Silvesternacht in Köln Silvesternacht in Köln: Einsatzleiter: "Hatte Sorge dass eine Massenpanik entsteht"

Köln - Nach den Beobachtungen des Bundespolizei-Einsatzleiters war der Bahnhofsvorplatz in der Silvesternacht um 20 Uhr bereits mit „2000 bis 3000“ Menschen gefüllt. Das sagte Detlef M. in seiner Aussage vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags.
Auch dem Einsatzleiter der Kölner Polizei waren gegen 21 Uhr viele angetrunkene junge Migranten aufgefallen - „das waren etwa 400“, schilderte Günter R. am Freitag.
Von den hundertfachen sexuellen Übergriffen habe man nichts erfahren. „Sonst hätten wir eine andere Lage gehabt.“
Die Aussagen der beiden belegen, dass sich Bundes- und Landespolizei nicht einig sind, für welchen Bereich des Bahnhofs sie zuständig sind. Beide fühlen fast für den kompletten Platz zuständig.
Die Befragung im Live-Ticker zum Nachlesen:
17:38 Uhr: Einsatzleiter soll erneut befragt werden
Die Anhörung ist beendet. Der Ausschuss will R.s Aussagen erst mit den Anzeigen der Opfer vergleichen. Der Einsatzleiter muss wiederkommen. „Das ist keine Drohung", sagt Ausschusschef Peter Biesenbach (CDU).
17:23 Uhr: Von den Übergiriffen nichts mitbekommen
Einsatzleiter R. verteidigt sich jetzt immer wieder mit ähnlichen Sätzen: Seine Beamten und auch er selbst hätten von den dramatischen Übergriffen nichts mitbekommen. „Hätten wir davon erfahren, hätten wir eine andere Lage gehabt“, sagt er.
17:04 Uhr: Einsatzleiter hat selbst Verdächtigen festgenommen
R. bestätigt nun Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeiger": Er habe in der Nacht selbst eine Festnahme vorgenommen, räumt er ein. Für einen Einsatzleiter ist das ungewöhnlich. Um vier Uhr habe er einen Algerier festgenommen, der einer jungen Frau mehrfach in den Schritt gefasst haben soll. „Der Mann hatte ein Touristenvisum für Frankreich."
16:49 Uhr: „Meine Tochter war da irgendwo“
Günter R., der Polizei-Einsatzleiter aus der Silvesternacht, verteidigt sich: Er habe in der Nacht zwei Stunden lang auf dem Bahnhofsplatz gestanden: „Die schlimmen Dinge, die da in Rede stehen, die sind uns nicht gesagt worden." Er sei deshalb davon ausgegangen, „dass wir die Lage im Griff haben".
Für die Einsatzkäfte wäre es eigentlich kein großes Problem gewesen, zu intervenieren - doch niemand habe etwas mitbekommen. Es habe keine Rückmeldungen gegeben, keine Anzeigen, begründet R. die Ahnungslosigkeit der Beamten. „Wenn doch nur zehn Prozent mal 110 angerufen hätten, dann hätten wir eine ganz andere Lage gehabt.“ Auf der Wache hatte R. von zwei sexuellen Übergriffen mit Diebstahl erfahren.
Alle eingesetzten Beamten seien noch immer betroffen: „Für uns ist es unvorstellbar, dass diese Dinge in wenigen Metern Entfernung passiert sind und wir sie nicht mitbekommen haben.“ Günter R. ergänzt: „Vergessen sie nicht, meine Tochter war da irgendwo.“
16:33 Uhr: Aus Angst vor Massenpanik den Platz geräumt
Günter R. beschreibt weiter, wie er den Abend erlebte. Gegen 23 Uhr sei er mit seinem Zwei-Mann-Team am Bahnhof angekommen. Wie es dort aussah, sei schwer zu beschreiben: „Das muss man erlebt haben."
Andere Menschen als die jungen Migranten seien zu der Zeit nicht wahrnehmbar gewesen. Die Männer seien „ungeheuer ausgelassen" gewesen. „Die waren ganz schön enthemmt.“
Er habe sofort die Sorge gehabt, dass eine Massenpanik entstehen könnte. „Die Leute stellten eine Gefahr für sich selber da“, habe er gedacht, als er in der Nähe der Taxen gestanden habe und alles betrachtete. Wenn da jetzt jemand Böller in die Menge wirft, so sein Gedanke, dann kommt es zur Panik. Die Gefahr: „Menschen werden tot getrampelt.“
R. entschied den Platzräumen zulassen. Die Bundespolizei habe zugestimmt, sollte die Zugänge des Bahnhofs sperren, damit sich kein Gedränge entwickeln kann.
