Wirtschaft, Infrastruktur, Sicherheit Schöne Grüße nach Berlin - was Sachsen-Anhalts Regierung von der neuen Koalition erwartet
Die neue Bundesregierung steht längst noch nicht, bekommt aber schon Einträge aus Magdeburg ins Aufgabenheft. Was die sachsen-anhaltische Landesregierung fordert.

Magdeburg/MZ - Regierungsmitglieder aus Sachsen-Anhalt haben hohe Erwartungen an eine neue Bundesregierung formuliert. Zu den dringend nötigen Sofortmaßnahmen gehören aus Sicht von Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) und den stellvertretenden Regierungschefs Armin Willingmann (SPD) und Lydia Hüskens (FDP) spürbare Hilfen für die energieintensive Industrie und Investitionen in die Infrastruktur des Landes. „Alle Industriearbeitsplätze, die energieintensiv sind, haben in Deutschland derzeit keine Chance“, sagte Haseloff am Dienstag in Magdeburg. Es müsse verhindert werden, dass solche Unternehmen abwanderten, sagte er.
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Nach der Bundestagswahl am Sonntag loten CDU und SPD die künftige Zusammenarbeit in einer neuen Bundesregierung aus. Sachsen-Anhalts Energieminister Willingmann betonte, dass er deutlich mehr Unterstützung für die Industrie erwarte. „Wir brauchen dringend reduzierte Energiepreise, dazu gibt es Modelle“, betonte er. „Das ist eine wesentliche Erwartung an die neue Bundesregierung.“ Konkret forderte Willingmann eine Senkung der Netzentgelte.
Landesregierung hat Chemieindustrie im Fokus
Vor allem die Chemieindustrie in Sachsen-Anhalts Süden leidet seit 2022 unter stark gestiegenen Energiepreisen. Zur Senkung der Kosten forderte Willingmann auch die konsequente Umsetzung der deutschen Kraftwerkstrategie: Es müssten Gaskraftwerke zugebaut werden, es gebe bereits jahrelangen Verzug. „Hier muss es einfach weitergehen“, sagte der SPD-Politiker.
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Mit Blick auf nötige Investitionen drängte Willingmann zudem auf eine schnelle Reform der Schuldenbremse – es brauche eine „Intelligente Schuldenbremse“, die Investitionen nicht verhindere, legte Willingmann dar. Er halte es auch für „nicht unanständig“, die nötige Verfassungsänderung möglichst zügig zu beschließen. Hintergrund dieser Überlegung: Im künftigen Parlament werden AfD und Linke zusammen gut ein Drittel der Sitze innehaben – Verfassungsänderungen sind dann nur noch möglich, wenn mindestens eine dieser Parteien zustimmt. Allerdings besteht in der CDU ein Kooperationsverbot mit beiden Parteien. Deshalb läuft in Berlin eine Debatte, ob die Schuldenbremse womöglich noch vor der Konstituierung des neuen Bundestags beschlossen werden sollte – also mit den alten Mehrheiten.
Willingmann will Schuldenbremse für Investitionen lockern
Dafür spricht laut Willingmann auch die veränderte Weltlage. „Wir sind uns alle im Klaren, dass sich unsere Militärausgaben erhöhen müssen.“ Sachsen-Anhalts Verkehrsministerin Lydia Hüskens zeigte sich zwar skeptisch angesichts der Forderung, die Schuldenbremse zu lockern – zugleich forderte sie am Dienstag aber Sofortmaßnahmen der neuen Bundesregierung gegen die bröckelnde Infrastruktur.
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Viel zu lange sei in Deutschland gedacht worden: „Die Infrastruktur hält schon noch“, so Hüskens. Nun würden aber Brücken und Straßen bröckeln, auch viele Schulen seien Sanierungsfälle. „Die Bürger interessiert es überhaupt nicht, welche Verwaltungsebene zuständig ist“, sagt Hüskens. „Die wollen, dass ihr Staat funktioniert.“ Auch wenn die nötigen Investitionen jetzt kommen sollten, müsse man den Einwohnern wahrscheinlich sagen: „Es wird wahrscheinlich erstmal hässlicher, bevor es besser wird“, so Hüskens.
Verkehrsministerin Hüskens fordert Investitionen in Infrastruktur
Auch im Schienenverkehr müsse die neue Bundesregierung zügig ansetzen. Die neue Koalition müsse laut der Ministerin klären: „Welche Strecken müssen wann saniert werden?“ Gleiches gelte für Straßensanierungen. Hüskens erhob zudem Forderungen mit Blick auf das Wohngeld, das seit einer Reform im Jahr 2023 von deutlich mehr Familien mit niedrigem Einkommen beantragt werden kann. „Da erwarten wir vom Bund eine höhere Kostenübernahme“, sagte die FDP-Politikerin. „Wir merken, dass das die Landeshaushalte enorm belastet.“ Das Geld fehle gleichzeitig für andere Investitionen. Im Jahr zahlt Sachsen-Anhalt aktuell rund 120 Millionen Euro.
Mit Blick auf die Sicherheitspolitik forderte Haseloff zudem, zügig den Datenaustausch deutscher Sicherheitsbehörden zu verbessern. Eine entsprechende neue Datenplattform hat er bereits im Bundesrat beantragt. Hintergrund ist der Anschlag in Magdeburg durch einen polizeibekannten Attentäter.