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Handel Handel: Geschenkesuche als Schnäppchenjagd

Von Christoph Sator 11.12.2002, 18:23
Einkaufszentrum (Foto: dpa)
Einkaufszentrum (Foto: dpa) dpa

Berlin/dpa. - Es weihnachtet längst schon wieder in den Geschäften. Aber vielerorts hat sich die Dekoration in den zuletzt verändert - zwischen Tannenschmuck und Lichterketten leuchten plötzlich auch Prozentzeichen. Was früher undenkbar war, ist keine Seltenheit mehr: Noch vor dem Fest purzeln die Preise. Die neuen Mottos lauten «Geiz ist geil» (Saturn) oder «Lasst uns froh und preiswert sein» (C&A). Die Geschenkesuche wird zur Schnäppchenjagd - aus Sicht des Einzelhandels das traurige Ende eines verkorksten Jahres.

Wirtschaftsflaute und «Teuro»-Frust sorgten dafür, dass die Geschäfte 2002 so schlecht liefen wie seit langem nicht mehr. «Die Kauflaune ist auf einem absoluten Tiefpunkt angelangt», sagt der Konsumforscher Rolf Bürkl. Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) spricht sogar vom schlechtesten Jahr der Nachkriegszeit. Mangels Geld in den Kassen mussten mehr als 9000 Einzelhändler Insolvenz anmelden. Am meisten klagen Möbelgeschäfte und Modehäuser.

Auf höchstens noch 373 Milliarden Euro - sechs Milliarden weniger als 2001 - wird der Gesamtumsatz des Einzelhandels in diesem Jahr geschätzt. Auch das Weihnachtsgeschäft wird daran nicht mehr viel ändern. Mit Rabatten überall werden die Kunden zwar endlich in die Geschäfte gelockt - aber in den meisten Fällen treibt das weder den Umsatz ausreichend in die Höhe noch bleibt viel an Gewinn übrig. Die ersten beiden Adventswochen liegen bereits hinter den Erwartungen zurück.

Langsam setzt sich die Erkenntnis durch, dass sich der Handel mit den Kampfpreisen auf dünnem Eis bewegt. «Wir haben viel zu viel mit allen möglichen Rabatten experimentiert», sagte HDE-Geschäftsführer Hubertus Pellengahr. «Jetzt warten die Leute ab, ob es irgendwo noch billiger wird.» Der Chef des größten deutschen Kaufhauses KaDeWe in Berlin, Volker Weihe, pflichtet bei: «Bei Nachlässen von 40 oder 50 Prozent wissen die Verbraucher doch gar nicht mehr, welcher Preis noch angemessen ist.»

Also gehen die Kunden dorthin, wo sie sich bei niedrigen Preisen auf Qualität verlassen können. Auf diese Weise wurden Discount- Geschäfte wie die Modekette Hennes&Mauritz, die Kaufhäuser von StraussInnovation und natürlich Aldi zu den Krisengewinnlern. Inmitten all der Klagen jubeln sie über teils zweistellige Zuwachsraten. Und nach Meinung der Experten werden sie auch noch zu den Gewinnern zählen, wenn die Krise irgendwann einmal vorüber ist.

Im nächsten Jahr wird das vermutlich noch nicht der Fall sein. Der HDE geht auch für 2003 von einem Umsatz-Minus aus, wenn auch nur noch von 0,5 Prozent. Die Hoffnung richtet sich darauf, dass Rot-Grün nun endlich das Ladenschluss-Gesetz weiter lockern will: Auch samstags sollen die Geschäfte künftig bis 20.00 Uhr geöffnet sein. Und einige Erwartungen hat der Einzelhandel auch in das neue Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. Dann soll zumindest klar sein, welche der vielen Rabatte nun erlaubt sind und welche nicht.