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Schwarze Kasse Paris: Bundesregierung gibt Unregelmäßigkeiten an deutscher Botschaft zu

Von Thorsten Knuf 12.11.2017, 12:15
Hôtel Beauharnais – hier wohnt der deutsche Botschafter in Paris.
Hôtel Beauharnais – hier wohnt der deutsche Botschafter in Paris. Bundesamt für bauwesen

Berlin - Die Affäre um eine schwarze Kasse und möglichen Sozialbetrug an der deutschen Botschaft in Paris zieht Kreise: Erstmals hat die Bundesregierung eingeräumt, dass es an der Auslandsvertretung zu erheblichen Unregelmäßigkeiten gekommen ist.

„Die Praxis der Abrechnung von Drittveranstaltungen in der Residenz des deutschen Botschafters in Paris hat das Auswärtige Amt im Frühjahr 2016 umgestellt, nachdem festgestellt worden war, dass die Art der Abrechnung nicht den üblichen Standards entsprach“, heißt es in einem Schreiben von Außen-Staatssekretär Walter Lindner an die Grünen im Bundestag. Es liegt dieser Zeitung vor.

Meyer-Landrut stoppte Praxis seiner Vorgänger

Der Verweis auf das Frühjahr 2016 legt nahe, dass der amtierende Botschafter Nikolaus Meyer-Landrut nach Amtsantritt die zweifelhafte Praxis seiner Vorgänger stoppte. Der Diplomat vertritt seit Mitte 2015 die Interessen Deutschlands in Frankreich. Bislang hatte die Bundesregierung mit Blick auf laufende Untersuchungen und Kündigungsschutzklagen nicht detailliert Stellung zu den Vorgängen an der Botschaft nehmen wollen.

Die Existenz einer schwarzen Kasse an der deutschen Vertretung in Paris war Anfang November durch einen Bericht der Tageszeitung „Le Monde“ bekanntgeworden. Demnach sollen sich seit 2007 diverse Botschafter über geltende Vorschriften hinweggesetzt und mehrere hunderttausend Euro an den französischen Sozialkassen und am Fiskus vorbeigeschleust haben. Die schwarze Kasse diente offenkundig dazu, Überstunden von Hauspersonal wie Köchen oder Butlern zu bezahlen – und zwar brutto für netto ohne Abzüge. Gezahlt wurde dem Bericht zufolge immer dann, wenn Unternehmen oder sonstige potente Kunden Räume der noblen Botschafter-Residenz im 7. Pariser Stadtbezirk für Empfänge mieteten und das botschaftseigene Personal dazu antreten musste.

Die Grünen-Abgeordnete und Europa-Expertin Franziska Brantner, die sich in dieser Angelegenheit mit einer schriftlichen Frage an die Bundesregierung gewandt hatte, sagte: „Nun muss schnellstmöglich dafür gesorgt werden, dass der Vorgang an der Botschaft in Paris lückenlos aufgeklärt wird und die bis zum Jahr 2015 Verantwortlichen, die sich teilweise noch heute im Dienste des Auswärtigen Amtes befinden, zur Rechenschaft gezogen werden.“

„Kultur des Hinsehens“ soll gefördert werden

Gemeint sind damit die früheren Botschafter Susanne Wasum-Rainer (inzwischen in Rom), Reinhard Schäfers (pensioniert) und Peter Ammon (jetzt in London). Die Abgeordnete Brantner forderte überdies, dass diejenigen geschützt werden, die auf derartige Missstände hinweisen – „so dass eine Kultur des Hinsehens entstehen kann“. Alle Auslandsvertretungen müssten jetzt genau unter die Lupe genommen werden, um sicherzustellen, dass solche Praktiken nicht auch andernorts vorkommen.

Wie Außen-Staatssekretär Lindner in seinem Schreiben versichert, sei aufgrund der überarbeiteten Vorgaben für die Fremdnutzung der Pariser Residenz dort nun eine transparente Abrechnung gewährleistet. Ferner ist zu lesen: „Die Vorgänge vor dieser Umstellung sind Gegenstand einer durch Bundesminister Gabriel kurzfristig angeordneten Sonderinspektion der Deutschen Botschaft Paris durch den Chefinspekteur des Auswärtigen Amtes.“ Die deutschen Auslandsvertretungen seien sowohl an deutsche Gesetze als auch an die Vorgaben des örtlichen Rechts gebunden, etwa in Bezug auf das Arbeits-, Sozial- und Steuerrecht.