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FDP, Grüne, SPD Die Wahlverlierer im Saalekreis: Keine Chance gegen Berlin

Die Ampel im Bund hat derzeit ein so schlechtes Ansehen wie kaum eine Vorgängerregierung. Für SPD, Grüne und FDP im Saalekreis war das ein zu schwerer Ballast. Sie verloren viele Sitze und flogen aus Räten. Doch es gab auch lokale Ausnahmen.

Von Robert Briest Aktualisiert: 12.06.2024, 15:38
Die Ampelparteien hatten mit Gegenwind aus Berlin zu kämpfen.
Die Ampelparteien hatten mit Gegenwind aus Berlin zu kämpfen. Fotos: Briest

Merseburg/Wettin/MZ. - Richard Hermanowski ist das schlechte Abschneiden seiner Partei wohl nicht anzurechnen. Schließlich ist der vor drei Jahren aus Aachen nach Merseburg gezogene Förderschullehrer erst seit einem Monat Chef der Saalekreis-Grünen. Vorgängerin Martina Hoffmann hatte Anfang Mai aus Frust über eine Entscheidung des Landesverbandes zu Gentechnik in der Landwirtschaft den Posten geräumt. Daher ist es nun an Hermanowski zu kommentieren, was am Sonntag an den Urnen passiert ist.

Grüne fliegen raus

„Es ist eine große Niederlage für uns, aber auch für die Demokratie“, ordnete er ein. Es mache ihn aber stolz, dass sie angesichts der Randbedingungen noch ein paar Prozent geholt hätten. 3,02 waren es für den Kreistag genau, weniger als die Hälfte von 2019. In einigen Regionen wie dem Weida-Land steht sogar eine Eins vor dem Komma, nur in Wettin-Löbejün, der Heimat von Christof Rupf, einem von nur noch zwei Vertretern in neuen Kreistag kam die Partei auf 7,2 Prozent.

In den Räten der Kommunen sieht es im Südkreis ähnlich aus. In Querfurt, Bad Lauchstädt und Weida-Land flogen die Grünen raus. In Bad Dürrenberg schaffte es keine aus dem Kandidatinnenquintett in den Rat. Nur in Schkopau und Merseburg ist die Partei künftig noch vertreten.

In der Kreisstadt ist Hermanowski einer der beiden künftigen Stadträte. Zu den Rahmenbedingungen gehört die Arbeit der Ampelregierung im Bund. Diese wird in Umfragen äußerst schlecht bewertet, beziehungsweise – aus Sicht der Grünen – öffentlich so wahrgenommen. Die Grünen wurden im Wahlkampf zum Ziel von verbalen Aggressionen und Vandalismus an Plakaten. „Die politische Großwetterlage hilft uns nicht“, sagt Hermanowski.

Bald soll es eine Mitgliederversammlung geben, auf der die Resultate ausgewertet und Ideen für den bald beginnenden Bundestagswahlkampf gesammelt werden sollen. Der Kreischef gibt sich kämpferisch. „Wir werden jetzt sicher nicht den Kopf in den Sand stecken. Wir stehen weiterhin für das, wofür wir angegriffen werden: Weltoffenheit, Toleranz, Multikulti.“

Ein Einbruch bei den Kommunalwahlen ereilte aber auch die anderen beiden Ampelparteien. Die SPD verlor im Kreistag 2,4 Prozentpunkte (jetzt 9,7 Prozent) und einen Sitz, die FDP drittelte ihr Ergebnis von 2019 fast auf 3,7 Prozent. Im neuen Kreistag werden noch zwei Liberale vertreten sein. Kreischefin Ramona Hoyer zählt nicht dazu. „Ich habe auch die Frage gestellt, ob ich das Problem bin“, berichtet die Wettinerin. Doch die Mitglieder im Kreisverband, mit denen sie gesprochen habe, seien einhellig der Meinung gewesen, dass das schlechte Abschneiden auf die Politik im Bund zurückzuführen sei. „Es ist uns nicht gelungen, mit kommunalpolitischen Themen zu den Wählern durchzudringen. Vielleicht ist unser Profil auch nicht mehr scharf genug, um zu zeigen, wir stehen in der Mitte.“

Personenwahl in den Kommunen des Saalekreises

Erfolge gab es für die Liberalen kaum, in ihrer einstigen Hochburg Querfurt gewannen sie zwei Sitze, einzig in Bad Dürrenberg konnten sie mit drei Ratssitzen ihr Ergebnis von 2019 fast halten. Dort haben die Liberalen mit Marcus Diessner und Dirk Taschner allerdings auch zwei lokal sehr präsente Akteure im Stadtrat gehabt.

Auch SPD-Kreischef Patrick Wanzek sieht trotz der Verluste schon einen Unterschied zwischen Europa- und Kommunalwahl. Bei Letzterer hätten die Wähler stärker darauf geachtet, wer vor Ort die Entscheidungen trifft: „Es gibt Leute, die zu mir sagen: Eigentlich AfD, aber dich kann ich wählen, Patrick.“ Die These von einer – zumindest in Teilen – Personenwahl auf lokaler Ebene, stützt sich durchaus auf Zahlen. In Schkopau, Wanzeks Heimatgemeinde, konnte die SPD leicht zulegen. Bei der Kreistagswahl profitierten die Sozialdemokraten in Querfurt und Umgebung von der Popularität von Bürgermeister Andreas Nette, in Barnstädt war die SPD sogar stärkste Kraft. Allerdings büßten die Sozialdemokraten in Merseburgs Stadtrat fünf ihrer bisher elf Sitze ein.

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Grafik: MRM/Bischof

„Dass wir keinen Rückenwind aus Berlin hatten, war klar“, ordnet Patrick Wanzek das Abschneiden im Kreis ein – und fügt an: Inhaltlich sei er mit dem, was die Regierung in Berlin mache, eigentlich einverstanden: „Aber die Kommunikation ist miserabel. Dass etwas verkündet wird und fünf Minuten später wieder Streit ausbricht, muss sich ändern.“ Das würde den Genossen im Saalekreis den Wahlkampf für die Bundestagswahl 2025 erleichtern. Den könnten sie vielleicht auch stärker im Netz führen. Denn Wanzek hat noch eine Erkenntnis aus der Kommunalwahl gezogen: „Die AfD hat von ihrer Präsenz im Social Media profitiert.“