Ex-Präsident gestorben Ex-Präsident gestorben: Russland trauert um Boris Jelzin

Moskau/dpa. - In der Erlöser-Kathedrale, in der Jelzinaufgebahrt wurde, standen die Menschen bis zum späten Abend dichtgedrängt, um dem ersten russischen Präsidenten die letzte Ehre zuerweisen. Nach einem offiziellen Trauergottesdienst mit zahlreichenStaatsgästen an diesem Mittwoch soll Jelzin auf dem Neujungfrauen-Friedhof beigesetzt werden. Dazu will neben den früheren US-Präsidenten George Bush senior und Bill Clinton auch BundespräsidentHorst Köhler nach Moskau reisen. Der russische Präsident WladimirPutin sprach von einer «sehr großen Tragödie» und ordnete fürMittwoch Staatstrauer an.
Politiker, Künstler, Menschenrechtler und viele Bürger zogen ineiner langen Schlange am aufgebahrten Leichnam vorbei. Jelzins WitweNaina und die beiden Töchter mit ihren Familien nahmen dieBeileidsbekundungen entgegen, wie die Agentur Itar-Tass berichtete.Der geöffnete Sarg war mit der russischen Flagge bedeckt. VieleTrauernde legten Rosen, Lilien und Nelken nieder. Die Kirche solltedie ganze Nacht hindurch für die Trauernden geöffnet bleiben. Vor denToren zog sich die Schlange der Trauergäste über hunderte Meter hin.Auch aus vielen Regionen des Riesenreiches waren Jelzin-Anhänger zumAbschiednehmen nach Moskau gereist.
Ein älterer Mann sagte, er sei gekommen, um seinen Respekt zubezeugen. «Jelzin war ein großer Reformator», so der Moskauer. Der19-jährige Journalist Iwan sagte: «Jelzin hat viel für das freieFernsehen getan. Vielleicht ist ihm nicht alles gelungen, aber erhatte immerhin ehrliche Absichten.» Bereits in der ersten Stundeerwiesen nach Angaben der Agentur Interfax über tausend MenschenJelzin die letzte Ehre.
Jelzins Nachfolger Putin hatte am späten Montagabend in einerFernsehansprache die Leistungen des Verstorbenen für sein Landgewürdigt. «Es ist ein Mensch gestorben, dem wir den Beginn einervöllig neuen Epoche verdanken», sagte Putin sichtlich betroffen.Durch ihn sei ein neues, demokratisches Russland geboren worden.Putin sagte, er habe Jelzin als einen mutigen und gleichzeitigherzlichen Menschen gekannt.
Auch die russischen Zeitungen würdigten Jelzins Lebenswerk. ImFernsehen trugen die Nachrichtensprecher schwarz. «Er war der ersterussische Herrscher, der seine Macht freiwillig abgegeben hat»,schrieb die Boulevardzeitung «Komsomolskaja Prawda». Jelzin regierteRussland von 1991 bis 1999.
In der Erlöser-Kathedrale am Ufer des Moskwa-Flusses wird diepolitische Führung an diesem Mittwoch offiziell von dem verstorbenenEx-Präsidenten Abschied nehmen. Das russische Fernsehen überträgt dieTrauerfeier live. Auch die ARD will das Ereignis ab 10.30 Uhr MESZübertragen. Die Erlöser-Kathedrale ist die wichtigste Kirche derrussischen Orthodoxie. Jelzin selbst hatte 1992 den Wiederaufbau desunter der Herrschaft des sowjetischen Diktators Josef Stalingesprengten Gotteshauses verfügt.
Anschließend wird Jelzin auf dem Neujungfrauen-Friedhofbeigesetzt. Die Friedhofsverwaltung teilte am Abend mit, der früherePräsident werde an der zentralen Allee seine letzte Ruhestättefinden. Zuvor hatte es noch geheißen, Jelzin solle neben dem Grab vonRaissa Gorbatschowa, der Frau des früheren sowjetischen PräsidentenMichail Gorbatschow, am Rand des Friedhofs bestattet werden.
Auf dem Prominentenfriedhof der russischen Hauptstadt ist auch dersowjetische Staatschef Nikita Chruschtschow beerdigt. Alle übrigenSowjetführer liegen an der Kremlmauer hinter dem Lenin-Mausoleumbegraben. Aus den ehemaligen Sowjetrepubliken haben sich zahlreicheStaatschefs angekündigt, um Abschied von Jelzin zu nehmen.