Hamburg Hamburg: Bürgermeister von Beust entlässt Ronald Schill

Hamburg/dpa. - Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) hat seinen umstrittenen Innensenator Ronald Schill wegen sexueller Anwürfe fristlos entlassen. Beust warf dem stellvertretenden Regierungschef Schill vor, seine angebliche homosexuelle Beziehung mit Justizsenator Roger Kusch (CDU) publik machen zu wollen, falls er den umstrittenen Innenstaatsrat Walter Wellinghausen entlasse. Schill wies die Vorwürfe zurück. Beust versetzte Schills Staatsrat Wellinghausen in den einstweiligen Ruhestand. Diesem werden unerlaubte Nebentätigkeiten vorgeworfen.
Der Koalitionsausschuss aus CDU, Schill-Partei und FDP erklärte am Abend, das Regierungsbündnis fortsetzen zu wollen. SPD und Grüne forderten Neuwahlen. Als Schills Nachfolger ist Bausenator Mario Mettbach (Schill-Partei) im Gespräch. Dieser sagte: «Ich entschuldige mich im Namen der Partei für das, was passiert ist.» Es gebe noch keinen Vorschlag für das Amt des Innensenators. Er selbst werde aber «vermutlich» als Zweiter Bürgermeister nachfolgen.
Die Staatsanwaltschaft Hamburg erklärte, den Fall Schill wegen möglicher versuchter Nötigung eines Verfassungsorgans dem Generalbundesanwalt vorgelegt zu haben.
Beust erklärte nach einem Vier-Augen-Gespräch mit Schill, in dem die Drohnung gefallen sein soll, dieser sei «charakterlich nicht geeignet». Schills Anwürfe wies er zurück. «Seine Behauptung ist falsch und die Drohung ist ungeheuerlich», sagte Beust. Kusch und er seien gute Freunde, sie würden sich seit 25 Jahren kennen. Der Junggeselle Beust hat bislang noch nie öffentlich über seine sexuellen Neigungen gesprochen.
Schill bestritt Drohungen, wonach er Beusts angebliche homosexuelle Neigungen öffentlich machen wollte. «Ich habe ihm mit keinem Wort gesagt, dass ich beabsichtige (...), das in irgendeiner Art und Weise publik zu machen.» Gleichzeitig sagte er, es habe seinem Rechtsempfinden widersprochen, dass Mettbach in die Schusslinie geraten war, weil dieser seine Lebensgefährtin als persönliche Referentin eingesetzt hatte, während Beust seinen Lebensgefährten Kusch zum Justizsenator gemacht habe.
In der n-tv-Sendung «Maischberger» sprach Schill im Zusammenhang mit der Wohnung des Justizsenators - sie gehört Beust - von einer «Liebeshöhle». Vorwürfe der Erpressung bezeichnete er als «abstrus» und «ungeheuerlich». Über seine Zukunft als Politiker sagte er: «Ich werde in der Fraktion weiterarbeiten.» Als Abgeordneter wolle er seinen Beitrag leisten, dass Hamburg noch sicherer werde.
FDP-Landeschef Reinhard Soltau sagte nach der Sitzung des Koalitionsausschusses am Abend, die drei Parteien seien sich einig, ihre «erfolgreiche Arbeit» fortsetzen zu wollen. Die bisherige Ressortaufteilung bleibe bestehen. Mettbach ergänzte: «Wir sind fest entschlossen, den Wählerauftrag für vier Jahre zu erfüllen.» Seine Partei werde nun bis Freitag entscheiden, «mit welchem Personal in welcher Funktion» es weiter gehe.
SPD-Landeschef Olaf Scholz, auch Generalsekretär der Bundespartei, kritisierte die Wellinghausen-Affäre und die Eskalation als «Tiefpunkt der politischen Kultur in unserer Stadt und weit darüber hinaus». Beust habe zu lange gezögert. «Es war ein schwerer Fehler, sich mit Schill einzulassen», sagte Scholz.
Scholz und der SPD-Fraktionsvorsitzende Walter Zuckerer machten deutlich, die Fraktion denke zwar über einen Abwahlantrag gegen den Senat nach, werde aber keine sinnlosen Anträge stellen, wenn es keine parlamentarische Mehrheit gebe. Nach Ansicht der Hamburger GAL- Fraktionschefin Christa Goetsch hat der «unwürdige und empörende» Auftritt Schills deutlich gezeigt, dass dessen Entlassung nötig war.
Auch auf Bundesebene zeigten sich Politiker und Verbände empört über Schills Verhalten. Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel sicherte Beust ihre Unterstützung zu, hieß es aus ihrem Umfeld. Auch FDP-Chef Guido Westerwelle versprach Beust Rückendeckung der Liberalen in Bund und Land. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Hamburg begrüßten Schills Entlassung. GdP- Bundesvorsitzender Konrad Freiberg sagte, für die Polizei gehe ein Albtraum zu Ende.