Von sexuellen Übergriffen ist bisher im Ausschuss keine Rede. „Für uns hat sich die Lage danach deutlich entspannt", sagt R..
16:17 Uhr: „Wenn das mal nicht in die Hose geht“
Jetzt geht es um die konkreten Vorfälle in der Nacht. Einsatzleiter Günter R. kam mit seiner erwachsenen Tochter am Silvesterabend um 20.40 Uhr am Kölner Hauptbahnhof an: „Meine Tochter wollte feiern, ich wollte arbeiten."
Was er da sah: „Überwiegend männliche Migranten, offensichtlich aus dem arabischen Bereich. Die standen da in Gruppen, von vielleicht zwanzig, haben sich Böller vor die Füße geworfen. Die haben Alkohol getrunken."
Die jungen Männer hätten einen Riesenspaß gehabt. „Das waren wohl 400", sagt R.. Er habe sich gedacht: „Die sind noch nicht so richtig in unserem Brauchtum verhaftet." Ein weiterer Gedanke sei gewesen: „Wenn das mal nicht in die Hose geht, dass die nachher alle voll sind." Dann ging er erstmal in die Stolkgasse zum Dienstantritt.
16:02 Uhr: Kein Austausch, andere Schwerpunkte, keine Verstärkung
Nach anderthalb Stunden Befragung lassen sich drei Punkte zusammenfassen:
Erstens: Einsatzleiter Günter R. war in den Wochen vor dem Silvestereinsatz nicht in die Planungen eingebunden - die Gespräche mit Stadt und Bundespolizei führte sein Chef, der Leiter der Polizeiinspektion Innenstadt. Bevor er den Einsatz übernahm, gab es dann nur einen kurzen Austausch mit dem Chef. Über besondere Sicherheitsrisiken, etwa eine mögliche Terrorgefahr, habe man nicht gesprochen. Hätte der Inspektionsleiter eine bessondere Gefahrenlage gekannt, „dann hätte er mir das sicherlich mitgeteilt". Das grundsätzliche Problem mit nordafrikanischen Taschendieben sei jedem Beamten bekannt.
Zweitens: Der Bahnhofsvorplatz sei nicht als Problempunkt an Silvester bekannt gewesen, sagt der Mann, der in der Kölner Polizei wegen seiner zupackenden Art „Joe Bombe" genannt wird. In den Vorjahren seien Dom- und Bahnhofsplatz „eher ein Durchgangsort" gewesen. Mit der von seinem Chef eingeplanten Zahl der Beamten war er nach eigener Aussage zufrieden.
Drittens: Von der Reservehundertschaft, die sich an Silvester in Rufbereitschaft befunden haben soll, aber nicht zum Einsatz kam, will er nichts gewusst haben. Das sei aber auch kein Problem, meint er. Wenn ein Einsatzleiter Verstärkung brauche, rufe in der Leitstelle an: „Wo die herkommt und wie lange die braucht, da habe ich keinen Einfluss drauf". Laut Innenministerium hat Köln in der Nacht keine zusätzliche Hilfe angefordert.
Gleich geht es um den Einsatzverlauf in der Nacht.
Wie der Einsatz der Silvesternacht vorbereitet wurde
15:33 Uhr: Viele Wartende auf der Polizeiwache
Dass er bei einem Kurzbesuch in der Wache an der Stolkgasse so viele Menschen im Vorraum sitzen sah, die Anzeige erstatten wollten, habe ihn nicht gewundert.
Bei Veranstaltungen in der Stadt oder an Sommertagen sei die Wache oft gut gefüllt mit Bürgern, „die entweder verletzt oder bestohlen wurden“.
Einsatzleiter Günter R.: „Die müssen dann halt warten." Die „Ressource Mitarbeiter" sei eben endlich. „Das ist nicht nur in Köln so, das ist in jeder Großstadt so."
15:26 Uhr: Wie verlief der Einsatz in der Nacht?
Es geht immer noch um die Vorbereitungen des Einsatzes - eher Grundsätztliches. Gleich muss sich der Beamte zum Verlauf des Einsatzes in der Nacht äußern.
15:19 Uhr: Einsatzleiter wusste nicht von „Reserve-Polizisten“
Innenminister Ralf Jäger (SPD) hatte im Innenausschuss des Landtags berichtet, die Kölner Polizei hätte jederzeit eine zusätzliche Hunderschaft, etwa 120 Polizisten, anfordern können. Sie saßen auf drei Städte verteilt in Rufbereitschaft.
