Reaktionen nach dem Brand in Tröglitz Reaktionen nach dem Brand in Tröglitz: "Wir werden keinen Schritt zurückweichen"

Tröglitz/Magdeburg/Halle (Saale) - Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hat am Sonnabendmittag die Entschlossenheit des Landes Sachsen-Anhalt betont, mit allen zur Verfügung stehenden Ressourcen, die Verantwortlichen für den Brandanschlag auf eine Asylbewerberunterkunft in Tröglitz aufzuspüren und zur Rechenschaft zu ziehen. Er sprach in Halle von einem „gemeinen Verbrechen“ und fügte hinzu: „Hier geht es um die Demokratie und die freiheitlich-demokratische Grundordnung.“ Mit Nachdruck sagte der Ministerpräsident: „Wir werden keinen Schritt zurückweichen.“ Sachsen-Anhalt sei ein weltoffenes Land. In Tröglitz hätten sich viele zusammengefunden, um dort „Willkommenskultur zu praktizieren“, von Senioren über Arbeitgeber, Lehrer, und Gemeinderäten bis zu den Kirchen. Ausdrücklich lobte er den Einsatz von Landrat Götz Ulrich, der im Burgenland die dezentrale Unterbringung von Asylbewerbern vorantreibe.
Die zuständige Polizeipräsidentin Christine Bergmann sagte, man habe bereits seit Wochen offensiv die Schutzmaßnahmen für die geplante Einrichtung in Tröglitz erhöht. So seien unregelmäßige Streifenfahrten auch nachts die Regel gewesen. Sie fügte hinzu: „Der Anschlag greift uns alle an.“ Hinweise auf einen bevorstehenden Anschlag gab es nach Aussage des Verfassungsschutz-Chefs Jochen Hollmann im Vorfeld nicht. Genauso wenig gibt es bislang Erkenntnisse über mögliche Tatverdächtige.
Stahlknecht will Schutzmaßnahmen erhöhen
Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) sagte, man werde nun überall im Land die Schutzmaßnahmen für Unterkünfte von Asylbewerbern erhöhen. Das habe Priorität vor anderen polizeilichen Aufgaben. An der Polizeireform oder den Regionalbereichsbeamten werde jedoch nicht gerüttelt. Der polizeiliche Aufwand dürfte erheblich größer werden, da rund 60 Prozent der Asylbewerber dezentral untergebracht sind, was die Integration erleichtert. Im Land gibt es deutlich mehr als 2000 Unterkünfte für Asylbewerber, die nun stärker als bisher geschützt werden sollen.
Landrat Ulrich bekräftige, dass es bei der geplanten Unterbringung von Flüchtlingen in Tröglitz bleiben soll. Allerdings sei der Zeitplan, vorgesehen war ihre Ankunft Ende Mai oder Anfang Juni, nun nicht mehr zu halten.
Auf der nächsten Seite: "Die Täter gehören hinter Schloss und Riegel.“ Weitere Reaktionen unter anderen von Bundesinnenminister Thomas de Maizière, Bundesjustizminister Heiko Maas und Ex-Bürgermeister Markus Nierth.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) „In bin tief betroffen und wütend, dass dieses Verbrechen stattgefunden hat“, sagte er am Samstag in Halle. Rechtsextreme protestieren in Tröglitz seit Wochen gegen die ab Mai geplante Aufnahme von 40 Asylbewerbern. Haseloff würdigte das Engagement der Bürger, die sich gegen die Rechtsextremen stark gemacht hatten. „Jetzt wollen wir zeigen, dass das bürgerschaftliche Engagement steht und dass wir alles dafür tun werden, dass wir die Flüchtlinge wie geplant unterbringen können.“
Prof. Dr. Claudia Dalbert, Fraktionsvorsitzende, Bündnis 90/Die Grünen in Sachsen-Anhalt: "In Tröglitz ist heute Nacht eines der Häuser abgebrannt, in dem ab kommenden Monat Asyl suchende Familien eine Wohnung und Heimat finden sollten. Nach den bislang vorliegenden Informationen kann eine Brandstiftung nicht ausgeschlossen werden. Ich bin entsetzt und schockiert. Ich erwarte eine zügige, professionell geführte Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft und eine schnelle Klärung der Brandursache. Sollte sich der Verdacht einer vorsätzlichen Brandstiftung aus rassistischen Motiven bestätigen, hoffe ich, dass der oder die Täter schnell zur Verantwortung gezogen werden."
