Kunstblumen Kunstblumen: Blüten aus Sebnitz betrügen die Augen

Sebnitz/dpa. - Im Laden im Haus Deutsche Kunstblume lassen sich die Besucher vonder Pracht verzaubern. «Gerne werden ein Blütenstiel, kleine Sträußeoder ganze Arrangements zur Dekoration gekauft», sagt Jürgen Donath,Leiter des Hauses. Die Kostbarkeiten haben ihren Preis, sind abereinzigartig. «Mit Massenware aus Fernost, mit viel Plastik undaufgesteckten Blättern und Blüten haben die Sebnitzer Blumen nichtszu tun.» Vom Zuschneiden der Blütenblätter, über das Prägen undFärben bis zum Stecken der Blüte: alles nur Handarbeit.
Jedes Seidenstoffblättchen wird einzeln aufgenommen, in einPrägeeisen gelegt und mit Druck und Wärme geformt. In filigranerPuzzlearbeit lässt Meisterin Ramona Ehrlichmann Stück für Stück eineBlüte entstehen. «Jede ist ein Unikat», sagt sie. Selbst Knüppel und Sämchen stimmen bis aufs I-Tüpfelchen mit der Natur überein. Amschwierigsten seien Pflanzen mit winzigen Köpfen wie Hahnenfuß, Klee,Kamille oder Glockenblume. Ehrlichmann beweist eine ruhige Hand:jedes Blättchen kommt an den richtigen Platz.
«Und hier liegt das Dilemma: Handarbeit hat ihren Preis», sagtDonath. Nach dem Ende der DDR konnte mit Fernostware nichtkonkurriert werden. Zu DDR-Zeiten wurde weit unter Herstellungskostenverkauft. Damit war nach der Wende Schluss - 3200 Menschen verlorenin der Region ihre Arbeit.
Im 19. Jahrhundert war Sebnitz Europas Hochburg in derSeidenblumenherstellung. Böhmische Blumenmacher hatten das Handwerk nach Sachsen gebracht. Um 1900 gab es in der Stadt bereits mehr als 200 Firmen. Dreiviertel des damaligen Weltmarktbedarfs kam von hier.
An diese Geschichte knüpft das Haus Deutsche Kunstblume an, das2002 eröffnet wurde. Schauwerkstatt, Laden und das umfangreicheArchiv fanden hier ein neues Zuhause. In zig Musterkartons sind rund5000 verschiedene Blumen zu finden. Zum Fundus gehören auch rund120 000 Stanz- und Prägeeisen für Blätter. «Die Mitarbeiter holensich da von Zeit zu Zeit Anregungen», erzählt Donath.
Die neun fest angestellten Mitarbeiter sowie ABM-Kräfte gehören zuden Fremdenverkehrsbetrieben Sebnitz. «Das Haus ist einBesuchermagnet», sagt Betriebsleiter Erik Beckert. 35 000 Gäste kamenim vergangenen Jahr. Beckert und Donath wissen, dass es trotz allerBemühungen nie wieder eine Produktion wie früher geben wird. Dieletzten Kunstblumenfacharbeiter - ein Beruf, den es seit der Wendenicht mehr gibt - arbeiten jetzt vor Publikum. Und viele Gästeversuchen sich auch selbst am «Blümeln».