Hat er von dieser Reserve gewusst? Kurze Antwort: „Nein".
Der Polizeiführer gilt als erfahrener Beamter, der die Dienststelle gerne verlässt und selbst eingreift. In der Nacht soll der Mann (polizeiinterner Spitzname „Joe Bombe") sogar selbst Verdächtige in Gewahrsam genommen haben
15:09 Uhr: Übergriffe nicht mitbekommen
In der Wache an der Stolkgasse gab es vor der Silvesternacht offenbar keine lange Dienstbesprechung zwischen dem Chef der Innenstadt-Inspektion, der den Einsatz plante, und seinem Polizeiführer vor Ort, der in der Nacht zustänidg war.
„Wir kennen uns gut", sagt der Beamte vor dem Untersuchungsausschuss. Man vertraue sich, lange geredet hätte man deshalb nicht. Am Abend sei er dann viel draußen gewesen, „weil ich gerne die Lage spüre“. Die vielen Übergriffe in der Nacht will die Kölner Polizei gleichwohl nicht mitbekommen haben.
15:01 Uhr: Rheinufer spielte besondere Rolle
Man habe „nicht im Ansatz mit sexuellen Übergriffen gerechnet". Weil es zuletzt Probleme auf Partyschiffen und mit der Sicherung des Rheinufers gegeben hatte, habe das Ufer eine besondere Rolle gspielt. "Wir haben deshalb zum ersten Mal die Wasserschutzpolizei eingebunden."
Zur Kommunikation mit der Stadt Köln, habe das Ordnungsamt ein Funkgerät in der Stolkgasse hinterlassen - für den Fall, das in der Nacht das Handynetz ausfällt. Das sei aber nicht benutzt worden.
15:52 Uhr: Keine Schwachstellen im Polizeikonzept erkannt
Er habe im Vorfeld keine Schwachstellen im Polizeikonzept erkannt, sagt der Kölner Einsatzleiter. Verstärkung hätte er in der Nacht über das Präsidium in Kalk alarmieren müssen, erläutert der Einsatzleiter den Dienstweg. „Wenn ich zusätzliche Kräfte brauche, rufe ich den Dienstgruppenleiter der Leitstelle an.“ Warum er das offenbar nicht tat, dürfte gleich noch zur Sprache kommen.
14:44 Uhr: Zwei zusätzliche Hundertschaftszüge
Der Einsatzleiter bestätigt den Bericht des Innenministerium: Das Land genehmigte der Kölner Polizei zwei zusätzliche Hunderschaftszüge - einen mehr als im Vorjahr. Die Polizei hatte jedoch drei Züge beantragt. Das Ordnungsamt der Stadt Köln sei vor allem für die Lage auf den Rheinbrücken verantwortlich gewesen.
14:38 Uhr: Dom und Hauptbahnhof waren keine Einsatzschwerpunkte
Der Einsatzleiter erläutert jetzt das Polizeikonzept aus der Silvesternacht: Die Altstadt, das Rheinufer und die Ringe seien im Vorfeld als Einsatzschwerpunkte festgelegt wurden, Bahnhof und der Domplatz dagegen nicht.
„Es hat da nie große Probleme gegeben. Die Polizei ist ein lernendes System“, sagt der Beamte, der auch im Vorjahr für den Silvestereinsatz verantwortlich war. Wenn es da Schwierigkeiten gegeben hätte, sagt er, hätte man anders geplant. „Der Bahnhofsplatz war eigentlich immer nur ein Durchgangsort.“
14:23 Uhr: Einsatzleiter war nicht in Vorbereitungen eingebunden
Der Einsatzleiter der Kölner Polizei stellt gleich zu Beginn klar: Mit der Planung im Vorfeld sei er nicht befasst gewesen, sagt der 57-Jährige Dienstgruppenleiter aus der Wache an der Stolkgasse.
In einem Fall wie in der Silvesternacht „werde ich auf einen fertigen Einsatz aufgesetzt“. Auch bei den Vorbesprechungen mit Bundespolizei und Stadt Köln sei er nicht dabei gewesen. „Ich bekomme das Konzept am Ende. Das ist üblich“, so der Beamte.
14 Uhr: Befragung eröffnet
Der Ausschussvorsitzende Peter Biesenbach von der CDU hat die Befragung eröffnet.