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) fordert nach dem höchstwahrscheinlich gelegten Feuer in einer geplanten Flüchtlingsunterkunft in Tröglitz rasche Aufklärung. Er sagte am Samstag der Deutschen Presse-Agentur: „Im Moment spricht alles dafür, dass es sich bei den Ereignissen in Tröglitz um vorsätzliche Brandstiftung gehandelt hat. Wenn sich das tatsächlich bestätigen sollte, ist das eine abscheuliche Tat, die unverzüglich aufgeklärt werden muss. Die Täter gehören hinter Schloss und Riegel.“
Der Innenminister erklärte weiter: „Menschen, die Schutz in Deutschland suchen, müssen hier friedlich und sicher leben können. Unsere Sicherheitsbehörden sind fest entschlossen, das hierfür Notwendige zu tun.“
Katrin Budde, Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion und SPD-Landesvorsitzende: „Es ist ein verabscheuungswürdiges Verbrechen, Menschen die Hilfe suchen, das Dach über dem Kopf anzuzünden. Hier hat die NPD nicht nur versucht, den Bürgermeister unter Druck zu setzen, hier schlägt die Situation in offene Gewalt um. Dass dabei Menschenleben in Gefahr geraten, wird offensichtlich billigend in Kauf genommen. Ich verurteile das aufs Schärfste. Die Täter dürfen mit ihren Methoden, das Flüchtlingsheim in Tröglitz wegzuzündeln, keinen Erfolg haben. Im Übrigen ist es gut, dass die Polizei so schnell reagiert hat. Ich hoffe, dass sie bei ihren Ermittlungen schnell Erfolg hat.“
Sebastian Striegel, Innenpolitischer Sprecher, Bündnis 90/Die Grünen in Sachsen-Anhalt: "In Tröglitz hat sich in den vergangenen Monaten immer wieder Rassismus Bahn gebrochen. Die beständigen Demonstrationen von Neonazis und Rassisten haben ein Klima der Angst geschaffen, das auch zum Rücktritt des Ortsbürgermeisters und zu Morddrohungen gegen seine Person geführt hat. Sollte sich der Verdacht weiter erhärten, dass in einem solchen Klima auch ein Brandanschlag gegen eine geplante Unterkunft für Asyl suchende Familien stattfand, wäre dies ein schrecklicher Höhepunkt der rassistischen Hetze, die in Tröglitz in den vergangenen Monaten stattfand. Die Verantwortlichen für eine solche feige und das Leben von bereits im Haus wohnenden Menschen gefährdende Tat müssen gefunden werden. Dass offenbar Neonazis hier geplant und organisiert vorgehen, um mit Mitteln von Angst und Terror die Aufnahme von Geflüchteten zu verhindern, beschämt und bedrückt mich.
Auch Markus Nierth, der Ex-Bürgermeister von Tröglitz hat sich via Facebook geäußert:
Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hat nach dem Brand in einem als Asylbewerberheim vorgesehenen Haus in Tröglitz die Offenheit Deutschlands für Flüchtlinge betont. Maas schrieb am Samstag im Kurzmitteilungsdienst Twitter: „Schlimmer Verdacht nach Brand in #Troeglitz macht fassungslos. Wir müssen weiter deutlich machen: Flüchtlinge sind bei uns willkommen!“
Der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion von Sachsen-Anhalt, André Schröder, hat die Brandstiftung in einem als Flüchtlingsunterkunft geplanten Mehrfamilienhaus in Tröglitz scharf verurteilt und die schnelle Ermittlung der Täter gefordert.
„Auch wachsende Herausforderungen bei der Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland rechtfertigen keine kriminellen Handlungen dieser Art. Gerade über Ostern eine sichere Herberge unbrauchbar zu machen, trägt Züge der Perversion! Ich hoffe, dass die Täter schnell ermittelt und hart bestraft werden. Die CDU bekennt sich ohne Wenn und Aber zu einem humanitären Flüchtlingsschutz.“
Auch der Fraktionsvorsitzende der Partei Die Linke Wulf Gallert und die Landesvorsitzende Birke Bull äußerten sich: "Kriminelle Rassisten haben in der Nacht vom Karfreitag das Gebäude in Brand gesteckt,dass in Tröglitz in naher Zukunft als Heim für Geflüchtete vorgesehen war. Das war ein symbolischer Angriff auf das Leben von Flüchtlingen. Der Tod von Bewohnern dieses Gebäudes wurde billigend in Kauf genommen. Wir verurteilen dieses Verbrechern aufs Schärfste und erwarten,dass Polizei und Justiz alles unternehmen, um diese Kriminellen zur Rechenschaft zu ziehen. An dieser Tat wird die Absurdität der Argumentation von Rechtsextremen und Rechtspopulisten in Tröglitz und anderswo deutlich. Als vermeintlich besorgte Bürger schürt man Hass und Angst vor Flüchtlingen und bedient sich dabei selbst krimineller Handlungen. Nun ist es höchste Zeit, dass Tröglitz sich selbst dagegen wehrt. Heute mit einem Zeichen für Menschlichkeit und in den nächsten Monaten mit der Bereitschaft Menschen aufzunehmen und Solidarität zu üben. Darüber hinaus haben aber auch alle demokratischen Parteien in Sachsen Anhalt die Pflicht gemeinsam für die moralischen Grundlagen unserer Gesellschaft in Tröglitz und dem ganzen Land zu streiten. Wir laden dazu ein, diesen Prozess gemeinsam zu gestalten."
Auch SPD-Chef Sigmar Gabriel hat den Brandanschlag auf eine geplante Asylbewerberunterkunft in Tröglitz auf das Schärfste verurteilt. „Es ist die monatelange Stimmungsmache gegen Flüchtlinge, die den Hass säte, der in Tröglitz nun in Flammen gemündet ist“, erklärte der Vizekanzler am Samstag in Berlin. Gabriel unterstrich, Flüchtlinge gehörten zu Deutschland. Die Bundesrepublik sei ein wohlhabendes Land. Wer Schutz vor Verfolgung suche, habe Anspruch auf Hilfe. „Fremdenhass hat keinen Platz in Deutschland, das ist die Meinung der übergroßen Mehrheit in Deutschland“, betonte Gabriel. (mz/dpa)