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Konflikt um Wahlkampfauftritte Konflikt um Wahlkampfauftritte: Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan wirft Bundeskanzlerin Angela Merkel persönlich "Nazi-Methoden" vor

19.03.2017, 15:13
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan X90138

Ankara - Nachdem er bereits deutschen Behörden Nazi-Methoden vorgeworfen hat, richtete der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan seine Angriffe jetzt auch direkt an Bundeskanzlerin Angela Merkel.

In einer vom Fernsehen übertragenen Rede sagte Erdogan am Sonntag an Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gerichtet: „Du benutzt gerade Nazi-Methoden“.

Auch zum Fall des in der Türkei inhaftierten deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel äußerte sich Erdogan am Sonntag.  Der „Welt“-Korrespondent  kann nicht auf eine schnelle Freilassung aus seinem türkischen Gefängnis hoffen. Erdogan sagte, Yücel sei ein Terror-Helfer und werde vor Gericht gestellt. „Gott sei Dank ist er festgenommen worden.“ Die unabhängige türkische Justiz werde den Fall beurteilen. Yücel hat die deutsche und türkische Staatsangehörigkeit.

Bundesregierung fordert Yücels Freilassung

Die Bundesregierung fordert die Freilassung Yücels und dass das deutsche Konsulat Yücel zunächst im Gefängnis betreuen darf. Sie verweist darauf, dass der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim dies Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits Anfang März zugesagt habe.

Außenminister Sigmar Gabriel hatte sich im „Spiegel“ besorgt über die Unabhängigkeit der Justiz in der Türkei gezeigt. „Wenn die Türkei wirklich ein Rechtsstaat ist, wie Herr Erdogan behauptet, dann frage ich mich, wie er schon vor Beginn eines Gerichtsverfahrens wissen kann und sagen darf, dass Deniz Yücel ein Terrorist und Spion sei.“

Deutsche Beteiligung am Putschversuch in der Türkei vermutet

Ankara stellt zudem die Frage nach einer deutscher Beteiligung an Putschversuch: Mit offenem Unmut und einem Gegenangriff hat die türkische Regierung auf die Einschätzung des Bundesnachrichtendienstes (BND) reagiert, wonach es keine Anzeichen für eine Beteiligung der Gülen-Bewegung am fehlgeschlagenen Putsch in der Türkei im vergangenen Jahr gebe.

Ein Sprecher von Präsident Recep Tayyip Erdogan hielt Deutschland am Sonntag vor, es wolle die Bewegung des islamischen Predigers „reinwaschen“. Verteidigungsminister Fikri Isik sagte sogar, die Bemerkungen von BND-Chef Bruno Kahl würden den Fragen Auftrieb geben, ob nicht Berlin selbst an dem Putschversuch beteiligt gewesen sei. Die Türkei stuft die Bewegung von Gülen, einem einstigen Weggefährten und heutigen Erzfeind von Erdogan, als terroristisch ein. Schon mehrfach wurde in Ankara der Vorwurf laut, Deutschland gehe nicht deutlich genug gegen Gülen-Anhänger vor. In der Türkei wurden seit dem Putsch-Versuch zehntausende angebliche Gülen-Anhänger inhaftiert oder aus dem Staatsdienst entlassen.

Gülen bestreitet extremistische Haltung

Gülen, der im Exil in den USA lebt, bestreitet jegliche Verwicklung in den Putschversuch vom Juli. BND-Chef Kahl hatte dem „Spiegel“ zu dem türkischen Putsch-Vorwurf gegen Gülen gesagt: „Die Türkei hat auf den verschiedensten Ebenen versucht, uns davon zu überzeugen. Das ist ihr aber bislang nicht gelungen.“ Er widersprach auch der Einschätzung der türkischen Regierung, die Gülen-Bewegung sei islamisch-extremistisch oder gar terroristisch: „Die Gülen-Bewegung ist eine zivile Vereinigung zur religiösen und säkularen Weiterbildung.“ Kahl bezeichnete den Putsch zudem als „willkommenen Vorwand“ für das türkische Vorgehen gegen Regierungsgegner. Erdogans Sprecher Ibrahim Kalin sagte dem Sender CNN-Türk dazu: „Das ist eine Operation, um Fetö (türkische Bezeichnung für die Gülen-Bewegung) reinzuwaschen.“

Verteidigungsminister Isik wiederum sprach im Fernsehsender Kanal 7 von „höchst bedauerlichen Äußerungen“ des BND-Chefs. Dadurch würden die Zweifel an Deutschlands Rolle bei dem Putsch größer. Und dies werde „die Frage lauter werden lassen, ob der deutsche Geheimdienst hinter dem Putsch steckte“. Türkische Politiker hatten bereits mehrfach gemutmaßt, dass westliche Staaten in den Umsturzversuch verstrickt gewesen sein könnten. (rtr,afp)