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Die Europawahl im Überblick Die Europawahl im Überblick: Radikale auf dem Vormarsch

25.05.2014, 16:09
Triumph der Rechtspopulisten: Nigel Farage von der UKIP.
Triumph der Rechtspopulisten: Nigel Farage von der UKIP. AFP Lizenz

Brüssel - Die konservative Europäische Volkspartei (EVP) ist trotz deutlicher Verluste stärkste Kraft bei den Europawahlen geworden. Die EVP, zu der auch CDU und CSU gehören, kommt der am Sonntagabend vom Europaparlament in Brüssel veröffentlichten ersten EU-weiten Hochrechnung zufolge auf 212 Sitze. Die Sozialdemokraten verlieren ebenfalls und werden demnach als zweitgrößte Fraktion 185 Abgeordnete ins Europaparlament entsenden. Drittstärkste Kraft werden demnach die Liberalen mit 71 Abgeordneten. Sie verlieren ebenfalls Mandate.

Demnach erreichen die Grünen bei leichten Verlusten 55 Mandate, die Linke gewinnt und kommt auf 45 Mandate, und die europakritischen Konservativen verlieren und erreichen 40 Mandate. Die EU-Gegner um die britische Ukip gewinnen hinzu und kommen auf 36 Abgeordnete. Aus den Reihen der bisherigen Fraktionslosen, zu denen auch Rechtsextreme gehören, kommen demnach 40 Parlamentarier in das Abgeordnetenhaus, mehr als zuvor.

Zudem werden der ersten Prognose zufolge 67 Politiker ins Parlament einziehen, die zuvor nicht vertreten waren. Zu welchen Fraktionen sich die Abgeordneten zusammentun, muss sich in den kommenden Wochen noch zeigen.

Mit dem Sieg sind Junckers Chancen auf den Posten des EU-Kommissionspräsidenten gestiegen. Die Staats- und Regierungschefs schlagen den Chef der Brüsseler Behörde vor, müssen dabei aber das Wahlergebnis berücksichtigen. Das Europaparlament pocht deshalb darauf, dass die stärkste Fraktion den Kommissionspräsidenten stellt. Bis die Personalentscheidung steht, könnte es aber noch Wochen dauern.

„Wir haben gewonnen“, sagte der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP), Joseph Daul, am Sonntagabend in Brüssel. Er fügte hinzu: „Die EVP wird ihren Kandidaten als Kandidaten für die Präsidentschaft der Kommission vorschlagen.“

Die Ergebnisse aus den einzelnen EU-Ländern im Überblick:

DEUTSCHLAND (185 Sitze):

Die Unionsparteien haben bei der Europawahl in Deutschland ihre Vorrangstellung verteidigt - allerdings mit herben Verlusten der CSU. Die SPD legt laut Hochrechnungen nach ihrem Tief vor fünf Jahren deutlich zu, steht aber immer noch ein gutes Stück hinter der Union von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Der euroskeptischen Alternative für Deutschland (AfD) gelingt, was ihr bei der Bundestagswahl noch verwehrt blieb: der Einzug ins Parlament.

Die Grünen verlieren leicht. Die Linke erreicht in etwa ihr Ergebnis von 2009. Damit hat sich am Sonntag beim ersten echten Stimmungstest acht Monate nach der Bundestagswahl am Abstand zwischen großer Koalition und Mini-Opposition wenig geändert. Die FDP, die im Herbst aus dem deutschen Parlament geflogen war, schafft nicht einmal mehr ein Drittel ihres bisherigen Europa-Ergebnisses, bleibt aber in Straßburg vertreten.

Alle Infos und detaillierte Ergebnisse zum Ausgang der Europawahl in Deutschland finden Sie in unserer Chronologie zum Wahlabend.

BELGIEN (21 Sitze): Die Neu-Flämische Allianz der Nationalisten im Norden Belgiens erzielt die stärksten Gewinne und ist mit knapp 16,5 Prozent Wahlsieger. Es folgen die Liberalen und die flämischen Christdemokraten. Bei den französischsprachigen Abgeordneten liegen die Sozialisten und die frankophonen Liberalen vorne. Mit 90 Prozent war die Wahlbeteiligung neben Luxemburg die höchste EU-weit - in beiden Ländern herrscht Wahlpflicht.

