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Gericht verurteilt Sex-Mörder Gericht verurteilt Sex-Mörder: Die späten Opfer der Therapie-Fehler

Von Hajo Krämer 05.07.2007, 16:56

Halle/MZ. - Das Urteil gegen den Sex-Mörder Jochen S. ist eindeutig: Lebenslänglich mit anschließender Sicherungsverwahrung hat das Landgericht Bayreuth verhängt. Höchststrafe wegen Raub, Vergewaltigung und Mord. "Der Schutz der Gesellschaft ist mir jetzt das Wichtigste", kommentiert Andreas Fischer, Ehemann des Opfers. Fischer hat den Mörder seiner Frau einst im Gefängnis betreut - ein Gutachter sah bei Jochen S. keine Rückfallgefahr und er kam vorzeitig frei. Nun attestiert ihm eine neue Prognose einen Hang zu schweren Straftaten und ein hohes Rückfallrisiko. Warum erst jetzt?

Diese Frage treibt Andreas Fischer an, um "nach Schwachstellen im System" zu suchen, wie er der MZ sagt. Mit seinem Buch "Ein unfassbares Verbrechen" (Droste-Verlag) will er eine Debatte in der Politik anstoßen, um solche Rückfall-Taten künftig verhindern zu können.

So sei "das Ködern von verurteilten Straftätern mit vorzeitiger Haftentlassung zu überdenken", meint der Vollzugsbeamte. Weil die Sex-Täter ohne Therapie nicht vorzeitig freikommen können, "lassen sie sich darauf ein und lernen schnell, was sie sagen und welche Tricks sie anwenden müssen".

Fachdienste, Pädagogen und Psychologen sollten sich regelmäßig in den selben Räumen aufhalten wie die Gefangenen und sie auch im Alltag erleben. "Nur so können sie dem Blendwerk der Therapiestunden", glaubt Fischer. Auch sind ihm die Hürden für die nachträgliche Sicherungsverwahrung zu hoch, für jugendliche Schwerverbrecher sei sie nicht anwendbar.

Die Justizministerin Sachsen-Anhalts, Angela Kolb (SPD), steht solchen Vorschlägen nicht unkritisch gegenüber. Sachsen-Anhalt habe sich besonders für die Änderung der Vorschriften über die nachträgliche Sicherungsverwahrung und die Reform der Führungsaufsicht eingesetzt, die Mitte März in Kraft getreten sind. Die Führungsaufsicht gestatte es jetzt, einen aus der Haft entlassenen Sexualstraftäter bei Strafdrohung zu verpflichten, einen Therapeuten aufzusuchen.

Auch die vorgeschlagene Vollverbüßung der Haftstrafen sieht sie kritisch: "Die Perspektive der Haftverkürzung ist ein wichtiges Mittel, Straftäter überhaupt zur Mitwirkung bei ihrer Resozialisierung zu gewinnen. Eine Vollverbüßung führt nur zu einer zeitlichen Verschiebung der Probleme." Weniger Strafgefangene in der Therapie hätten mehr rückfallgefährdeten Haftentlassene zur Folge.