Kommunalwahl im Saalekreis Kreistagswahl: Ist Putin für Sie ein Vorbild, Herr Tillschneider?
Welche Ziele und Konzepte haben die Parteien und Vereine, die in allen Wahlkreisen zur Kreistagswahl antreten, für die Zukunft des Saalekreises? Die MZ fragt nach. Folge 2: AfD. Hans-Thomas Tillschneider erklärt, warum seine Partei auf kommunaler Ebene auf Antipolitik setzt und Russland für ihn auch im Kreis ein Wahlkampfthema ist.
Querfurt/MZ - Die rechtsextreme AfD war bei der Kreistagswahl 2019 zweitstärkste Kraft. Im Juni will sie mehr. Kreischef Hans-Thomas Tillschneider erklärt im Gespräch mit Robert Briest, warum seine Partei auf kommunaler Ebene auf Antipolitik setzt und Russland für ihn auch im Kreis ein Wahlkampfthema ist.
Dass die AfD in Querfurt keinen Bürgermeisterkandidaten stellt, begründeten Sie jüngst so: Solange die AfD nicht wenigstens im Land regiere, sei der Bürgermeister gezwungen, schlechte Gesetze der „Altparteien“ umzusetzen. Die Gesetze gelten doch aber auch für Kreistag und Stadträte. Warum stellen Sie dann für diese Kandidaten auf?
Hans-Thomas Tillschneider: Weil sie anders als der Bürgermeister die Vertretung der Bürger sind. Die Aufgabe der Gremien besteht darin, die Verwaltung zu überwachen. Die Schwierigkeit besteht selbstverständlich darin, dass wir nach Gesetzen verwalten, die wir nicht gemacht haben. Die Frage ist, wie man in diesem Rahmen handelt. Ich denke, dass man als Stadt- oder Gemeinderat mehr Möglichkeiten hat als der Bürgermeister. In dem gesetzten Rahmen nutzen wir alle Möglichkeiten, Widerstand zu leisten. Das ändert sich natürlich schlagartig, wenn wir eine AfD-Landesregierung haben. Dann wird sich unsere Kommunalpolitik um 180 Grad ändern.
Bis es so weit sein sollte, wollen Sie also auf kommunaler Ebene nicht zusammenarbeiten, sondern eine Antipolitik fahren?
Selbstverständlich. Sonst würden wir ja das Spiel der Altparteien mitspielen. Das hätten die wohl gerne, dass wir uns anstrengen, dass die schlechten Auswirkungen ihrer schlechten Gesetze abgemildert werden.
Mit welchen drei Kernzielen versuchen Sie Wähler zu gewinnen?
Das wichtigste Thema ist die Energiewende und das Gebäudeenergiegesetz. Das wurde nur zum Schein entschärft. Denn bis 2028 sind Kommunen verpflichtet, eine Wärmeplanung aufzustellen. Den Schwarzen Peter der Sanierungspflicht hat man jetzt den Gemeinden zugeschoben, die jetzt den Leuten sagen: „Dein Haus erfüllt die Energiestandards nicht, du musst sanieren.“ Dagegen wehren wir uns mit aller Kraft. Es ist ein Übergriff, wie man ihn nur aus Diktaturen kennt.
Mit der kommunalen Wärmeplanung ist doch gar kein Sanierungszwang verbunden. Es geht doch darum, dass Kommunen den Hausbesitzern aufzeigen, wo welche Wärmequellen künftig zur Verfügung stehen.
Es geht auch darum, wie man sanieren muss, wo was zulässig ist. Wir werden alles tun, um einen Sanierungszwang abzuwenden.
Es handelt sich um ein Bundesgesetz. Was wollen Sie da auf kommunaler Ebene machen?
Es gibt viele Möglichkeiten bis hin zum zivilen Ungehorsam. Ein Antibeispiel ist Querfurt, wo man jetzt schon in vorauseilendem Gehorsam eine Flächenplanung für Photovoltaikanlagen vorgelegt hat. Lassen wir es doch einfach. Was wollen sie denn machen, wenn 60 Prozent der Kommunen keine Wärmeplanung vorlegen?
Was wäre Ihr zweites Thema?
Flüchtlinge. Wir stellen im Kreistag den Antrag zu überprüfen, ob ukrainische Flüchtlinge noch zu Recht Sozialleistungen erhalten. Wir fordern Sachleistungen statt Geldleistungen. Wir wollen alle Möglichkeiten ausschöpfen, die der Kreis hat, um Flüchtlingen zu zeigen, ihr habt nur ein Gastrecht auf Zeit. Ganz wichtig ist uns die Heimunterbringung. Das dritte Thema ist Russland. Die Sanktionen führen dazu, dass die Energiepreise immer teurer werden. Die Wirtschaft leidet darunter. Wir wollen da entgegenarbeiten. Das geht auch auf kommunaler Ebene.
Außenpolitik ist doch aber ureigenste Aufgabe des Bundes.
Es gibt ja Städtepartnerschaften. Sollte es uns gelingen in irgendeinem Gremium, sei es Kreistag oder Stadtrat, eine Mehrheit zu bekommen, werden wir eine Städtepartnerschaft mit einer russischen Stadt begründen – als Zeichen.
Sie haben zuletzt oft Ihre Verbundenheit zu Russland gezeigt, haben kürzlich Präsident Putin zur Wiederwahl gratuliert. Ist Putin für Sie ein Vorbild?