BULGARIEN (17): Die oppositionelle bürgerliche GERB gewinnt mit klarem Vorsprung. Sie erhielt laut Prognose 28,6 Prozent der Stimmen, wie das Meinungsforschungsinstitut Gallup mitteilte. Die regierenden Sozialisten kamen demnach nur auf 19,8 Prozent. Die bisher in Straßburg vertretene nationalistische Partei Ataka wird den Sprung ins EU-Parlament diesmal wohl verfehlen. Im ärmsten EU-Land gab es erneut Vorwürfe von Stimmenkauf und Wahlmanipulation.

DÄNEMARK (13): Die rechtspopulistische Dänische Volkspartei („Dansk Folkeparti“) ist stärkste Kraft des Landes. Nach einer Prognose kommt die Partei auf rund 23 Prozent der Stimmen. Mit 20,5 Prozent erreichten die regierenden Sozialdemokraten von Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt die zweitmeisten Stimmen. Bei einer gleichzeitigen Volksabstimmung entschieden sich die Dänen laut einer Prognose klar für ein europäisches Patentgericht.

ESTLAND (6): In Estland erringt die regierende wirtschaftsliberale Reformpartei zwei Mandate, ihr sozialdemokratischer Koalitionspartner erhält einen Sitz. Die beiden Oppositionsparteien schicken je einen Parlamentarier nach Straßburg, ein weiterer der sechs estnischen Sitze geht an einen unabhängigen Kandidaten.

FINNLAND (13): Die rechtspopulistische Partei Wahre Finnen liegt laut Prognosen bei fast 13 Prozent der Stimmen und käme damit auf zwei Sitze im neuen EU-Parlament. Stärkste Kraft wurde mit rund 22 Prozent die zu den europäischen Konservativen gehörende Nationale Koalitionspartei.

FRANKREICH (74): Die rechtsextreme Front National (FN) hat die Wahl in Frankreich gewonnen. Nach ersten Prognosen kam sie auf knapp 25 Prozent - nach 6,3 Prozent 2009. Zweitstärkste Kraft wurde die konservative Oppositionspartei UMP mit etwa 20 Prozent. Die regierenden Sozialisten von Präsident François Hollande kassierten mit nur etwa 14 Prozent eine erneute Niederlage. Das Ergebnis dürfte in Frankreich ein politisches Erdbeben auslösen.

GRIECHENLAND (21): Die oppositionellen radikalen Linken (Syriza) um den europaweiten Linken-Spitzenkandidaten Alexis Tsipras sind laut Angaben aller Demoskopieinstitute mit 26,7 Prozent stärkste Kraft in Griechenland. Die zusammen mit den Sozialisten regierende konservative Nea Dimokratia landete mit 22,8 Prozent auf Platz zwei. Drittstärkste Kraft ist demnach die rechtsradikale und rassistische Partei Goldene Morgenröte mit 9,3 Prozent.

GROSSBRITANNIEN (73): Zwar sind jegliche Vorabveröffentlichungen von Wählerbefragungen bei Europawahlen in Großbritannien verboten - ein Trend war aber schon absehbar: Mit Blick auf die parallelen Kommunalwahlen scheint die rechtspopulistische und EU-kritische UKIP deutlich dazugewonnen zu haben. Herbe Verluste erlitten demnach unter anderem die Konservativen von Premierminister David Cameron.

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IRLAND (11): Die irischen Wähler strafen ihre Regierung ab. Die konservative Fine-Gael-Partei von Premier Enda Kenny kam Prognosen zufolge nur auf 22 Prozent, die mitregierenden Sozialdemokraten (Labour) erzielen nur sechs Prozent der Stimmen. Unabhängige Bewerber profitieren, auch die linksgerichtete Sinn-Fein-Partei um Ex-IRA-Mann Gerry Adams legt zu.

ITALIEN (73): Die regierenden Sozialisten sind in Italien nach ersten Wählerbefragungen bei der Europawahl stärkste Kraft geworden. Demnach liegt die Demokratische Partei von Ministerpräsident Matteo Renzi mit 33 Prozent vor der oppositionellen Fünf-Sterne-Bewegung, für die 26,5 Prozent prognostiziert wurden. Drittstärkste Kraft wurde laut den Nachwahlbefragungen die konservative Forza Italia des früheren Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi mit 18 Prozent. Die Wähler-Befragung in Italien haben sich allerdings als nicht sehr zuverlässig erwiesen, so auch bei der Parlamentswahl im vergangenen Jahr.

