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MZ im Gespräch mit Edzard Reuter MZ im Gespräch mit Edzard Reuter: «Elite-Universität per Dekret ist unvorstellbar»

29.01.2004, 18:50
Edzard Reuter, Jahrgang 1928, arbeitete zunächst als Prokurist für die Universum Film AG in Berlin. 1964 wechselte er zu Daimler-Benzund rückte 1973 in den Vorstand auf, dessen Vorsitzender er von 1987 bis 1995 war. Mit spektakulären Zukäufen und Allianzen baute er Daimler-Benz zu einem global tätigen Technologie-Konzern aus. (Foto: dpa)
Edzard Reuter, Jahrgang 1928, arbeitete zunächst als Prokurist für die Universum Film AG in Berlin. 1964 wechselte er zu Daimler-Benzund rückte 1973 in den Vorstand auf, dessen Vorsitzender er von 1987 bis 1995 war. Mit spektakulären Zukäufen und Allianzen baute er Daimler-Benz zu einem global tätigen Technologie-Konzern aus. (Foto: dpa) dpa

Magdeburg/MZ. - Deutschland diskutiert derzeit intensivdie Frage von Elite-Universitäten. Was haltenSie von dem Vorstoß der Regierung?

Reuter: Diskussionen über die Verbesserungder Wettbewerbsbedingungen in Sachen Forschungin Deutschland sind nützlich. Ich halte allerdingsnichts davon, eine solche Diskussion auf Schlagwortezu reduzieren. Der Begriff Elite-Universitätmag im politischen Bereich angebracht sein,in der Sache bringt er uns nicht viel weiter.

Also keine Handvoll Universitäten mitelitären Bedingungen . . .

Reuter: Ich kann mir eben nicht vorstellen,dass das von Staats wegen, also von oben,dekretiert und durchgeführt wird. Elite-Universitätenentstehen dadurch, dass sie Qualität in Forschungund Lehre anbieten können. Universitäten müssenals Allererstes vielmehr Spielraum zum eigenenHandeln bekommen. Wir dürfen im übrigen unserLicht nicht unter den Scheffel stellen undmeinen, wir seien nun meilenweit hinter Harvard,Princeton oder Berkeley zurückgefallen. Esgibt in Deutschland hervorragende Forschung,die international absolut wettbewerbsfähigist. Nur die Struktur ist hier anders.

Wenn wir nun schon über Elite-Universitätenreden, reden wir ja letztlich über Standortbedingungen.Was braucht insbesondere Ostdeutschland?

Reuter: Wir befinden uns allesamtin Europa, vor allem in Deutschland und insbesonderein Ostdeutschland in einer schwierigen Umbruchphase,die mit dem Begriff Globalisierung nur unzureichendbeschrieben wird. Es geht für die westlicheWelt in Wirklichkeit um den Umbruch von einerproduzierenden zu einer dienstleistenden Gesellschaft.Mit anderen Worten: Es werden keine neuenArbeitsplätze aus dem Wachstum an industriellenBereichen entstehen. Es ist deshalb richtigzu sagen, dass wir einen neuen Schub an Einfällenbrauchen. Insofern braucht es sicherlich Sonderbedingungenfür Ostdeutschland, die Investitionen erleichtern,und ich bin ein Anhänger von Investitionszuschüssen.Da sind wir natürlich stark eingebettet inden Rahmen der Europäischen Union. Und zumzweiten brauchen wir weiter Infrastrukturmaßnahmenfür die Städte im Osten.

Seit wenigen Tagen gibt es die Forderung,die Bundesagentur für Arbeit aufzulösen. Kanneine solche Maßnahme helfen?

Reuter: Ich bin sicher kein Arbeitsmarktexperte.Es ist aber ein Fehler zu meinen, dass einegeschickte Neuorganisation des Arbeitsmarktesund insbesondere der Behörden neue Arbeitsplätzeschafft. Das war von vornherein eine Fehlannahme,und mir ist es kalt den Rücken heruntergelaufen,als Herr Hartz vor der Kamera erklärt hat,dass mit den verschiedenen Reformen die Arbeitslosigkeithalbiert wird. Das war von Anfang an ein absoluterUnsinn.