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Autobau in Leipzig Autobau in Leipzig: Wie gut ist ein Porsche?

Von Steffen Höhne 04.05.2016, 18:07
Im neuen Qualitätszentrum prüfen Techniker und Roboter, ob die Fahrzeuge fehlerfrei sind.
Im neuen Qualitätszentrum prüfen Techniker und Roboter, ob die Fahrzeuge fehlerfrei sind. porsche

Leipzig - Mit einem weißen Handschuh streicht Stefan Fuhrmann über das unlackierte Blech der Seitentür. Ganz langsam, ganz sanft. Ab und zu stoppt der Porsche Mitarbeiter: „Fühlen Sie mal, hier ist eine kleine Delle.“ Die Unebenheit ist auch mit dem Auge zu sehen. Ein solches Teil sei Ausschuss, sagt Fuhrmann. Er prüft im Leipziger Werk die Qualität zugekaufter Teile.

In den vergangenen Monaten hatte der Sangerhäuser besonders viel zu tun. Porsche will in diesem Jahr die neue Version der Sportlimousine Panamera vorstellen, die in Leipzig gebaut wird. Wichtige Karosserieteile, etwa Türen, werden von Zulieferern hergestellt. „Es ist ein langer Prozess, bis die Teile unseren Anforderungen genügen“, sagt Andreas Schmidt, Leiter Qualität bei Porsche Leipzig. Um diese zu sichern, hat das Unternehmen für 15 Millionen Euro am Standort ein neues Qualitätszentrum errichtet. 150 Mitarbeiter sorgen dafür, dass die Fahrzeuge exklusiv aussehen und ohne Pannen fahren.

5.000 Teile für ein Auto

Mehr als zwei Drittel aller jemals gebauten Porsche sind heute noch auf den Straßen unterwegs, was sicher für die Autos spricht. Der Qualitätsleiter im Unternehmen, Frank Moser, redet daher gerne von einer „Qualitäts-Kultur, die jeder Mitarbeiter lebt“. Doch nicht erst seit dem Abgas-Skandal von VW, der auch Porsche-Fahrzeugen mit Dieselmotoren betrifft, steht der Sportwagenbauer unter Beobachtung. Mehr als 50.000 Fahrzeuge des kleinen Geländewagens Macan wurden 2015 in die Werkstätten gerufen, weil eine Benzinleitung im Motor undicht werden könnte. Darüber möchte Moser allerdings nicht sprechen.

Dafür gewährt Porsche einen Einblick, wie im Leipziger Werk die Güte der Autos gesichert wird. Kern des Qualitätszentrum ist eine große Halle mit mehreren Prüfständen. Selbst der Boden ist schneeweiß. Nach Angaben von Moser besteht ein neuer Porsche aus etwa 5.000 Teilen, 80 Prozent davon kauft der Autobauer zu. Allein in der Karosserie werden rund 1.000 Teile verbaut. Durch das Vernieten, Verschrauben und Verschweißen der Teile entsteht häufig Hitze, durch die sich der Stahl verziehen kann. Dabei handelt es sich meist um Abweichungen von nur wenigen Zehntel Millimetern. Doch dies ist für die Porsche-Ingenieure bereits zu viel. Die Spaltenbreite etwa zwischen Tür und Fahrzeugrahmen ist bei Porsche genau definiert. „Die Abweichung darf höchstens drei Zehntel Millimeter betragen“, erläutert Schmidt. Mit dem bloßen Auge sei dies nicht mehr zu erkennen.

Panamera unter der Lupe

Im neuen Qualitätszentrum stehen Roboter, die über Sensoren dies genau messen. Derzeit wird die Vorserie des neuen Panamera unter die Lupe genommen. Ergeben sich Abweichungen, wird im gesamten Herstellungsprozess geprüft, woher diese stammen. An die Messhalle grenzt, nur durch eine gläserne Tür getrennt, ein großer Konferenzraum. „Einmal im Monat versammelt sich dort der gesamte Vorstand und wird über den Entwicklungsstand informiert“, sagt Schmidt. Das heißt, bei Porsche kennen Konzern-Manager vielleicht nicht jede Schraube des Fahrzeugs, aber über alle wichtigen Entwicklungen und vielleicht auch Probleme sind sie stets im Bilde. Ähnlich verhält es sich im Entwicklungszentrum in Stuttgart-Zuffenhausen. Dort werden unter anderem Langzeittests von Teilen vorgenommen, um deren Stabilität zu prüfen.

Die Qualitätssicherung funktioniert offenbar gut. Unabhängige Experten geben Porsche beste Noten. Im internationalen Qualitäts-Ranking von J.D. Power sind die Modelle regelmäßig Testsieger. Dafür sind die Autos aber auch um einiges teurer als Konkurrenzmodelle. Die Qualität zu erhalten und zu verbessern, ist für die Ingenieure nicht so einfach. „Die Komplexität der Fahrzeuge nimmt zu“, sagt Moser. Ein wesentlicher Grund sei, dass immer mehr Teile elektronisch gesteuert werden. Und es ist kein Geheimnis, dass elektronische Steuerungen in der Regel störungsanfälliger und weniger langlebig sind als mechanische.

Die Zahl der Rückrufe in Deutschland steigt jedenfalls. Im vergangenen Jahr wurden laut Kraftfahrtsbundesamt 1,65 Millionen Fahrzeuge verschiedener Marken in die Werkstätten beordert. Im Vorjahr waren es 1,52 Millionen. Mehr als 50 Prozent der Rückrufe überwachte das Amt wegen schwerwiegender Mängel. In diesem Jahr dürfte die Zahl durch den VW-Abgas-Skandal drastisch steigen. Allein VW ruft in Deutschland 2,5 Millionen Fahrzeuge zurück.

Eine Plattform für viele Modelle

Die Zahl der Rückrufe erhöht sich auch deshalb, weil die Autobauer dazu übergehen, verschiedene Modelle auf einer Plattform zu bauen. Ein Fehler wirkt sich dann gleich auf verschiedene Fahrzeugtypen aus. Auch der neue Panamera aus Leipzig ist Teil eines solchen Plattform-Systems. In Leipzig können künftig auch die Karossen für andere Modelle aus dem VW-Mutterkonzern hergestellt werden.

Für Moser heißt dies: „Wir müssen bereits bei der Entwicklung auf die Qualität jedes Einzelteils viel Wert legen.“ Je später ein Fehler erkannt werde, umso teurer werde es. Mit dem Qualitätszentrum hat Porsche ein weiteres Instrument geschaffen, Fehler zu erkennen und zu beseitigen, bevor die Autos vom Band rollen. (mz)