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Cola-Klassiker Vita Cola Cola Coca Cola

Von Steffen Höhne 19.02.2016, 16:03
In der Thüringer Waldquell Mineralbrunnen GmbH wird das Erfrischungsgetränk Vita Cola abgefüllt.
In der Thüringer Waldquell Mineralbrunnen GmbH wird das Erfrischungsgetränk Vita Cola abgefüllt. dpa

Schmalkalden - Die Ursprünge von Schmalkalden reichen bis in das Jahr 874 zurück. Mitten im Thüringer Wald liegt die Fachwerkstadt idyllisch zwischen den Bergen. Die Bewohner haben stets ihren Eigensinn bewahrt. Dieser ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass Thüringen auf dem Getränkemarkt ein „gallisches Dorf“ ist. Während in fast ganz Westeuropa der Weltkonzern Coca Cola die Marktführerschaft bei koffeinhaltigen Limonaden innehat, behauptet sich im Freistaat Vita Cola als Nummer eins. Laut Marktforschungsinstitut Nielsen besitzt die Marke einen Marktanteil von 33,9 Prozent, Coca Cola kommt nur auf 29,4 Prozent. Und die Fan-Gemeinde der braunen Brause wächst. Am Rande von Schmalkalden liegt der Mineralbrunnen „Thüringer Waldquell“. Meterhohe Wassertanks weisen von Weitem auf das Abfüllwerk hin. Im Inneren arbeiten drei Anlagen, die bis zu 50 000 Flaschen pro Stunde abfüllen. „Mehrmals pro Woche läuft über die Anlagen auch Vita Cola“, sagte die stellvertretende Prodiktionsleiterin Anne Kaltofen zuletzt.

Das Geheimrezept der Erfolgs-Cola

Der Hauptbestandteil von Cola ist Mineralwasser. Hinzu kommen unter anderem Kolanuss, Koffein, natürliche Aromen, Vanille und Zucker. Das Rezept von Vita Cola hat Hans Zinn entwickelt. Die DDR-Führung beschloss im Jahr 1956 in ihrem zweiten Fünf-Jahresplan, dass es auch im sozialistischen Staat ein Pendant zur westlichen Coca Cola geben sollte. Die Chemischen Werke Miltitz in Leipzig wurden damit beauftragt. Zinn, Leiter der Abteilung Essenzen, machte sich an die Arbeit und entwickelte die Cola mit dem Zitrusgeschmack. Der Chemiker musste dabei die politische Vorgabe einhalten, dem Getränk Vitamin C zuzufügen, um die „Volksgesundheit“ zu stärken. Im Jahr 1958 kam Vita Cola als „Brauselimonade mit Frucht- und Kräutergeschmack“ auf den Markt. „Die Rezeptur hat sich bis heute nicht geändert“, erklärte Vita-Cola-Markenmanagerin Nicole Dutta-Körner vor einigen Monaten der MZ. Nach ihren Worten wird der Grundstoff auch noch heute im Werk Miltitz produziert, das inzwischen dem amerikanischen Unternehmen Bell gehört.

Auf der nächsten Seite: Wie sich die Marke nach der Wende wieder aufraffte und im Osten an alte Erfolge anknüpfte.

Krise und Renaissance der Kult-Brause

Vita Cola entwickelte sich in der DDR zu einem Verkaufserfolg. In über 200 Betrieben wurde sie abgefüllt und vor allem in den südlichen Bezirken verkauft, die nördlichen waren in der Hand der Club Cola. Mit der Wende brach der Absatz allerdings komplett ein und die Marke verschwand vom Markt - bis 1994. Es waren die Mitarbeiter von Thüringer Waldquell, die bei ihrer Firmenleitung dafür warben, der Cola ein zweites Leben zu schenken. Der damals zum Dortmunder Brau und Brunnen-Konzern gehörende Betrieb nahm die Abfüllung wieder auf. Mit dem Slogan „erfrischend anders“ trafen die Macher den richtigen Ton. Die beginnende Rückbesinnung auf Ost-Produkte tat ihr Übriges. Bereits im Jahr 2000 übernahm Vita die Marktführerschaft in Thüringen.

Im Jahr 2005 kaufte die hessische Hassia-Gruppe, Deutschlands fünftgrößter Mineralbrunnen, die Marke und den Standort. „Uns war von Anfang an klar, dass Vita Cola noch viel Potenzial besitzt“, sagt Dutta-Körner. Nach der Einführung einer neuen Flasche im traditionellen Design hat die Eigentümerfamilie der Hassia 20 Millionen Euro in die Firma investiert - unter anderem in eine neue Abfüllanlage.

