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Bundestagswahl 2025 Wirtschaft, Arbeit und Migration: Wie SPD-Politiker Aick Pietschmann zu diesen Themen steht

Aick Pietschmann tritt bei der Bundestagswahl im Wahlkreis 73 für die SPD an. Er nennt sich einen „harten Realisten“ und fordert: Wirtschaftspolitik muss den Alltag aller Leute erleichtern.

Von Luise Mosig 10.02.2025, 13:00
Pietschmann wurde laut eigener Aussage durch   9/11 politisiert: „Ich merkte, da gibt’s eine Außenwelt, die scheinbar komplizierter ist als gut und böse.“
Pietschmann wurde laut eigener Aussage durch 9/11 politisiert: „Ich merkte, da gibt’s eine Außenwelt, die scheinbar komplizierter ist als gut und böse.“ Foto: K. Sieler

Langeneichstädt/MZ. - Im Kalender von Aick Pietschmann sind wenige Wochen vor der Bundestagswahl kaum Lücken zu finden. „Heute Morgen war ich beim Bürgermeister in Mansfeld, vorhin in Sangerhausen bei der Awo, und in zwei Stunden geht’s in die Nachtschicht“, erzählt der SPD-Direktkandidat im Wahlkreis 73 beim Termin mit der MZ.

Pietschmann arbeitet in der Endfertigung eines Herstellers von Synthesekautschuk in Schkopau. „Es ist ein schöner Job, aber auch anstrengend“, sagt der 37-Jährige. Es sei „wie Kraftsport in der Sauna“, denn bei weit über 30 Grad Celsius und bei hoher Luftfeuchtigkeit steche er den Kautschuk aus.

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Pietschmanns Kernforderung lautet: Vollbeschäftigung

Pietschmann stammt aus einer Tischlerfamilie, hat 2009 die Ausbildung zum Chemikanten bei einem Produzenten synthetischer Edelsteine in Thalheim bei Bitterfeld-Wolfen abgeschlossen. Mitten in den Ausläufern der Finanzkrise fand er trotz guter Noten keinen Job.

„Wo sparen die Leute in Krisenzeiten zuerst? Beim Schmuck“, erinnert er sich. Firmen, bei denen er Aussicht auf Übernahme hatte, sagten ihm kurzfristig doch ab: Einstellungsstopp. „Ich bin ins Nichts gefallen.“ Es ist eine von mehreren Phasen seines Lebens, die ihn politisch geprägt haben.

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Eine seiner Kernforderungen heute lautet: Vollbeschäftigung. „Der Staat muss alles dafür tun, dass Menschen arbeiten gehen können.“ Die Betonung liegt dabei auf „können, nicht müssen“. Als Beispiel zählt der SPD-Politiker die rund 400.000 Frauen auf, die laut dem Deutschen Gewerkschaftsbund hierzulande unfreiwillig in Teilzeit arbeiten, weil sie sich um Kinder oder andere Familienangehörige kümmern müssen.

„Sie sind in diesen Teilzeitmodellen gefangen, gerade für alleinerziehende Mütter ist das ein echtes Problem“, moniert Pietschmann.

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Forderung nach ausreichend Kitaplätzen und Betreuungszeiten

Hier kommt eine weitere Situation ins Spiel, die Pietschmanns Sicht auf die Welt entscheidend geprägt hat. „Als Sohn einer alleinerziehenden Mutter weiß ich, was es für ein Kind bedeutet, wenn Mama erst spät heimkommt, weil sie Überstunden machen musste, um ihre Rechnungen zu bezahlen.“

Pietschmann sieht den Staat in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass es ausreichend Kitaplätze und Betreuungszeiten gebe. „Wenn das die Gemeinden nicht allein schaffen, müssen Bund und Länder einen Kompromiss finden, damit die Kommunen genügend Geld haben.“

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Dass diese Probleme bisher nicht grundsätzlich angepackt wurden, ist für den Mann aus Langeneichstädt ein Grund, weshalb Menschen AfD wählen. „Wir reden die ganze Zeit um diese Probleme herum, müssen aber ganzheitliche Lösungen finden.“

Kein glühender Fan von Olaf Scholz

Einer Strömung innerhalb der SPD will sich Pietschmann nicht zuordnen, er bezeichnet sich als „Pragmatiker“. Er lässt aber so viel durchscheinen: Er ist kein glühender Scholz-Fan („Ich glaube nicht, dass er der Brötchenbringer ist, der uns zum Ziel führt“) und angesprochen auf Faesers aktuelle Migrationspolitik zeigt Pietschmann keine Begeisterung.

„Wenn ich mich dafür so sehr feiere, dass ich es den Leuten so schwer gemacht habe, hierherzukommen, finde ich daran nichts toll.“ In der Migrationsdebatte mache die Frage nach den sogenannten Pull-Faktoren, also die Anreize, wenig Sinn.

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„Ganz ehrlich: Wenn die Leute hierherkommen wollen, dann kommen sie hier her.“ Ziel müsse es sein, solche Bedingungen in den Herkunftsländern zu schaffen, dass die Menschen sich nicht gezwungen sähen, wegzugehen.

SPD-Politiker ist gegen die Schuldenbremse

Hinsichtlich seiner Kernthemen Wirtschaft und Arbeitsmarkt fordert Pietschmann, ganz im Sinne des Pragmatismus, den Blick mehr auf die Ergebnisse einer bestimmten Politik zu richten. „Nur, weil etwas machbar ist, heißt das nicht, dass es auch sinnvoll ist.“

Pietschmann spricht sich gegen die Schuldenbremse aus, am liebsten würde er sie abschaffen. „Niemand versucht sich ein Haus zu kaufen, indem er sein ganzes Leben spart, bis er im Alter genug Geld für den Kauf hat. Man nimmt ja in der Regel einen Kredit auf und lebt bis zum Tag, an dem der Kredit abbezahlt ist, zufrieden in diesem Haus.“

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Aus „ideologischen Gründen“ von der Politik ganz andere Maßstäbe zu verlangen, hält er für widersprüchlich. „Schulden aufzunehmen ist nicht so schlimm, wie viele immer sagen.“

Zur Person Aick Pietschmann

Aick Pietschmann ist 37 Jahre alt und wohnt in Langeneichstädt. Er ist Vater eines vierjährigen Sohnes und arbeitet als Chemikant in Schkopau. Er ist Mitglied der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE).

Seit 2015 ist Pietschmann Mitglied der SPD, seit einigen Jahren ist er Beisitzer im Landesvorstand seiner Partei. Früher war er bei den Jusos aktiv. Pietschmann ist Mitglied im Ortschaftsrat Langeneichstädt.

In seiner Freizeit singt er in einer Metalband und übt verschiedene Ehrenämter aus: Er ist Vertrauensmann in seinem Betrieb, außerdem Mitglied im Müchelner Kulturverein United Forces.