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Bundestagswahl 2025

Bundestagswahl 2025 Mit Video: Schlagabtausch zu Migration, Sicherheit und Armut: Kandidaten des Wahlkreis 73 stellen sich den Fragen

Direktkandidaten des Wahlkreises 73 von AfD, CDU, SPD, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Einzelbewerber Robert Farle diskutieren beim MZ-Wahlforum. Wie die Kandidaten zum Thema Migration und Bürgergeld stehen. Eine Zusammenfassung des Abends:

Aktualisiert: 06.02.2025, 12:30
Beim MZ-Wahlforum stellten sich die Kandidaten (v.l.) Moritz Eichelmann (FDP) als Vertreter für Jan Czekanowski, Kay-Uwe Ziegler (AfD), Robert Farle, Aick Pietschmann (SPD), Frank Wyszkowski (CDU), Marco Beckmann (Grüne) und Matthias Schütz (Linke) den Fragen der Chefreporter Joel Stubert und Robert Briest (M.).
Beim MZ-Wahlforum stellten sich die Kandidaten (v.l.) Moritz Eichelmann (FDP) als Vertreter für Jan Czekanowski, Kay-Uwe Ziegler (AfD), Robert Farle, Aick Pietschmann (SPD), Frank Wyszkowski (CDU), Marco Beckmann (Grüne) und Matthias Schütz (Linke) den Fragen der Chefreporter Joel Stubert und Robert Briest (M.). (Foto: Katrin Sieler)

Querfurt/MZ. - Migration, Bürgergeld, Verschuldung der Kommunen: Über diese und weitere Themen wurde am Dienstagabend mit Bundestagskandidaten aus dem Wahlkreis 73 beim rund zweistündigen Wahlforum auf Burg Querfurt diskutiert, zu dem der Saalekreis gemeinsam mit der Mitteldeutschen Zeitung eingeladen hatte. Rund 80 Besucher war dazu in den Saal der Burgmusikschule gekommen.

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Kandidaten des Wahlkreis 73 stellen sich den Fragen

Bundestagswahl: Kandidaten aus Wahlkreis 73 stellen sich vor

Zum Wahlkreis 73 gehören der Landkreis Mansfeld-Südharz, Teile des Saalekreises und Kommunen des Altkreises Köthen. Folgende Kandidaten waren in Querfurt auf dem Podium vertreten: Frank Wyszkowski (CDU), Kay-Uwe Ziegler (AfD), Aick Pietschmann (SPD), Matthias Schütz (Die Linke), Marco Beckmann (Bündnis 90/Die Grünen), Robert Farle (Einzelbewerber) sowie Moritz Eichelmann, der für die FDP im Wahlkreis 72 (Burgenlandkreis/Saalekreis) antritt und in Querfurt den FDP-Kandidaten Jan Czekanowski vertrat. Eichelmann nahm nicht an der Vorstellungsrunde teil, für die jeder Kandidat 90 Sekunden Zeit hatte.

Danach traten alle in die Diskussionsrunde ein, in der Joel Stubert und Robert Briest, Leiter der MZ-Lokalredaktionen Sangerhausen und Merseburg, Fragen zu verschiedenen Themenkomplexen stellten. Anke Losack und Beate Thomashausen haben die Aussagen zusammengefasst.

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Wie die Bundestagskandidaten zum Thema Migration stehen

1. Sehen Sie ein Migrationsproblem? Wenn ja, wie dem begegnen?

Eichelmann (FDP): Migrationsproblem - Ja, sehr deutlich. Es muss gehandelt werden. Wir haben letzte Woche im Bundestag gesehen. Es geht, man kann Lösungen vorlegen. Wir müssen erstmal gucken, wer kommt ins Land rein, wir müssen uns die Grenzen angucken. Das ist bei 3.000 Kilometer Grenze nicht einfach, das ist mir bewusst.