Nach Einschätzung von Marktforschern kann sich Vita Cola in Ostdeutschland das Label „Kult“ anheften. Wie verbunden die Konsumenten mit der Marke sind, zeigte im Frühjahr 2015 ein MZ-Artikel. Anfang März berichtete die MZ über einen neuen Vita-Cola-Absatzrekord. Der Artikel wurde ins soziale Netzwerk „Facebook“ gestellt und die MZ-Onlineredaktion fragte: „Na, wer von euch zieht die Vita Cola auch der Coca Cola vor?“ Es folgte eine Welle von Liebesbekundungen: 591 Mal wurde der Artikel kommentiert, knapp 7.600 Mal „gefällt mir“ gedrückt.

Managerin Dutta-Körner ist von solchen viralen Internet-Hits wahrscheinlich entzückt, liefern sie doch viel kostenlose Werbung für den Mittelständler. Die Marke besitzt in den neuen Ländern eine hohe Bekanntheit: Neun von zehn Ostdeutschen ist „Vita Cola“ ein Begriff, ergab eine Befragung. Diese muss sich allerdings in einem durchaus schwierigen Markt behaupten. Jeder Deutsche trinkt im Durchschnitt 30,5 Liter Cola pro Jahr. Der Konsum stagniert seit mehreren Jahren. Zum Vergleich: Der Absatz von Mineralwasser liegt bei 143 Litern pro Kopf.

Vita Cola hat Kultstatus

Das heißt, Wachstum im Cola-Geschäft ist nur auf Kosten von Wettbewerbern möglich. Obwohl kleinere Hersteller nur sehr begrenzte Mittel für Werbung und Vertriebsmarketing besitzen, gelingt es ihnen, den Branchenriesen Coca Cola und Pepsi in ihren Regionen Paroli zu bieten. „Vita Cola profitiert noch immer vom Image der Ostmarke“, erklärt Getränkeexpertin Heidrun Krost vom Branchenmagazin „Lebensmittel-Zeitung“. Andere kleine Wettbewerber wie die aus Hamburg kommende Fritz Kola hätten sich als Lifestyle-Marke etabliert, die vor allem auf das Gastronomie-Geschäft setzen. #umbr

Nach Worten von Dutta-Körner spielt „Ostalgie“ bei Vita Cola aber längst keine Rolle mehr. „Damit könnten unsere jungen Konsumenten auch nur noch wenig anfangen“, sagt sie. Im Werbespot tanzen junge, gebräunte Frauen und Männer im Ostsee-Strand. „Seid tatendurstig“, ist der Slogan dazu.

Tatendurstig ist auch die Hassia-Tochter. Seit 2006 erhöhte sich der Absatz der Marke Vita Cola um mehr als 50 Prozent auf über 80 Millionen Liter im Jahr 2015 - ein neuer Absatzrekord. Dies geht nicht allein auf die Cola zurück. Im Jahr 2010 startete die Marke auch im Limonaden-Segment, das mit seinen fünf Geschmacksrichtungen deutlich wächst. „Wir haben es geschafft, die Lücke zwischen den internationalen Marken und den Limonaden regionaler Brunnen zu füllen“, sagt Dutta-Körner. Inzwischen ist die Cola-Marke auch in Ostdeutschland die Nummer zwei hinter Coca Cola und vor Pepsi. Dem Unternehmen kommt dabei zugute, dass sogenannte Handelsmarken in diesem Segment noch eine begrenzte Bedeutung besitzen. 70 Prozent aller in Deutschland verkauften Colas sind Markenprodukte. Auch hier der Vergleich: Beim Mineralwasser ist der Anteil auf 50 Prozent gefallen.

Wie geht es weiter mit der Ost-Cola?

Neben dem Brunnen in Schmalkalden wird Vita Cola noch an den Hassia-Standorten im sächsischen Lichtenau und in Bad Doberan (Mecklenburg-Vorpommern) abgefüllt. Die Hassia-Gruppe lässt die Tochter dabei an der langen Leine. Der Vertrieb wird von Schmalkalden aus organisiert. Die Thüringer sind auch für die Weiterentwicklung der Marke verantwortlich. Die Mutter hilft vor allem bei größeren Finanzierungen. Mit dieser dezentralen Strategie ist der Brunnen bisher gut gefahren.

Trotz der Erfolge in den vergangenen Jahren will die Vita-Cola-Führung nur begrenzt expandieren: Export? Kein Thema. Ein Vertrieb in den alten Bundesländern? Nur bei ausgewählten Händlern. „Mit unserem Budget können wir uns einen nationalen Auftritt einfach nicht leisten“, sagt Dutta-Körner unumwunden. Man konzentriere sich auf die Regionen, in denen man stark sei. Das passt gut zum „gallischen Dorf“, das auch nie Rom erobern wollte. Und ein „Zaubertrank“, der übernatürliche Kräfte verleiht, ist nicht in Sicht. (mz)