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Flüchtlingsdebatte in Deutschland Flüchtlingsdebatte in Deutschland: So werden Flüchtlinge in Deutschland verteilt

Von Markus Decker 11.08.2015, 16:00

Berlin - Bis zu 600 000 Flüchtlinge könnten in diesem Jahr nach Deutschland gelangen. Das wären drei Mal so viele wie im vorigen Jahr. Sie stellen ihre Asylanträge entweder direkt an den Außengrenzen – sofern sie nicht aus sicheren Drittstaaten kommen – oder später im Land selbst. Die Flüchtlinge werden dann in der Regel auf die Erstaufnahmeeinrichtungen verteilt und von dort wiederum, je nach Land unterschiedlich, auf kleinere Wohneinheiten.

Königsteiner Schlüssel regelt Verteilung auf Länder

Die Verteilung auf die Länder folgt dem so genannten Königsteiner Schlüssel. Der richtet sich zu zwei Dritteln nach den Steuereinnahmen des betroffenen Landes und zu einem Drittel nach dessen Bevölkerungszahl. Da sich Steuereinnahmen und Bevölkerungszahlen verändern, wird die Quote von einem unabhängigen Gremium, der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz, jährlich neu ermittelt. 2015 muss Nordrhein-Westfalen mit rund 21 Prozent die meisten Flüchtlinge aufnehmen, gefolgt von Bayern mit 15 Prozent und Baden-Württemberg mit 12 Prozent. Am Ende der Skala liegen Mecklenburg-Vorpommern mit zwei Prozent, das Saarland mit 1,2 Prozent und Bremen mit 0,9 Prozent.

Der Königsteiner Schlüssel ist benannt nach dem Königsteiner Staatsabkommen von 1949, das die westdeutschen Länder schlossen, kurz bevor die Bundesrepublik Deutschland gegründet wurde. Seinerzeit ging es um die Finanzierung von Forschungseinrichtungen von überregionaler Bedeutung. Seither kommt der Königsteiner Schlüssel regelmäßig zur Anwendung, vor allem bei der Verteilung von Steuereinnahmen. Der Staatsrechtler Ulrich Battis sagt, auch wenn der Schlüssel nicht im Grundgesetz stehe, komme ihm doch ein fast verfassungsähnlicher Charakter zu – im Sinne eines Gewohnheitsrechts. Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Hans-Joachim Jentsch spricht von einem „erprobten Mittel“, auf dessen Anwendung sich die Länder aber immer wieder verständigen müssten. Bisher ist das stets fraglos geschehen.

Kretschmanns Vorschlag wohl nicht umzusetzen

Der Vorschlag des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne), gegen einen finanziellen Ausgleich mehr Flüchtlinge nach Ostdeutschland zu bringen, vor allem weil es dort mehr freien Wohnraum gebe, stößt jedenfalls an Grenzen. Denn faktisch müsste sich Baden-Württemberg mit allen anderen 15 Ländern darauf einigen. Dies ist angesichts des Widerstandes der Ost-Ministerpräsidenten nicht zu erwarten. Überdies stehen dagegen faktische Hindernisse. „In kleinen Städten Brandenburgs ist zwar Platz“, sagt Staatsrechtler Battis. „Aber da ist sonst nichts.“