Schütz (Linke): In vielen Branchen sind viele Menschen mit Migrationshintergrund beschäftigt. Diese Scheindebatte, jetzt alle Menschen mit Migrationshintergrund als schlecht hinzustellen, finde ich schlicht fatal.

Ziegler (AfD): Ich sehe das natürlich anders. Am Freitag im Bundestag ist klar geworden, dass nur eine Partei vollumfänglich gesagt hat, wir wollen das Migrationsproblem beheben. Das heißt in erster Linie, dass wir anfangen, unsere Grenzen zu kontrollieren - zu kontrollieren, wer rein will und zu gucken, ob der überhaupt einen Anspruch hat. Und wenn das nicht so ist, müssen die Leute an der Grenze abgewiesen werden.

Beckmann (Grüne): Wir können die deutschen Grenzen aktuell nicht schließen und nicht kontrollieren. Wir haben schlichtweg das Personal nicht. Es gibt tatsächlich aktuell eine Lösung für das Migrationsproblem, das nennt sich GEAS – das Gemeinsame Europäische Asylsystem. Die GEAS-Reform geht davon aus, dass dieses Problem an den europäischen Grenzen gelöst werden kann.

Farle (Einzelbewerber): Wir müssen die Migrationsproblematik dahingehend lösen, dass wir die Migration fördern, wo Ausländer in unser Land kommen, die einen Beitrag zu unserem Volksvermögen und zu unserem Bruttoinlandsprodukt leisten, die auch in unsere Sozialkassen einzahlen, die sich integrieren und mitmachen. Aber diejenigen, die straffällig werden, die unsere Regeln und Gesetze nicht einhalten, die müssen zurückgewiesen werden.

Wyszkowski (CDU): Es gibt den Fünf-Punkte-Plan, von dem man in den letzten Tagen sehr oft gehört hat. Viele Menschen integrieren sich durch Arbeit. Deswegen müssen wir auch die Gesetze dementsprechend anpassen. Es kann nicht sein, wenn sie zu uns kommen und hier arbeiten möchten, dass wir sie nicht beschäftigt kriegen, weil es die Gesetze nicht hergeben.

Pietschmann (SPD): Wir haben kein Problem mit Leuten, die regulär in den Arbeitsmarkt einwandern. Es gibt aber natürlich Probleme mit Kriminalität. Die Debatte letzte Woche im Bundestag halte ich für Theater: Weil nichts, was in diesem Gesetz behandelt wurde, hätte die Taten, die als Anlass für das Gesetz vorgeschoben werden, verhindert. Was wir haben, ist ein großes Problem mit der Verwaltungsinfrastruktur für Integration.

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Beim MZ-Wahlforum kamen zahlreiche Interessierte in die Burgmusikschule in  Querfurt.
Beim MZ-Wahlforum kamen zahlreiche Interessierte in die Burgmusikschule in Querfurt.
(Foto: Katrin Sieler)

2. Die Täter aus Magdeburg und Aschaffenburg waren den Behörden bereits bekannt. Mangelt es hier an Zusammenarbeit der Behörden? Wie kann das besser werden?

Pietschmann (SPD): Ich sehe zwei Wege: Eine übergeordnete Behörde in der Art des FBI oder die Rasterfahndung, mit der Nummernschilder beispielsweise erfasst werden. Ich bin für eine Kooperation der Behörden und auch für ein Register.

Eichelmann (FDP): Die Behörden schaffen es nicht, miteinander zu kommunizieren. Jeder kocht sein eigenes Süppchen. Wir müssen auch darüber nachdenken, wie so eine Gefährderansprache abläuft und dass danach eigentlich keine Konsequenzen folgen. Ich bin gegen eine verdachtsunabhängige Kennzeichenerfassung.

Schütz (Linke): Es ist alles zu bürokratisch. Schon wenn man nur das Wort Amt hört. Es müssen Hemmnisse abgebaut werden, Ämter auch aufzusuchen. Wir müssen in die Polizei investieren. Bisher wurde da immer nur gestrichen und gespart.

