Charlotte von Mahlsdorf Charlotte von Mahlsdorf: Schweden will das Erbe nicht
Stockholm/dpa. - Der letzte Lebensabschnitt der Charlotte von Mahlsdorf in Schweden hat auch 14 Monate nach dem Tod von Berlins berühmtesten Transvestiten keinen versöhnlichen Ausklang bekommen. Das Stockholmer Kulturministerin teilte dem Nachlassverwalter der im April 2002 bei einem Heimatbesuch gestorbenen Deutschen jetzt endgültig mit, dass die Regierung das ihr testamentarisch vermachte Gründerzeit-Museum in der kleinen Ortschaft Porla nicht übernehmen will. Nun kommt die «Villa Hamilton» unter den Hammer, während die von Charlotte von Mahlsdorf darin gesammelten Möbel über ihre Geschwister als gesetzliche Erben an ein noch nicht fest stehendes Museum in Deutschland zurückgehen werden.
Diese Lösung ist alles andere als die von Mahlsdorf gewünschte, die ihre Sammlung in Porla für die Nachwelt erhalten wollte. Schon zu Lebzeiten hatte sie sich vergeblich darum bemüht, das von ihr in dem winzigen und völlig abgelegenen mittelschwedischen Nest betriebene Gründerzeit-Museum in eine staatliche Einrichtung umwandeln zu lassen. Sie selbst wollte als Museumsleiterin, Fremdenführerin, Haustechnikerin und Putzfrau in einer Person einfach nur in der «Villa Hamilton» wohnen bleiben.
Der endgültig ablehnende staatliche Bescheid aus dem Stockholmer Kulturministerium ist für Eingeweihte kaum überraschend gekommen. Eine Begründung gab es nicht, aber für den in Schweden kleinen Freundeskreis der Berlinerin war klar, dass die Behörden einfach nicht die Kosten für die Unterhaltung der Möbelsammlung samt Villa tragen wollen.
Damit endet der schwedische Abschnitt des in der Nazi-Zeit und später in der DDR wegen seines Hangs zu Frauenkleidern drangsalierten Transvestiten so unglücklich, wie er auch zu Lebzeiten zumindest nach außen wirkte. Mahlsdorf zog aus dem Trubel der bewegten und nach der Wende in sie verliebten Berliner Schwulen-Szene in die tiefste schwedische Provinz mit zwei Freundinnen, von denen sie nach Angaben ihres Buch-Herausgebers Peter Süß bis zur Trennung «wie eine Weihnachtsgans ausgenommen» wurde.
Nach eigener Darstellung hatte sie auch die Gründerzeit-Villa im früheren Kurort Porla viel zu teuer gekauft und konnte die gewaltigen Kosten zur Bekämpfung von Schwamm im Mauerwerk und für ein neues Dach nur schwer bewältigen. Trotz aller Widernisse strahlte die weißhaarige Dame aus Berlin-Mahlsdorf aber auch in Porla den ihr eigenen Optimismus aus. Allein im großen Haus ohne Besucher sagte sie noch wenige Wochen vor ihrem Tod: «Lottchen ist glücklich hier im schwedischen Wald.»
Mahlsdorf starb nach einem schweren Herzinfarkt am 30. April 2002 in Berlin, als sie zum 100. Geburtstag ihrer Mutter nach Deutschland gekommen war. Schockiert waren schwedische Freunde über die lange Geheimhaltung des Todes durch die Geschwister, die offenbar keine große Beteiligung an der Beerdigung ihrer etwas andersartigen Verwandten wollten. Zum Begräbnis fanden sich dann nach Medienberichten 20 Trauernde ein.