Magdeburg Magdeburg: Der doppelte Dreh beim Absinth

Magdeburg/ddp. - Absinth hat sich zum Glücksbringer entwickelt. In den zurückliegenden knapp zwei Jahren avancierte das hochprozentige Kultgetränk des 19. Jahrhunderts in der Magdeburger Abtshof GmbH zum Renner. «Rund zehn Prozent unseres Umsatzes gehen gegenwärtig auf das Konto der grünen Fee», freut sich Geschäftsführer Gerhard Mette. Bei einem für 2003 angepeilten Geschäft von fast zehn Millionen Euro eine beachtliche Summe, die innerhalb eines Jahres mehr als verdoppelt wurde. Dabei zeigt der deutsche Spirituosenmarkt nach wie vor sinkende Tendenz. Drei bis vier Prozent Rückgang sei gegenwärtig in der Branche normal und treffe praktisch jeden Hersteller, sagt Mette. Da gelte es, mit Pfiffigkeit gegenzusteuern.
Bei Abtshof liegen Mini-Koffer für den Verkauf bereit. Neben einer neuen kleinen Flasche des «Absinth 66» enthält die «Reise(Apo)theke» nicht nur den passenden Löffel nebst Glas für Absinthzeremonien sowie ein Rezept- und Geschichtenbüchlein sondern auch noch ein Medizinfläschchen. Der Inhalt entpuppt sich bei näherer Betrachtung als Innovation. «Thujon 33» mit seinen 40 Volumenprozenten will zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Als Kräuterbitter darf er 35 Milligramm Thujon je Liter enthalten. Für Absinth genehmigt der Gesetzgeber gerade einmal 10 Milligramm und damit etwa ein Zehntel dessen, was bis zu dessen Verbot im Jahre 1923 üblich war.
Wermutöl gibt beiden Getränken eine berauschende Wirkung. Der Extrakt beinhaltet den erwähnten Wirkstoff Thujon, der eine ähnliche Molekularstruktur besitzt wie der Wirkstoff der Cannabispflanze. Gerhard Mette nennt es «den doppelten Dreh», wenn nun beide Getränke gemixt werden können. Doping für die grüne Fee, denn nach deren Genuss soll dem Konsumenten durchaus die Dame mitunter höchstpersönlich erscheinen. Die Wahrheit für den Kosenamen liegt jedoch in den Farbstoffen des Wermuts. Der Geschmack kommt unter anderem von Anis, Fenchel, Melisse und Koriander.
Mit Absinth gelingt der Abtshof GmbH inzwischen ein florierender Export. Lieferungen gehen bis nach Polen und Österreich, die Niederlande und Dänemark stehen Gewehr bei Fuß. Für das kommende Jahr kündigt Mette jetzt bereits den nächsten Absinth an. Zum 80. Geburtstag des Unternehmens wird er sich 80-prozentig geben. Die Rezeptur steht nach vielen Verkostungen fest, lediglich eine attraktive Flasche sei noch nicht gefunden. In Deutschland gibt es gegenwärtig nur annähernd ein halbes Dutzend Produzenten für die grüne Fee. Hochburgen sind dagegen Spanien und Italien.
Absinth ist wieder hoffähig geworden. Vor allem in der Altersgruppe zwischen 25 und 35 Jahren wird er gern getrunken. Das Trinkritual der Absintheure hat sich kaum verändert. Auf dem Löffel liegender Würfelzucker wird mit dem Hochprozentigen getränkt und angezündet. Sobald er Blasen wirft und karamellisiert, taucht der «Experte» den Löffel in den restlichen Absinth und mischt sofort mit eiskaltem Wasser im Verhältnis 1:1.