Merseburg Merseburg: Das sexuelle Wesen Mensch
MERSEBURG/MZ. - 22 Studenten sind jetzt angetreten, um den Menschen als "sexuelles Wesen mit seinen Wünschen und Bedürfnissen zu begreifen". Sie sind die ersten, die den weiterführenden Masterstudiengang "Angewandte Sexualwissenschaften" studieren. Und sie sind die einzigen, die an einer deutschen Hochschule dazu in dieser Form Gelegenheit haben.
Die Studenten sollen später in allen Bereichen arbeiten, in denen Bildung und Beratung etwa zu den Themen Partnerschaft, Familienplanung, Kinderschutz, Schwangerschaft und Aids gefragt sind. "Hauptziel ist es, den Menschen zu helfen, eine selbstbestimmte Sexualität zu leben", sagt Harald Stumpe vom Fachbereich Soziale Arbeit, Medien und Kultur an der Hochschule Merseburg.
Er war es, der vor 16 Jahren den großen Bedarf von Fachleuten auf diesem Gebiet zu seinem Thema machte. In Merseburg etablierte der Sozialmediziner zunächst eine Schwerpunktausbildung Sexualpädagogik und Familienplanung. Es folgten das Modellprojekt "Zusatzausbildung Sexualpädagogik" und der 2001 akkreditierte gebührenpflichtige Weiterbildungsmaster Sexualpädagogik und Familienplanung. Der neue Master hat nun inhaltlich den doppelten Umfang des bisherigen und umfasst unter anderem soziologische, geschichtliche, biologische, politische und rechtswissenschaftliche Aspekte der Sexualwissenschaften. Das Lehrteam, zu dem neben Stumpe auch die Professorin für Familienplanung Ulrike Busch und der Sozialpsychologe Konrad Weller gehören, ist damit am Ziel jahrelanger Bemühungen.
Werbung sei für den neuen Master kaum notwendig gewesen, so Stumpe. Sogar aus Tschechien ist einer der Studenten angereist, weil es dort keinen vergleichbaren Studiengang gibt. "Ich habe Deutsch und Geschichte auf Lehramt studiert. Es gibt aber kaum Lehrer, die Sexualpädagogik unterrichten können", erklärt Ales Svoboda seine Motivation für das Studium. "Sexualpädagogik ist emphatisch, sie beschäftigt sich mit einer elementaren Frage des Lebens", ergänzen Doreen Schlater und Isabel Eckhardt, die in Merseburg bereits den Bachelor in Sozialer Arbeit gemacht haben. Es gebe einen riesigen Bedarf an Fachleuten in Schulen und Kindergärten, aber auch in der Erwachsenenbildung und sogar in Seniorenheimen, sagen sie. Trotzdem: "Angewandte Sexualwissenschaften" zu studieren, heißt auch immer wieder, Vorurteile abzubauen. "Viele denken, man sei jetzt auch im privaten Bereich Sex-Experte", sagt Eckhardt. "Dabei ist ein Drogenberater doch auch nicht drogenabhängig."