Bundesanwaltschaft Ex-Mitarbeiter von AfD-Mann Krah wegen Spionage angeklagt
Die Festnahme löste ein internationales Echo aus: Der Mann soll einem chinesischen Geheimdienst Informationen aus dem Europäischen Parlament gegeben haben. Nun folgt der nächste juristische Schritt.

Karlsruhe - Die Bundesanwaltschaft hat einen früheren Mitarbeiter des AfD-Politikers Maximilian Krah und eine mutmaßliche Komplizin wegen Spionage für einen chinesischen Geheimdienst angeklagt. Der Mann soll wiederholt Informationen über Verhandlungen und Entscheidungen im Europäischen Parlament weitergegeben und für den Nachrichtendienst chinesische Oppositionelle in Deutschland ausgespäht haben. Zudem habe Jian G. Informationen über führende AfD-Politiker zusammengetragen.
Durchsuchung Brüsseler Büros
Der deutsche Staatsangehörige G. ist nach Angaben der Karlsruher Behörde seit 2002 Mitarbeiter eines chinesischen Geheimdienstes. Die Bundesanwaltschaft hatte ihn im April 2024 in Dresden festnehmen lassen. Sie wirft ihm einen besonders schweren Fall geheimdienstlicher Agententätigkeit vor. Er soll mehr als 500 Dokumente beschafft haben, „darunter auch einige, die das Europäische Parlament als besonders sensibel eingestuft hatte“.
In den Jahren 2023 und 2024 habe der Mann chinesische Oppositionelle und Dissidenten in Deutschland ausgespäht, hieß es. Hierfür sei er in sozialen Medien zum Schein als Kritiker der chinesischen Staatsführung aufgetreten.
Kurz nach der Festnahme hatte die oberste Anklagebehörde Deutschlands Büroräume von G. und Krah im Europäischen Parlament in Brüssel durchsuchen lassen. Dabei betonte sie, dass die Durchsuchung von Krahs Büros „eine Maßnahme bei Zeugen“ sei. Das EU-Parlament habe dem Betreten der Räumlichkeiten zugestimmt.
Nach „Spiegel“-Informationen handelt es sich bei den Informationen, die G. über AfD-Politiker gesammelt haben soll, um Einschätzungen zu Rolle, Status und Stellung von Spitzenfunktionären – darunter zu den Parteichefs Alice Weidel und Tino Chrupalla. Die Informationen stammten den Ermittlungen zufolge teils aus vertraulichen Gesprächen, die Jian G. offenbar mit Krah geführt habe, schreibt der „Spiegel“. Chrupalla wollte sich auf Nachfrage dazu nicht äußern. Ein Sprecher Weidels sagte, über die „schmale Pressemitteilung des Generalbundesanwalts“ hinaus habe man keinerlei Informationen.
Chinesin arbeitete am Flughafen - Infos zu Rüstungsgütern
Ende September nahmen Beamte Bundeskriminalamts im Auftrag der Bundesanwaltschaft in Leipzig eine Chinesin fest, die für ein Logistik-Dienstleistungsunternehmen am Flughafen Leipzig/Halle arbeitete. Sie soll dem ehemaligen Krah-Mitarbeiter Informationen zu Flügen, Fracht und Passagieren des sächsischen Flughafens weitergegeben haben - dabei ging es vor allem um den Transport von Rüstungsgütern sowie Personen mit Verbindungen zu einem deutschen Rüstungsunternehmen. Die Frau ist ebenfalls der geheimdienstlichen Agententätigkeit für einen chinesischen Geheimdienst verdächtig.
Beide sitzen seither in Untersuchungshaft. Das Oberlandesgericht Dresden muss nun entscheiden, ob es die Anklage zulässt und einen Prozess ansetzt.
Kein Einzelfall?
Krah erhofft sich nach eigener Aussage nun Klarheit von einem möglichen bevorstehenden Gerichtsprozess. „Ich möchte schon wissen, ob ich da hintergangen wurde, also ob das wirklich belastbare Vorwürfe sind. Und insofern hoffe ich, dass der Prozess jetzt die nötige Klarheit bringt“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Nach der Festnahme der Chinesin hatte er über den Kurznachrichtendienst X erklärt, es gebe keinerlei Zusammenhang zu seiner Tätigkeit. Die Beschuldigte habe nur mit seinem Ex-Mitarbeiter kommuniziert. „Der einzige Vorwurf, den ich mir im Zusammenhang mit meinem chinesisch-stämmigen Ex-Mitarbeiter mache, ist, nicht gründlicher aufgepasst zu haben.“
Am selben Tag wie G. hatte die Bundesanwaltschaft drei weitere mutmaßliche Spione für China in Düsseldorf und Bad Homburg festnehmen lassen. Die beiden Männer und eine Frau sollen in Deutschland im Zusammenhang mit Forschungsprojekten Informationen über Militärtechnik beschafft haben, um sie an den chinesischen Geheimdienst weiterzugeben. China wies die Berichte über eigene Spione in Deutschland zurück und sprach von Verleumdung.
Strenge Sicherheitsüberprüfungen geplant
Der damalige Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) warnte indes vor weiteren Spionagefällen. Das Kabinett beschloss zudem strengere Sicherheitsüberprüfungen, damit Saboteure und Informanten ausländischer Geheimdienste keinen Zugang zu Nachrichtendiensten und anderen sicherheitsrelevanten Stellen in Staat und Wirtschaft finden.
Die Novelle des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes wurde vor der vorgezogenen Bundestagswahl nicht mehr im Bundestag beraten. Sie sah unter anderem eine verstärkte Internetrecherche auch in sozialen Netzwerken vor.
Ex-Mitarbeiter wollte auch für BND und Verfassungsschutz arbeiten
Im Laufe der Zeit wurde auch mehr zur Vorgeschichte von Krahs Ex-Mitarbeiter bekannt. So hatte G. schon vor einigen Jahren versucht, für den Bundesnachrichtendienst (BND) zu arbeiten. Der Auslandsnachrichtendienst lehnte eine Zusammenarbeit nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur damals jedoch ab. Später wurde der Mann dem Vernehmen nach auch noch beim sächsischen Verfassungsschutz vorstellig, wo er aber ebenfalls nicht zum Zuge kam - auch weil man ihn für nicht zuverlässig hielt.