Biografie Biografie: Hugo Egon Balder veröffentlicht seine Familiengeschichte

Hamburg/dpa. - Hugo Egon Balder ging als «Herr der Möpse» in die Chronik des deutschen Fernsehens ein - dagegen kann er sich nicht wehren, tut er auch nicht. Denn «es gibt Schlimmeres», formuliert der Witzbold mit Berliner Schnauze treffend.
Der Moderator des RTL- Schmuddelklassikers «Tutti Frutti», der leidensfähige Partner von Hella von Sinnen in «Alles nichts, oder?» (auch RTL), der Vater der Talentschmiede «RTL Samstag Nacht» oder der launige Gastgeber der gerade mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichneten Sat.1-Show «Genial daneben» hat aber auch eine andere Seite.
Der Witzbold aus dem Pantoffelkino hat eine Vergangenheit, die so gar nicht dem komisch-kauzigen Klischee entspricht, mit dem er ständig in Verbindung gebracht wird. Diese Vorgeschichte hat er zu Papier gebracht. «Ich habe mich gewarnt» heißt sie, ist 260 Seiten dick und im Aufbau Verlag erschienen. «Ich habe das Buch meinen engsten Freunden gegeben, und sie haben gesagt: Warum hast Du mir nicht davon erzählt?», sagt der 54-Jährige. Dazu zählen Produzent Jacky Dreksler und Hella von Sinnen.
Es ist die Geschichte eines Mannes, der nach dem Tod seiner Mutter in der Berliner Altenresidenz Kursana ein hölzernes Schmuckkästchen mit dem Aufdruck «Juwelier Langer, Goldschmiedemeister, Berlin- Charlottenburg, Schlüterstraße 49, Telefon 91 64 67» fand. «Ich machte es auf und sah Mamas Judenstern. Ich habe meinen Augen nicht getraut und war wie paralysiert. Der Schock meines Lebens.» Lange starrte er auf den Stern und sah die schrecklichen Bilder des Holocausts, die sich ihm durch Bücher und Filme eingeprägt hatten, vor sich.
Seine Großmutter, seine Mutter und der sechs Jahre ältere Halbbruder Peter überlebten das Konzentrationslager Theresienstadt, weil der kleine Peter nicht auf der Liste stand. Der damals anwesende Obersturmbannführer Adolf Eichmann persönlich, so erzählt es Balder, habe entschieden, wegen dieses «Fehlers» die Familie nicht nach Auschwitz zu schicken. Statt seiner Mutter musste eine andere Frau, die den gleichen Geburtsnamen (Leyerson) trug, nach Auschwitz und wurde, so Balder, damit vermutlich in den Tod getrieben.
Sein Buch, das er mit dem Journalisten Bernd Philipp zu Papier brachte («Wir waren im Februar eine Woche auf Lanzarote»), ist weiter ein Streifzug durch seine Jugend in Berlin und durch seine Kabarett- Zeit mit Harald Schmidt, durch die neuere Fernsehgeschichte bis zu Sat.1. «Jeder sollte ein Buch schreiben - man muss es ja nicht veröffentlichen», sagt der Komiker mit Geschäftssinn. «Es hat therapeutische Zwecke.» Warum? «Ich bin vier Mal verheiratet gewesen. Beim Schreiben des Buches habe ich festgestellt, dass ich all diese Fehler auch hätte in einer Ehe machen können - hätte gereicht.»
Ob seine drei Ex-Frauen schon einen Blick in Balders «Abrechnung mit mir selbst» geworfen haben, entzieht sich keiner Kenntnis. Seine vierte Frau, die aus der Türkei stammende Meral, ist gerade bei der Lektüre, soweit bei zwei kleinen Kindern Lesen möglich ist. Balder geht unterdessen seinen Weg im TV unbeirrt weiter: Demnächst holt er das französische Musikformat «Taratata» nach Deutschland, Die Show «Genial daneben» läuft jetzt zwei Mal die Woche mit guten Quoten. Beruhigt kann sich der Witzbold vom Dienst angesichts der vielen TV- Pleiten momentan zurücklehnen. «Viele stehen unter Druck und machen Fehler - dabei kommt es doch nur auf den gesunden Menschenverstand an.»