Menthol und Kirsche Menthol und Kirsche: Geburtstag in der «Bonbonküche»

Groß-Gerau/dpa. - Pro Stunde könnten im Werk desKonsumgüterkonzerns Procter & Gamble im südhessischen Groß-Gerau biszu 80 000 Bonbons gemacht werden, sagt der Leiter derQualitätskontrolle, Uwe Engeroff. In diesem Jahr werden die «Wick»-Hustenbonbons 50 Jahre alt.
Die ersten «Wicks» wurden 1956 in Deutschland hergestellt, sieschmeckten nach Eukalyptus oder Wildkirsche. Die dreieckige Form derBonbons sei damals eine Innovation gewesen, sagt Torben Erbrath,Sprecher des Bundesverbandes der Deutschen Süßwarenindustrie in Bonn.Hustenbonbons habe es aber schon im 19. Jahrhundert gegeben. InDeutschland produzieren nach Angaben des Verbandes mehr als zweiDutzend Unternehmen Hustenbonbons. Die «Wicks» haben nach Angaben vonProcter & Gamble auf dem deutschen Bonbonmarkt einen Anteil von rundzehn Prozent. Größter Mitbewerber seien die Kräuterbonbons desSchweizer Unternehmens Ricola.
Procter & Gamble hat im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben mehrals zwei Milliarden Bonbons in dem südhessischen Werk produziert,etwa die Hälfte davon wurde in Deutschland verkauft. Mit der anderenHälfte seien Hustenbonbon-Fans in den anderen europäischen Ländernund im Nahen Osten versorgt worden, sagt Produktionsleiter GunnarLanghof. In der Hochsaison im Herbst und Winter laufen die Maschinenan sechs Tagen in der Woche 24 Stunden lang, in der übrigen Zeit anvier Tagen. Insgesamt werden in Groß-Gerau elf verschiedene Sortengemacht - darunter auch «Wick Blau», die in einem Werbespot aus den80er Jahren dem erkälteten Tarzan seine Stimme zurückgaben.
Die wichtigsten Zutaten in der «Bonbonküche» sind Zucker undGlucosesirup. Bei zuckerfreien Bonbons werden sie durch denAustauschstoff Isomalt ersetzt. Eine Rührmaschine vermischt dieStoffe mit Wasser. «Mit Hilfe eines Wiegesystems können wirkontinuierlich Bonbongrundmasse produzieren», erklärt Engeroff. Dieflüssige Lösung wird in bis zu 25 Meter langen Kochschlangen auf rund150 Grad erhitzt.
«Das Wasser muss dem Teig dann wieder entzogen werden, schließlichsollen die Bonbons stabil und nicht klebrig sein», erklärt derExperte. Mit dünnen Röhrchen werden roter Farbstoff, Menthol undKirscharoma in die Masse gemischt, ein Computer steuert die genaueMenge. Eine andere Maschine in der großen Produktionshalle fülltjeweils 20 der geprägten und abgekühlten Bonbons in kleinePappschachteln. Bonbons, die nicht die richtige Größe haben, werdenvorher aussortiert.
Für die Entwicklung neuer Bonbonsorten gibt es in Groß-Geraueinen Experten, einen so genannten Sensoristen. Von der Idee für eineneue Geschmacksrichtung bis zum Verkauf der Bonbonsorte dauert esetwa neun Monate. «Die Geschmäcker sind verschieden», sagt Langhof.Während in Deutschland vor allem fruchtige Sorten gefragt seien,griffen die Niederländer oder Skandinavier auch gern zu Bonbons mitLakritzgeschmack. Auch darüber, wie man die Bonbons isst, gingen dieMeinungen auseinander, erklärt der Produktionsleiter. Manche lassensie langsam auf der Zunge zergehen. Andere machen es lieber wie in«Wick-Werbespots», in denen es heißt: «Jetzt zerbeiß' ich's.»
Den Grundstein für «Wick» legte der Apotheker Lunsford Richardson1890 in den USA. Als sein Sohn Husten und Atembeschwerden hatte,erfand er eine Erkältungssalbe. Später folgten andere Produkte wieHustensaft und Halsbonbons. An welchem Tag genau das erste «Wick»-Hustenbonbon geprägt wurde, ist nach Angaben des Unternehmens abernicht überliefert.