Seuche Seuche: Seehofer rechnet mit weiterer Ausbreitung der Vogelgrippe

Berlin/dpa. - Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU)hält eine Ausbreitung der Vogelgrippe für wahrscheinlich. «Wirbefinden uns mittlerweile in einem Wettlauf mit der Zeit», sagte eram Mittwoch am Rande einer öffentlichen Sitzung des Bundestags-Agrarausschusses in Berlin. Beobachtungen vom Hubschrauber aus hättenergeben, dass es noch sehr viele erkrankte Tiere auf Rügen gebe.Entscheidend sei weiterhin das Einsammeln toter Vögel. Zudem habe derVogelzug begonnen und bringe Ende Februar zusätzliches Risiko. «Manmuss damit rechnen, dass sich die Lage auch geographisch ausweitet.»
Eine Impfung zum Schutz des Geflügels wird es in Deutschlandkurzfristig nicht geben. «Wir halten das im Moment noch nicht fürmöglich», sagte Seehofer. Tierseuchenexperten der EU hatten inFrankreich und den Niederlanden Impfprogramme unter Auflagengebilligt. Vertreter von Deutschland und drei weiteren EU-Ländernhatten bei der Abstimmung nicht teilgenommen. DieAusschussvorsitzende Bärbel Höhn (Grüne) begrüßte, dass Impfungen füreinen engen Bereich von Geflügel geprüft würden. Der DeutscheBauernverband sorgte sich um Konsequenzen für den deutschenAußenhandel von Geflügelprodukten.
Seehofer beklagte, dass er als Bundesminister Verantwortung, aberkeine Zuständigkeit habe. Er forderte erneut eine stärkereKoordinierung und Leitung des Bundes in Krisenfällen. Höhn warf denBehörden «schwere Fehler» beim Krisenmanagement auf Rügen vor. DieAusbreitung «hätte verhindert werden können.» Die Frage derVerantwortung sei offen. FDP-Agrarpolitiker Hans-Michael Goldmannsprach von «dramatischen Defiziten» und warf Mecklenburg-VorpommernsAgrarminister Till Backhaus (SPD) Versagen in der Lage vor.
Backhaus wies die Kritik zurück. «Wir haben die Lage im Griff, daswar lange Zeit nicht so.» Er sprach aber mit Blick auf LandrätinKerstin Kassner (Linkspartei.PDS) von Chaos in den ersten Tagen nachden Funden toter Vögel auf Rügen. Backhaus verteidigte die langeDauer erster Proben infizierter Tiere, die zwei Mal untersucht werdenmussten. Auf Rügen gibt es nach Angaben von Backhaus derzeit rund 690zusätzliche Helfer. Weitere 500 Bundeswehrsoldaten stünden auf Abruf.Neue Fälle der Vogelgrippe seien nicht hinzugekommen.
Das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit ließ offen, ob dieVogelgrippe eingedämmt werden kann. Es gebe aber gute Chancen, einÜbergreifen auf Nutztiere zu verhindern, sagte Präsident ThomasMettenleiter. Das Virus sei vermutlich über Zugvögel von Asien nachEuropa gekommen. Das Institut konzentriert sich bei der Untersuchungtoter Vögel derzeit auf eine Ausbreitung auf dem Festland.
Das Robert Koch-Institut sieht ein eher geringes Risiko derÜbertragung des gefährlichen Virus auf Menschen. Es gebe noch keinenImpfstoff gegen die Vogelgrippe, nur gegen die normale Influenza-Grippe, sagte der Vizepräsident des Instituts, Reinhard Burger. Eineweltweite Grippe-Epidemie könne zwar jederzeit ausbrechen. Er nanntedie Debatte um eine Absage der Fußball-WM jedoch voreilig. DieVorsitzende des Tourismusausschusses des Bundestages, Marlene Mortler(CSU), erteilte Diskussionen um die WM eine Absage.
Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) begrüßte, dass einigeLänder die Vorräte an Grippemedikamenten aufstocken wollen. Sieempfiehlt, Wirkstoffe für 20 Prozent der Bevölkerung vorzuhalten. DieGesundheitsminister beraten an diesem Donnerstag über eineAufstockung. Seehofer kritisierte, er sei nicht eingeladen.
Bis Mittwoch wurde das Virus in Deutschland weder bei Menschennoch bei Hausgeflügel registriert. Bislang wurden H5N1-Infektionenbei 101 Wildvögeln auf Rügen und bei zwei Tieren aus benachbartenLandkreisen festgestellt.


