Renaturierung Renaturierung: Im Lausitzer Bergbaurevier entsteht Seenkette

Senftenberg/dpa. - Im Lausitzer Bergbaurevier entsteht derzeit eine riesige «Badewanne». Wo Kohlebagger einst Mondlandschaften hinterließen, bildet sich durch die Flutung der Tagebauseen und durch aufsteigendes Grundwasser eine Seenkette. Sie umfasst beiderseits der Landesgrenze Brandenburgs und Sachsens neun Tagebauseen mit einer Wasserfläche von 55 Quadratkilometern. Dieses Gebiet wird größer als das Leipziger Seenland und dereinst zu den größten Wasserlandschaften Mitteleuropas gehören.
Die bundeseigene Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau- Verwaltungsgesellschaft (LMBV) erledigt mit Milliardenaufwand die Grundsanierung der Tagebauseen und verkauft diese dann an Kommunen und andere Interessenten. Übergreifende Nutzungskonzepte werden durch die Lausitz-Initiative, an der regionale Akteure aus Brandenburg und Sachsen beteiligt sind, sowie durch die Internationale Bauausstellung (IBA) Fürst-Pückler-Land entwickelt.
Doch zum Baden laden diese Seen noch nicht ein. Denn aus den Kippenböden löst aufsteigendes Grundwasser Schwefel- und Eisenverbindungen, die das Wasser versauern lassen. «Die Versauerung ist für uns ein riesiges Problem», sagt Manfred Kolba, LMBV- Länderbereichsleiter Brandenburg. «Wer Allergien hat, sollte dort nicht baden gehen», rät Kolba. Vom pH-Wert 6, wie von einer EU- Richtlinie vorgeschrieben, seien die Lausitzer Bergbauseen noch weit entfernt.
Um die Qualität der Grubenseen zu verbessern, wird Flusswasser vor allem aus der Spree und der Schwarzen Elster eingeleitet. Dadurch werden die Substanzen verdünnt und die Versauerung gebremst. Außerdem drückt das Flusswasser gegen das Grundwasser, so dass saures Wasser nicht aus den Kippenflächen in den See austreten kann. Bestes Beispiel ist der Senftenberger See - einst Restloch des Tagebaus Niemtsch - der dank des Zuflusses aus der Schwarzen Elster seine Badequalität aufrecht erhält.
Doch wie im diesjährigen «Jahrhundertsommer» bleiben immer häufiger größere Niederschläge aus. In Ostdeutschland herrsche deshalb schon jetzt Steppenklima wie in Spanien oder Mexiko, meint Matthias Freude. Der Präsident des Landesumweltamtes fordert deshalb: «Zwischen Herbst und Frühjahr muss so viel Flusswasser wie möglich gespeichert werden, um für "durstige" Zeiten vorzusorgen.»
Hinzu kommt, dass die LMBV in den Sommermonaten kein Flusswasser in die Tagebauseen leitet, damit der Spreewald nicht austrocknet und auch Berlin noch etwas Spreewasser abbekommt. Die Spree erhielt auch in diesem Sommer Wasserlieferungen aus sächsischen Talsperren, da das Wasser in der Talsperre Spremberg nicht ausreichte.
Der erwartete Klimawandel könnte in einigen Jahren den Vorteil des Baus von Speicherbecken in Form der Lausitzer Seenkette wieder zunichte machen, warnt der Hydrologe Uwe Grüneberg von der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus. Deshalb müsse das Wassermanagement überdacht werden. Seit 1997 stand nur halb so viel Wasser wie vorgesehen für die Flutung der Bergbauseen zur Verfügung.
In der Zukunft sind noch solche Riesenlöcher zu füllen wie der geplante Ilse-See im Ex-Tagebau Meuro und der Ostsee im Tagebau Cottbus-Nord, wo die Bagger noch viele Jahre lang nach Kohle graben werden. «Es müssen aber nicht alle Bergbauseen Badequalität haben», meint die Ökologin Brigitte Nixdorf von der Cottbuser Universität. «Wir brauchen auch künftig saure Seen für die Wissenschaft, um die Entwicklung der kleinsten Lebewesen zu verfolgen.»
Zwischen den einzelnen Bergbauseen plant die LMBV zwölf schiffbare Verbindungen. «Diese Kanäle werden so breit und so tief, dass man auch mit einer Yacht durchfahren kann», schwärmt IBA-Chef Rolf Kuhn. Die erste Verbindung zwischen dem Skadoer und dem Koschener Tagebausee soll nach zehnmonatiger Bauzeit Ende September übergeben werden. Kommunen sowie lokale Tourismus- und Sportvereine versuchen, den Bergbauseen mit eigenen Konzepten Leben einzuhauchen und mehr Besucher anzuziehen.
So entsteht beispielsweise an der Förderbrücke F 60 in Lichterfeld (Elbe-Elster), die bereits mehr als 100 000 Besucher anlockte, eine Licht-Klang-Installation, die vom Bundespräsidenten Johannes Rau am 2. Oktober übergeben wird. Und der eine oder andere Tourist nutzte im heißen Sommer die Chance, um sich in der noch ziemlich sauren «Riesenbadewanne» abzukühlen.