KROATIEN (11): Die oppositionellen Konservativen (HDZ) haben in Kroatien klar die Wahlen zum Europaparlament gewonnen. Das berichtete die staatliche Wahlkommission am Montag in Zagreb. Demnach erreichten die Konservativen 41,4 Prozent der Stimmen. Damit stellen sie sechs der 11 kroatischen EU-Abgeordneten. Die regierenden Sozialdemokraten schicken demnach vier Parlamentarier nach Brüssel und Straßburg. Sie erzielten 29,9 Prozent der Stimmen. Die Grünen werden in Zukunft im Europarlament mit einem Abgeordneten vertreten sein. Die Wahlbeteiligung beim jüngsten EU-Mitglied lag bei 25,2 Prozent.

LETTLAND (8): Laut einer ersten vorläufigen Prognose gewinnt der EU-freundliche Einheitsblock von Regierungschefin Laimdota Straujuma in Lettland klar. Das vor den Wahlen favorisierte oppositionelle Harmoniezentrum käme demnach auf Platz zwei, vor den beiden anderen Mitte-Rechts-Regierungsparteien. Europakritik ist in Lettland kaum zu sehen. Die Wahl ist ein Stimmungstest für die Parlamentswahl im Oktober.

LITAUEN (11): Die oppositionellen Christdemokraten liegen knapp vor den regierenden Sozialdemokraten. Drittstärkste Kraft wurden die Liberalen vor den drei anderen Koalitionsparteien. Auch dem Bauern- und Grünenbund gelang der Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde.

LUXEMBURG (6): Bei der Wahl zum Europaparlament in Luxemburg haben die drei Regierungsparteien Stimmen verloren. Hingegen verbuchte die oppositionelle Christlich-Soziale Volkspartei (CSV) des einstigen Regierungschefs Jean-Claude Juncker einen Stimmengewinn von 6,3 Prozent. Insgesamt erzielte die CSV 37,7 Prozent der Stimmen. Sie stellt damit 3 der 6 EU-Abgeordneten des Großherzogtums. Von den Regierungsparteien verloren die Sozialdemokraten mit 7,7 Prozent am stärksten im Vergleich zu 2009, gefolgt von den Liberalen (minus 3,9) und den Grünen (minus 1,8 Prozent). Jede der drei Regierungsparteien stellt einen Abgeordneten des Europaparlaments.

MALTA (6): Erste inoffizielle Schätzungen sehen die Labour Partei von Regierungschef Joseph Muscat (PL) in Malta deutlich vorn. Die Partei kam demnach auf mehr als die Hälfte der Stimmen. Für die größte Oppositionspartei, die konservative Nationalistische Partei (PN), hätten rund 40 Prozent gestimmt. 75 Prozent der Wahlberechtigten gingen in Malta an die Urne

NIEDERLANDE (26): Die Niederländer wählten schon am Donnerstag - und bescherten Prognosen zufolge der Partei des rechtspopulistischen Europaskeptikers Geert Wilders eine überraschend deutliche Schlappe. Die europafreundlichen Kräfte der linksliberalen D66 und der Konservativen hatten klar die Nase vorn.

ÖSTERREICH (18): Die konservative ÖVP bleibt in Österreich laut ersten Hochrechnungen stärkste Kraft. Zweitstärkste Partei hinter den Konservativen wird demnach die sozialdemokratische SPÖ. Deutlich zugelegt hat die rechte FPÖ, die laut Hochrechnungen knapp 20 Prozent erreicht.

POLEN (51): Erste Prognosen sehen die liberale Bürgerplattform (PO) von Regierungschef Donald Tusk nahezu gleichauf mit der nationalkonservativen Oppositionspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS). Beide Parteien erreichen demnach je 19 der insgesamt 51 polnischen Sitze im Europaparlament.

PORTUGAL (21): Als Protestwahl nutzten die Menschen in Portugal den europäischen Urnengang: Die oppositionellen Sozialisten konnten einen klaren Sieg einfahren. Sie erhielten den Prognosen zufolge 30 bis 36 Prozent der Stimmen. Die Regierungskoalition von Ministerpräsident Pedro Passos Coelho, die aus seiner konservativen PSD und der rechtskonservativen Partei CDS-PP besteht, kam nur auf 25 bis 29 Prozent.

