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MZ-Interview mit Sven Kretzschmar MZ-Interview mit Sven Kretzschmar: Protest mit Füßen gegen Preistreiber

26.05.2002, 16:01

Halle/MZ. - Herr Kretzschmar, wenn Sie persönlichvom Einkauf zurückkommen - können Sie denZorn unserer Leser über Preistreiberei nachvollziehen?

Kretzschmar: Ja, natürlich. Vor allemin kleineren Läden, im Grünpflanzen- und Blumenhandelsowie im Dienstleistungsbereich und in derGaststätte sind mir Preissteigerungen aufgefallen.Auch höhere Gebühren bei Geldinstituten.

Nun gibt es ja auch offizielle Untersuchungenvon Verbraucherschützern. Decken sich derenErgebnisse mit dem subjektiven Empfinden?

Kretzschmar: Das Institut für angewandteVerbraucherforschung hat im Zusammenhang mitder Euro-Einführung im Auftrag der Verbraucherzentralenzwischen Juni 2001 und Februar 2002 siebenPreiserhebungen gemacht. Von 822verglichenenProdukten sind bei 263 Preiserhöhungen ausgemachtworden. Bei mehr als 80Prozent dieser Erhöhungenvermuteten die Verbraucherschützer einen direktenZusammenhang mit dem Euro.

Können Sie einige besonders krasse Beispielenennen?

Kretzschmar: Bei einem bestimmtenKreuzschlüssel aus dem Baumarkt wurde einePreiserhöhung von 32,83Prozent festgestellt,ein Hemd kostete erst 29,90DM, dann 17Euro,also eine Steigerung um 11,18Prozent. Danebengab es aber auch Preissenkungen, so zum Beispielbei "Bärenmarke" um 18Prozent, bei Dr. OetkerMilchreis um knapp 14Prozent.

Haben Sie Tendenzen ausgemacht - reagierenHandel und Dienstleister nach den Protestenseit Januar?

Kretzschmar: Ja, auch da kann ichmich wieder auf die Ergebnisse des Institutsstützen: Allein zwischen der zweiten und achtenKalenderwoche diesen Jahres gab es bei insgesamt135Preisveränderungen 53Erhöhungen und immerhin82Senkungen.

Haben Sie Hoffnung, dass die Preise weiternach unten gehen?

Kretzschmar: Der Markt wird die Preiseregeln. Ich rechne mit weiteren Senkungen,wobei man nicht vergessen darf, dass vielevon denen, die jetzt nicht zu den ausgemachtenPreistreibern gehören, ihre Preise bereitsim alten Jahr angehoben haben. Da fällt esnatürlich leichter, runter zu gehen. Ich denke,dass die Testphase, was man dem Verbraucherzumuten kann, bald zu Ende geht.

Etliche Leser werfen Händlern und DienstleisternWucher vor, gegen den Verbraucherschützernach ihrer Meinung rechtlich vorgehen sollten.Wäre so etwas denkbar?

Kretzschmar: Mit dem Begriff Wuchersollte man sehr vorsichtig sein, denn nichtjede überteuerte Leistung hält dem juristischenBegriff des Wuchers stand. Neben dem auffälligenMissverhältnis zwischen Ware und Preis (Überschreitungvon mindestens 100Prozent) muss der vermeintlicheWucherer zudem bewusst eine Zwangslage oderUnerfahrenheit des Geschäftspartners ausnutzen.

Dennoch: Können Sie als Verbraucherschützerbei extremen Preissteigerungen nicht eingreifen?

Kretzschmar: Wir können wie jederVerbraucher selbst mit den Verursachern reden,aber eine rechtliche Handhabe zum Eingreifenhaben wir nicht, weil es in Deutschland keinGesetz gibt, das die Preisgestaltung festlegt.Jeder Händler kann die Preise selbst festlegen,und wenn - übertrieben gesagt - der LiterMilch für 50Euro gekauft wird, dann hat derHändler Glück gehabt.

Das vollständige Interview lesen Sie in der Printausgabe vom 27.5.