Kommunalwahl 2024 AfD holt die meisten Stimmen im Wittenberger Stadtrat - auch CDU legt zu
Bei der Kommunalwahl hat die AfD die meisten Stimmen im Wittenberger Stadtrat geholt. Auch die CDU legt zu. Verluste bei Ampelparteien, Linken und Freien Wählern.
Wittenberg/MZ. - Die Mehrheitsverhältnisse im Wittenberger Stadtrat haben sich mit der Stadtratswahl am Sonntag deutlich zugunsten der AfD verschoben. 25,76 Prozent und damit einen Prozentpunkt mehr als die zweitplatzierte CDU fuhren die Kandidaten um Fraktionschef Volker Scheurell ein. Beide Parteien können nun zehn Vertreter entsenden.
Kommunalwahl in Wittenberg: AfD gewinnt Stadtratswahl vor CDU
Scheurell alleine erhielt mit über 8.400 Stimmen weit mehr als alle anderen Kandidaten. Schon bei der Wahl 2019 hatte der damalige Stadtratsneuling über 4.800 Stimmen gesammelt. Damals vermuteten viele eine Verwechslung mit seinem Bruder, dem CDU-Urgestein Frank Scheurell.
Und heute? „Ich denke, dass es auch daran liegt, dass ich in den vergangenen fünf Jahren viele Wähler persönlich kennengelernt habe“, sagte Volker Scheurell der MZ am Montag.
Denen habe er zeigen können, dass er mehr Demokrat sei, als viele, die sich damit brüsteten. Auch die bundespolitische Entwicklung habe der AfD sicherlich zum Aufschwung verholfen. Die Unzufriedenheit aufgrund von Inflation und den generellen Entscheidungen auf Bundesebene habe großen Anteil am Stimmenzuwachs, glaubt Scheurell.
Außerdem geht er davon aus, dass man gerade bei den Erstwählern ab 16 Jahren gut abgeschnitten habe. „Wenn man Jugendlichen sagt, was sie zu tun haben, dann erzeugt das das Gegenteil“, meint der AfD-Fraktionschef. Viele junge Leute hätten an den Wahlständen berichtet, dass es in ihren Schulen Veranstaltungen gegen rechtsextreme Bestrebungen geben habe und dass ihnen geraten worden sei, deswegen nicht die AfD zu wählen. „Die haben sich dann aber Feuerzeuge und Ballons mitgenommen“, sagt Scheurell.
CDU steigert Ergebnis - Verluste bei SPD, Grünen und Linken
Die CDU konnte im Vergleich zur Wahl 2019 mehr Stimmen sammeln, rutscht aufgrund der Stärke der AfD allerdings auf den zweiten Platz. „Wir haben sogar wieder Sitze dazugewonnen“, sagt Fraktionschefin Bettina Lange. Sie habe aber einen „tiefen Frust“ in der Bevölkerung erkannt, von dem sie nicht gedacht hätte, dass er sich neben der Europa- auch stark auf die Kommunalwahl auswirke. „Dort geht es ja eigentlich um die Personen.“
Doch nun sei die Linke halbiert, ebenso die Grünen, die SPD habe ebenfalls verloren, wenngleich im Stadtparlament noch auf moderatem Niveau. „Da hat sich die Unzufriedenheit mit der Bundespolitik ordentlich ausgewirkt“, meint Lange. Diejenigen, die sich für die AfD entschieden hätten, „das sind nicht alles Radikale“, sagt sie. Vielmehr sei der Frust dort das vorherrschende Thema.
Dass sich gerade Jugendliche in den sozialen Medien, wo die AfD insbesondere mit bundesweiten Themen stark vertreten ist, beeinflussen ließen, hält sie für wahrscheinlich. „Die geben denen das Gefühl: Wir sind da und hören euch zu“. Dabei sehe sie das eigene Abschneiden bei den Erstwählern ebenfalls als gut an.
Schlechte Stimmung bei den Linken nach Stadtratswahl
Bei der Linken ist die Stimmung am Montag erwartungsgemäß schlecht. Parteiurgestein Horst Dübner hatte sich nach 34 Jahren Arbeit in den Kommunalparlamenten verabschiedet. Allein das habe schon einen deutlichen Verlust an den Wahlurnen bedeutet, glaubt auch Parteikollege und Sprecher Uwe Loos. „Es ist ein Einschnitt, einen über Jahrzehnte erfahrenen Stadtrat zu verlieren. Er war immer ein Garant für Stimmen.“
Man habe auch wegen der unglücklichen Lage der Partei auf Bundesebene mit Verlusten gerechnet, dass sich dies so stark auswirke, habe man aber nicht vorhergesehen. „Immerhin sind wir noch in jedem Stadtrat im Kreis vertreten“, sagt Loos. Schon an den Wahlständen habe man die Erfahrung gemacht, dass die Bundespolitik die vorherrschende Rolle spiele, um lokale Themen sei es immer seltener gegangen.
SPD kämpft gegen den „Genossen Trend“
Glücklich mit dem Ergebnis für den Stadtrat ist man auch bei der SPD nicht. Fraktionschef Reinhard Rauschning ist schon lange dabei. An ein Ergebnis, wie es AfD-Mann Scheurell eingefahren hat, kann er sich nicht erinnern.
Dafür, dass die Regierungspartei SPD bei der Europawahl eher schlecht abgeschnitten habe, sei man mit dem Verlust eines Stadtratssitzes noch recht glimpflich davongekommen, meint Rauschning. „Gegen den Genossen ,Trend‘ kann man nicht so viel machen“, meint er.
Die Freien Wähler müssen auf zwei Sitze verzichten, und sind nun drittstärkste Kraft. Dass die beiden Gewinner der Europawahl, AfD und CDU, auch im Stadtparlament vorne stehen, sieht auch Fraktionschef Stefan Kretschmar als fortgesetzten Trend. Immerhin seien die Freien Wähler in den Ortschaftsräten stark vertreten.