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RUMÄNIEN (32): Rumäniens regierende Sozialisten (PSD) haben die Wahl laut Prognosen haushoch gewonnen. Die Partei des Ministerpräsidenten Victor Ponta käme demnach auf 41 bis 43 Prozent der Wählerstimmen. Zweitstärkste Kraft würde demnach die oppositionelle Nationalliberale Partei (PNL) mit rund 14 Prozent. Das in zwei Parteien zersplitterte bürgerliche Lager, das der Europäischen Volkspartei (EVP) nahesteht, käme auf die Plätze drei und vier.

SCHWEDEN (20): Wenige Monate vor der Parlamentswahl im September haben die Schweden ihrer Regierung einen kräftigen Dämpfer verpasst. Einer Prognose zufolge erreichte die konservative „Moderate Sammlungspartei“ von Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt nur 13 Prozent der Stimmen. Wahlsieger wurden die Sozialdemokraten mit 23,7 Prozent. Die rechtspopulistischen Schwedendemokraten erreichten 7 Prozent und sitzen damit wohl zum ersten Mal im Europaparlament.

SLOWAKEI (13): Die sozialdemokratische Regierungspartei siegte nach ersten inoffiziellen Angaben, aber längst nicht so klar wie vermutet: Vier Sitze im EU-Parlament gehen demnach an die Sozialdemokraten, die restlichen neun verteilen sich auf bis zu acht Splitterparteien.

SLOWENIEN (8): Wie erwartet siegt in Slowenien die oppositionelle SDS-Partei. Sie bekommt laut dem TV-Sender RTV drei der acht Parlamentssitze des Landes. Eine konservative Liste habe demnach zwei Mandate erzielt, je einen Abgeordneten stellen die Rentnerpartei, die Sozialdemokraten und eine Bürgerplattform.

SPANIEN (54): Die Wahlbeteiligung in Spanien ist wie 2009 historisch niedrig. Bis 18 Uhr - zwei Stunden vor Schließung der Wahllokale auf dem spanischen Festland - gaben nach amtlichen Angaben nur 34,1 Prozent aller Wahlberechtigten ihre Stimme ab. 2009 waren es zur gleichen Zeit 33,8 Prozent, am Ende verzeichnete das Land damals mit einer Beteiligung von 45 Prozent einen nationalen Minusrekord.

TSCHECHIEN (21): Die Wahlbeteiligung in Tschechien war extrem niedrig. Laut Prognosen stimmten nur 19,5 Prozent der Wahlberechtigten ab. Das war deutlich weniger als noch 2009, als die Beteiligung bei 28,2 Prozent lag.

UNGARN (21): In Ungarn hat die im Land regierende Rechte erwartungsgemäß die Europawahl gewonnen. Dies teilte die Wahlkommission am späten Sonntagabend in Budapest mit. Die Fidesz-Partei des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Viktor Orban erhielt 51,5 Prozent der Stimmen und sicherte sich damit 12 der 21 Mandate, die auf Ungarn entfallen. Erstmals hat die oppositionelle rechtsextreme Partei Jobbik (Die Besseren) die gleichfalls oppositionelle Sozialistische Partei (MSZP) bei einer Wahl überholt. Die Jobbik kam auf 14,7 Prozent der Stimmen (3 Mandate), die MSZP auf 10,9 Prozent (2 Mandate). Die links-liberale Demokratische Koalition (DK) des ehemaligen Ministerpräsidenten Ferenc Gyurcsany erhielt 9,8 Prozent der Stimmen (2 Mandate). Damit kam sie knapp an die MSZP heran, aus der sich die DK einst abgespalten hatte. Je ein Mandat errangen das links-liberale Bündnis Gemeinsam 2014 - Dialog für Ungarn (7,2 Prozent) des ehemaligen Ministerpräsidenten Gordon Bajnai und die Öko-Partei Politik kann anders sein (LMP) (5 Prozent). Die Wahlbeteiligung lag mit 28 Prozent unter jener der zwei Europawahlen, an denen Ungarn bisher teilgenommen hat.

ZYPERN (6): Deutlicher Sieg für die proeuropäische konservative Partei Demokratische Gesamtbewegung (DISY). Nach Auszählung von 90 Prozent der Stimmen kommt sie auf knapp 38 Prozent. Zweitstärkste Kraft wird die Linkspartei AKEL mit rund 27 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag ersten Angaben zufolge deutlich unter 50 Prozent. (dpa,rtr,afp)