Spanien Spanien: Dorf wurde nach Flugzeug-Absturz radioaktiv verseucht

Madrid/dpa. - Die Vergangenheit holt das Dorf in der Provinz Almería immerwieder ein, so auch jetzt nach fast 39 Jahren. Nachmessungen an derUnglücksstelle ergaben eine unerwartet hohe radioaktive Strahlung imErdreich. Die spanische Regierung entschied, das betroffene Geländeim Eilverfahren zu enteignen. Experten sollen prüfen, wie der Bodenentseucht werden kann.
Dabei wollen die Dorfbewohner von Atombomben und Radioaktivitätnichts mehr wissen. Über den Albtraum von damals will niemandsprechen. «Die Leute haben die Nase voll», berichtet BürgermeisterJesús Caicedo. Die Bewohner blicken lieber in die Zukunft - und dasmit gutem Grund: Ihr Dorf scheint vor goldenen Zeiten zu stehen.
Der Bauboom an der Mittelmeerküste hat auch das abgelegenePalomares erreicht, Investoren verheißen große Reichtümer. Einriesiger Komplex von Luxuswohnungen soll entstehen, man plant den Bauvon Golfplätzen. Die Bodenpreise schnellten binnen fünf Jahren aufdas Zehnfache empor.
Dieser Bauboom zwang die Regierung nun zum Einschreiten. Mit derEnteignung verstrahlter Grundstücke soll nämlich verhindert werden,dass diese bebaut werden. «Akut besteht keinerlei Gefahr», betont derLeiter der Prüfstelle CIEMAT, Juan Antonio Rubio. «Aber es sollverhindert werden, dass die Strahlung zu einem Problem wird.»
In der Bevölkerung ist die Angst vor den Strahlen längstverschwunden. «Wir müssen nicht mehr die Herkunft unserer Tomaten undSalatköpfe kaschieren, wie wir dies jahrelang getan haben», sagt derBürgermeister. Die Dorfbewohner werden noch immer regelmäßig aufmögliche Strahlenschäden untersucht. Aber in Palomares ist dieHäufigkeit von Krebserkrankungen nicht höher als im spanischenDurchschnitt.
Bei dem Unglück vor 38 Jahren war im Dorf niemand zu Schadengekommen. Allerdings wurden sieben der insgesamt elfBesatzungsmitglieder an Bord der kollidierten US-Maschinen getötet.Beide Flugzeuge waren nach dem Zusammenstoß abgestürzt. DreiAtombomben prallten auf die Erde, eine vierte stürzte ins Meer. DasUS-Militär trug damals an der Unglücksstelle 1600 Tonnen verseuchtesErdreich ab und brachte es in die USA.
Die ins Meer gestürzte Bombe wurde erst 80 Tage nach dem Unglückaus dem Wasser gehievt. Ein spanischer Fischer, der den Absturzbeobachtet hatte, gab den Amerikanern den entscheidenden Tipp. Wegendes Atombomben-Dramas fürchtete Spanien um den Massentourismus, dersich damals noch in den ersten Anfängen befand. Um den Urlaubern dieAngst vor radioaktiven Strahlen zu nehmen, badete der damaligeTourismusminister Manuel Fraga am Strand von Palomares im Meer.Fraga, mittlerweile 82 Jahre alt, amtiert heute noch alsMinisterpräsident der Region Galicien.