. Wenn ich nicht über den Tod nachdenken würde, hätte ich keine Freude mehr am Leben. Nur so stellt sich ein Verhältnis her: Wenn du erkennst, dass du irgendwann nicht mehr bist, lebst du den Moment. Und du versuchst, das Beste daraus zu machen. Ohne über den Tod nachzudenken, ist einem das sonst gar nicht so richtig klar. Für mich funktioniert das so gut.

Die Stimme von Peter Heppner und Ihre, so klar und dann so tief rauchig, sind wie Ying und Yang. War es geplant, den Hit „Die Flut“ noch einmal zu wiederholen?

Wiederholen würde zu weit gehen. Also es ist so, dass wir zum 20. Jubiläum der „Flut“ eine neue Zusammenarbeit geplant hatten. Peter wollte schon immer diese Nummer nehmen und jetzt haben wir es einfach gemacht. Das Stück ist auch ein Teil des „Refugium“-Albums, genau wie „Die Flut“. Bei dem Konzert im Gewandhaus war das ein besonderer Moment. Die Leute sind ausgerastet, weil niemand wusste, dass Peter auf die Bühne kommt. Es war grandios, eine echte Überraschung!

Erst das Konzert in Leipzig, in Halle starten Sie Ihre Tour - Mitteldeutschland scheint Ihnen ans Herz zu wachsen?

Das war eigentlich fast immer so! Spätestens aber seit Mitte der 90er Jahre, als „Die Flut“ erschienen ist. Die Menschen in Mitteldeutschland sind sehr mit der Gothic- und im Dark-Wave-Szene verwurzelt. Auch wenn man meine Musik früher als Neue Deutsche Welle bezeichnet hat, komme ich eigentlich aus dem Dark Wave. Insofern bin ich also auch ein Vertreter dieser Bewegung und hier in Mitteldeutschland schlägt das Herz stärker dafür als in Westdeutschland. Deshalb ist die Resonanz hier so besonders.

Welche Rolle spielt das neue Album dabei?

Das „Refugium“-Album ist sehr sentimental. Das Herz spielt dabei eine große Rolle. Das ist mir bei meiner Musik auch so wichtig: Ich möchte die Menschen emotional berühren und sie tief im Bewusstsein erreichen. So haben sie ein Erlebnis, was im normalen Alltag nicht stattfindet. Im Konzert hingegen sollen sie eintauchen und sich selbst reflektieren. Dieses Gefühl hält lange an und das ist mir sehr wichtig. Dafür bieten die Songs eine gute Grundlage. Konzerte finde ich herrlich, weil ich dann sehe, dass es tatsächlich funktioniert.

Für das Album haben Sie mit Matthias Winkler von Mawi Concerts zusammengearbeitet - ein Hallenser.

Matthias Winkler und Mawi als Veranstalter von Konzerten, das ist grundsätzlich eine Institution in der Branche. Deswegen gab es schon früher immer mal Berührungspunkte. Aber jetzt hat Mawi ein eigenes Schallplatten-Label gegründet: Meadow Lake Music. Und sie haben mich quasi als ersten Künstler angesprochen, auf dem Label zu veröffentlichen - und zwar mit dem Mitschnitt im Gewandhaus. So sind wir zusammengekommen. Mittlerweile haben wir uns schon mehrfach getroffen - auch in Halle - um alles Revue passieren zu lassen und die Tour zu besprechen. Es sieht gerade alles sehr gut aus. Die Musik kommt bei den Menschen an und bewegt etwas.

Am 26. April sind Sie mit Orchester in der Händelhalle in Halle zu Gast. Was erwartet Ihre Fans?

Das wird ein Abbild von „Refugium“ sein. Und es gibt auch einen Special-Guest. Das wird allerdings nicht Peter Heppner sein. Mit ihm bin ich dann wieder auf Festivals im Sommer unterwegs. Adrian Hates von „Diary of Dreams“ wird mich die gesamte Tour begleiten. Er war auch im vergangenen Jahr im Gewandhaus in Leipzig dabei. Seine Band gehört seit Jahren zur Dark-Wave-Szene. (mz)