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Dänemark Dänemark: Maler fanden das Licht im Norden

Von ANDREAS MONTAG 25.08.2010, 18:32

SKAGEN/MZ. - Ein Himmel, der das Meer berührt. Strand, der am Horizont mit den Dünen verschmilzt. Zwei Frauen in langen weißen Gewändern, die sich, einander im Gespräch zugeneigt, mählich vom Betrachter fortbewegen. Ein impressionistisches Stück vom Meer, strahlend in klarem, doch nicht grellem Licht. Licht, wie man es so nur im Norden findet, in Skagen zumal, an der äußersten Spitze Jütlands gelegen. Dort, wo sich Skagerrak und Kattegat berühren.

Die Gattin als Modell

Gemalt halt das Bild Peder Severin Krøyer (1851-1909), hinter den entspannt flanierenden Damen verbergen sich als Modelle des Künstlers Frau Marie und Anna Ancher, beide selber Malerinnen von Ruf. Hier, im äußersten Norden Dänemarks, siedelte sich Ende des 19, Jahrhunderts eine Künstlerkolonie an, die großen Einfluss auf die skandinavischen Maler ausüben sollte.

Zugleich stellen die Skagenmaler, wie sie der Einfachheit halber genannt werden, einen in Deutschland eher weniger bekannten, gleichwohl faszinierenden Parallelfall zur etwa zeitgleich entstandenen Künstlerkolonie in Worpswede dar. An beiden Orten waren es die Einkehr in der Landschaft und die Entdeckung des Lichts, aber auch die Hinwendung zu den einfachen, also ursprünglichen Motiven, die den Malern Antrieb und Inspiration gab. Faszinierend auch die starken Frauen an beiden Orten: Paula Modersohn-Becker in Worpswede, Marie Krøyer und Anna Ancher, die es als Autodidaktin zur berühmtesten Malerin Dänemarks gebracht hat, in Skagen.

Anna Ancher ist in der kleinen Stadt geboren worden, die zur Gründerzeit der Künstlerkolonie noch ein sehr abgeschiedener Ort war, der beschwerlich zu Lande und noch beschwerlicher zur See erreicht werden konnte: Größere Schiffe konnten im Fischerhafen Skagens nicht anlegen, also ruderte man den Ankömmling in Nussschalen an Land.

Michael Ancher reiste erstmals 1874 nach Skagen und war so beeindruckt von der kargen Schönheit des Landes, dass er schließlich sein ganzes Leben dort verbrachte. 1927 ist er in Skagen gestorben. 1880 hatte er die 21-jährige Gastwirtstochter Anna Brøndum geheiratet, Brøndum' Hotel gibt es heute noch und wird von den Besuchern der unweit gelegenen Maler-Museen gehörig bestaunt.

Der Saal des Hotels freilich, in dem die Herren Krøyer, Ancher und Co. in Fröhlicher Runde mit dem Malerkollegen und Schriftsteller Holger Drachmann tafelten, ist längst ins Skagen-Museum umgezogen: komplett, mit allen Bildern an den Wänden, die die Künstler dem freundlichen Wirt aus Dankbarkeit zu stiften pflegten.

Reisen nach Frankreich

Was die Hinterlassenschaft der Skagenmaler so bedeutend macht, ist freilich nicht allein die Feier des Lichts. Neben Landschaften und Porträts, denen man sehr wohl die Erfahrung der Reisen nach Paris, in die Normandie und die Bretagne ansehen kann, haben sie auf großartige, realistische Weise auch das Leben der einfachen Menschen in Jütland festgehalten. Besonders eindrücklich sind dabei die Szenen aus dem Leben der Fischer, immer wieder haben Michael Ancher und seine Kollegen die Heimkehr der Boote, den bescheidenen Fang - aber auch den allgegenwärtigen Tod zum Motiv gewählt. Die großformatig gemalte Aufbahrung eines Ertrunkenen, im Skagensmuseum zu sehen, erreicht dabei in der stummen Trauer der Frauen sowohl die Wucht als auch den hohen Ton eines Requiems.

Wer ein Herz für die Worpsweder Künstler hat und nach Skagen kommt, sollte sich Zeit für die Skagenmaler nehmen. Die Museen sind bestens organisiert, Perfektion und Freundlichkeit sind Ehrensache bei unseren nördlichen Nachbarn. Auch das nimmt für sie ein.