Vorab muss ich sagen: Ich billige natürlich nicht den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg. Aber man muss unabhängig vom Ukrainekonflikt sehen, dass Putin den Karren aus dem Dreck geholt hat. Jelzin war ein Trunkenbold, der sich dem Westen unterworfen und sein Land ausverkauft hat. Unter Putin geht es den Menschen kontinuierlich besser. Er hat die Oligarchen in die Schranken gewiesen. Als ich in Rostow war, haben wir niemanden gefunden, der Putin kritisierte.
Es gibt in Russland eine Unterdrückung der Opposition. Die meisten internationalen Beobachter haben die Wahl für nicht frei bewertet. Wenn Sie Russland als Vorbild ansehen …
Angesichts des Umstandes, wie man hier mit der AfD umgeht, ihr Verbot fordert, mache ich mir mehr Sorgen um die Demokratie in Deutschland als in Russland.
Beim Thema Basedow-Klinikum sind Sie meist nah bei anderen Parteien. Im Wahlprogramm spricht sich die AfD aber nur für den Erhalt des Klinikums in Merseburg aus. Ist Querfurt entbehrlich?
Nein. Das ist dann falsch dargestellt. Natürlich meinen wir auch Querfurt. Uns ist es wichtig, dass Gesundheit nicht zum Geschäft verkommt. Dann wird sie teuer und schlecht. Die USA sind das beste Beispiel dafür. Deswegen sagen wir: Krankenhäuser in kommunale Hand.
Das Basedow hat einen Investitionsstau von 22 Millionen Euro. Wie weit kann der Kreis bei der Unterstützung gehen?
Wenn der Saalekreis überfordert ist, muss eben das Land oder der Bund einspringen. Anstatt 50 Milliarden an das Selenskyj-Regime zu verplempern, hätte man vielleicht ein bundesweites Rettungsprogramm für Krankenhäuser auflegen können. Es ist genug Geld da. Es wird nur falsch ausgegeben.
Der Kreis kann aber erstmal nur das Geld ausgeben, was er hat.
Es geht aber viel über politische Kommunikation. Wir müssen Widerstand leisten. Es gibt kein richtiges Leben im Falschen. Auch im Kreis gibt es Sparpotentiale, wenn auch eher geringe. Gerade das Zeug mit dem „Weltoffenen Saalekreis“. Da zahlt der Kreis nicht allzu viel zu, aber das wollen wir alles einstellen.
Sie fordern, dass Schulen aus dem Programm „Schule gegen Rassismus“ austreten. Warum ist es schlimm, wenn Schulen über Rassismus aufklären?
(stöhnt) Weil es nicht um Rassismus geht. Es ist ein Etikettenschwindel. Rassismus ist die Abwertung ihrer Menschen aufgrund der Hautfarbe. Das lehnt die AfD ab. Deutscher sein ist meiner Meinung nach keine Frage der Abstammung, sondern der Überzeugung. Der Rassismus, wie er in dem Programm verstanden wird, ist bis zur Beliebigkeit ausgedehnt. Demnach wäre die AfD-Forderung nach einer restriktiven Migrationspolitik Rassismus. Der Begriff wird überdehnt, um legitime rechte Positionen zu delegitimieren. Das Programm bekämpft die patriotische Opposition an Schulen.
Geht es nicht um Artikel 3 Grundgesetz: Niemand darf wegen der Herkunft, seines Glaubens diskriminiert werden …
Aber diskriminiert heißt ja nicht, dass alle die gleichen Rechte haben. Diskriminierung ist die rechtsgrundlose Ungleichbehandlung. Artikel 3 heißt nicht, dass alle die gleichen Rechte haben. Aber die Globalisten streben danach, die Unterschiede aufzuheben. Sie wollen einen Weltstaat, deshalb soll es keinen Unterschied zwischen Bürger- und Menschenrechten geben. Darauf arbeitet dieses Scheißprogramm hin. Es ist gefährliche politische Propaganda.
Die AfD verspricht, neue Photovoltaikanlagen und Windräder im Saalekreis zu verhindern. Wie wollen Sie das im Kreistag praktisch erreichen?
Ein Verfahren sieht auf mehreren Stufen Bürgerbeteiligung vor. Hier ist der Hauptstoß des Widerstandes die Unterstützung von Bürgerinitiativen. Wir werden von Anfang an so großen politischen Druck erzeugen, dass es nicht genehmigt wird. Wenn Bürgermeister und Rat an einem Strang ziehen, kann die Genehmigung versagt werden.
Mit diesen Kandidaten tritt die AfD an:
Die Alternative für Deutschland schickt in den vier Wahlbereichen für die Kreistagswahl im Saalekreis am 9. Juni insgesamt 34 Kandidaten ins Rennen. Sie verteilen sich wie folgt:
Im Wahlbereich I (Braunsbedra-Merseburg): Daniel Wald, Daniel Schneider, Manuela Krause, Uwe Arendt, Rüdiger Abitzsch, Holm Kluknavsky, Michael Poprawa, Alexander Semko.
Im Wahlbereich II (Bad Dürrenberg-Kabelsketal): Stefan Wust, Gerrit Gromball, Edgar Idel, Rüdiger Patzsch, Lutz Rose, Michael Hell.
Im Wahlbereich III (Nördlicher Saalekreis): Florian Schröder, Marcel Pries, Lutz-Michael Henjes, Jörg Engler, Janine Gieseler-Lange, Jürgen Wiederhold, Thomas Haschke, Katja Röth, Kerstin Lehmann.
Im Wahlbereich IV (Teutschenthal-Bad Lauchstädt-Querfurt): Hans-Thomas Tillschneider, Rick Heinze, Nana Jablonski, Hans-Dieter Förster, Jana Förster, Dieter Weidemann, Jürgen Wolfram, Bernd Koch, Frank Sauer, Gudrun Gorges, Wieland Gorges