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Recht Recht: Vermögenswirksame Leistungen richtig kündigen

Von Jörg Wiebking 26.12.2003, 17:38
Als schneller Notgroschen wenig geeinigt - die staatliche Prämie bei den Vermögenswirksamen Leistungen gibt es erst nach sieben Jahren. Den Vertrag zu kündigen sollte deshalb gut überlegt werden. (Foto: dpa)
Als schneller Notgroschen wenig geeinigt - die staatliche Prämie bei den Vermögenswirksamen Leistungen gibt es erst nach sieben Jahren. Den Vertrag zu kündigen sollte deshalb gut überlegt werden. (Foto: dpa) Arnd Petry

Berlin/dpa. - Ob als Bausparvertrag, Lebensversicherung oder Aktienfonds: Vermögenswirksame Leistungen sind eine beliebte Form der Geldanlage. Attraktiv machen sie vor allem Zuschüsse von Arbeitgebern und Staat. Ihr einziger Nachteil: Als schnelle Notgroschen sind sie nicht gedacht, die staatliche Prämie fließt erst nach sieben Jahren. Vermögenswirksame Leistungen (VL) sollten auch nur in einer echten finanziellen Notlage gekündigt werden. «Das ist nicht die Geldanlage, die man zuerst kündigt», sagt Karl-Heinz Glandorf von der Bausparkasse Schwäbisch Hall.

«Sofern keine finanzielle Zwangslage vorliegt, sollten Kosten und Nutzen gegenübergestellt werden», rät auch Monika Kleine vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) in Berlin. Erst dann lasse sich entscheiden, einen Vertrag zu kündigen, ihn ruhen zu lassen oder weiterzuführen.

Wer seine Vermögenswirksamen Leistungen dennoch kündigen möchte, muss dazu nur einen Antrag bei der Bank oder Bausparkasse stellen. Auch seinen Arbeitgeber sollte der Sparer informieren, rät Glandorf. In jedem Fall stehen dem Anleger die bereits angesparten Beträge zu. Dabei kann es sich nach ein paar Jahren um einige hundert oder tausend Euro handeln, je nachdem, wie viel der Anleger und sein Arbeitgeber eingezahlt haben. «Der Arbeitgeber-Anteil ist Teil des steuerpflichtigen Einkommens», erklärt Tania Lippert vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband in Berlin. Arbeitgeber dürften das Geld daher nicht zurückfordern.

Ebenso wenig gibt es Steuernachteile: «Die Beiträge wurden als Teil des Einkommens versteuert und sozialversichert. Steuerrückzahlungen werden nicht fällig», sagt Oliver Borgmann von der Steuerberatung Werner Richter in Oldenburg. Ob weitere Kosten anfallen, hängt vom Vertrag ab. Häufig seien Bearbeitungsgebühren beim Abschluss der Verträge gezahlt wurden, die natürlich nicht erstattet werden, so Monika Kleine. Auch die vom Anlageinstitut versprochene Bonuszahlung gebe es bei vorzeitiger Kündigung nicht.

Ein Problem droht bei Kapital-Lebensversicherungen: «Zu Beginn der Vertragslaufzeit fließt ein großer Teil der Raten zunächst als Provision an den Vertreter und in die Verwaltungskosten des Versicherungsunternehmens», erklärt Kleine. Dieser Teil der Einzahlungen sei dann weg. Besonders gründlich müssen Anleger rechnen, die sich mit ihren VL für einen Aktienfonds entschieden haben. «Der Wert der Sparanlage kann in Folge schlechter Aktienkurse gering ausfallen», warnt Kleine.

Die Gefahr, steuerpflichtige Spekulationsgewinne von mehr als 512 Euro zu erzielen, ist hingegen gering. «Angesichts der Höhe der Vermögenswirksamen Leistungen und der derzeitigen Lage an den Aktienmärkten ist das ein sehr theoretisches Problem», sagt Oliver Borgmann. Schneller erreiche ein Anleger die Steuergrenze nur, wenn er im gleichen Jahr weitere Wertpapiergeschäfte tätigt.

Beachten müssen Sparer die Kündigungsfristen: «Manche Verträge können ohne Frist sofort gekündigt werden, zum Beispiel Aktienfonds», erläutert Monika Kleine. In anderen Fällen müssen - abhängig vom Vertrag - Fristen von mehreren Wochen oder Monaten eingehalten werden. Manche Anbieter lassen mit sich reden. So gebe es für die Bausparverträge der Schwäbisch-Hall zwar eine Kündigungsfrist von einem halben Jahr, so Firmensprecher Gandorf. Doch wer sofort an sein Geld will, bekomme das auch. In sozialen Notfällen gehe das kostenlos, alle anderen zahlten ein Prozent der angesparten Summe.

Gegen eine Kündigung spricht vor allem der Verlust der staatlichen Sparzulage. Das sind jährlich bis zu 130, in den neuen Bundesländern 150 Euro. «Die Arbeitnehmer-Sparzulage wird nur dann gezahlt, wenn man sieben Jahre nicht über das angesparte Geld verfügt», sagt vzbv-Expertin Kleine. Anspruch auf die Zulage haben allerdings nur Sparer, deren zu versteuerndes Einkommen weniger als 17 900 Euro beträgt. Bei Verheiratete sind es 35 800 Euro. Zudem dürfen sie nicht vergessen, die Zulage jedes Jahr beim Finanzamt zu beantragen.

Bei der Sparzulage handelt es sich um Geld, das der Anleger zum Zeitpunkt der Kündigung noch gar nicht auf dem Konto hat: «Bei Verträgen mit Sperrfrist würde die Sparzulage erst nach Ablauf der sieben Jahre ausgezahlt, da muss bei Vertragskündigung also nichts zurückgezahlt werden», sagt Oliver Borgmann. Lediglich bei einigen älteren Verträgen werde die Sparzulage noch jährlich ausgezahlt und könne vom Finanzamt zurückgefordert werden.

Zudem ist die Sparzulage nicht in jedem Fall verloren: «Bei Arbeitslosigkeit von mehr als einem Jahr oder bei Heirat kann man über das Guthaben verfügen», sagt Verbraucherschützerin Kleine. Das gelte ebenso für Bausparverträge, wenn das Geld für «wohnwirtschaftliche Zwecke» genutzt wird. Ausnahmen gebe es zudem zum Beispiel bei völliger Erwerbsunfähigkeit, so Tania Lippert. Auch der Tod des Sparers oder seines Ehegatten sei ein solcher Anlass.

Die Vertragskündigung muss jedoch nicht das Ende aller Vermögenswirksamen Leistungen bedeuten. Karl-Heinz Glandorf von der Bausparkasse Schwäbisch Hall rät, sofort wieder einen neuen Vertrag abzuschließen, in den monatlich eingezahlt wird. Auch wenn das Geld knapp ist: «Auf den Arbeitgeber-Anteil sollte man nicht verzichten.»