Wyszkowski (CDU): Gerade in Sachsen-Anhalt wird die Polizei aufgestockt. 700 Polizisten werden gerade ausgebildet. Magdeburg kümmert sich um die innere Sicherheit. Der Föderalismus muss aber abgebaut werden. Da muss ein Staat da sein und reagieren, wenn es solche Anschläge wie in Magdeburg gibt.

Farle (Einzelbewerber): Unsere gesetzlichen Bestimmungen reichen aus, die Behörden reichen aus. Wir brauchen nicht noch eine Super-Behörde oben drüber, sondern es müsste in den vorhandenen Einrichtungen der Wille bestehen, jeder Sache nachzugehen – und das umfasst auch die Justiz. Die Behörden müssen zusammenarbeiten.

Ziegler (AfD): Wir sollten nicht an den Symptomen herumdoktern, sondern die Ursachen beheben. Wir müssen sagen, wer hier reinkommen darf und wer nicht reinkommen darf und das müssen wir ganz klar regeln. Und die, die hier sind, müssen, wenn sie sich nicht benehmen, eindeutig und schnell abgeschoben werden – da gibt es kein Wenn und Aber.

Beckmann (Grüne): Sie sprechen unseren Beamten die Kompetenz ab, ihren Job zu erledigen. Das würde ich so nicht stehen lassen. Ich bin sehr bei dem SPD-Kandidaten, die Behörden endlich zusammen arbeiten lassen und wenn möglich auch zusammenzuführen

Wie die Kandidaten aus Wahlkreis 73 zu folgenden Aussagen stehen
Wie die Kandidaten aus Wahlkreis 73 zu folgenden Aussagen stehen
(MZ)

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Bürgergeld, Kinderarmut und soziale Absicherung

3. Weiter so mit dem Bürgergeld oder was ist die Alternative?

Eichelmann (FDP): Die Alternative sind Sicherungssysteme, die Leute bedienen, die ehrlich gearbeitet haben und dann unverschuldet zurückfallen. Das sind Systeme, die für die Leute zuständig sind, die eingezahlt haben. Da geht es nicht darum, dass wir das Bürgergeld an einer bestimmten Höhe festsetzen, sondern wer berechtigt ist, es zu empfangen.

Wyszkowski (CDU): Erstmal muss sich Arbeit wieder lohnen. Den Menschen, denen es nicht gut geht, die nicht arbeiten können, den muss natürlich geholfen werden. Das ist keine Frage. Wir müssen Anreize schaffen, dass sich die Arbeit lohnt und nicht, dass sich das Zuhause-Bleiben lohnt.

Beckmann (Grüne): Ja, Arbeit muss sich lohnen. Aber trotzdem brauchen wir eine Grundsicherung. Wir kämpfen schon seit jeher eigentlich für eine Intensivierung des Mindestlohns. Das muss der Hebel sein, um die Leute in Lohn und Arbeit zu führen.

Farle (Einzelbewerber): Es muss eine Sicherung da sein, für den Fall der Not. Wenn einer unverschuldet nicht in der Lage ist, ein vernünftiges Leben zu führen, dann muss er unterstützt werden – das muss gewährleistet sein. Das Bürgergeld ist aber etwas, was ohne jede Gegenleistung bezahlt wird, und das geht nicht.

Pietschmann (SPD): Die beste Art, beim Bürgergeld zu sparen, ist, die Aufstocker loszuwerden durch gute Löhne. Das bedeutet, den 400.000 Frauen, die in Deutschland nicht freiwillig in Teilzeit sind, Vollzeit zu ermöglichen. Arbeit für alle, das muss das Ziel sein.

Ziegler (AfD): Dass wir eine soziale Absicherung brauchen für Menschen, die nicht in der Lage sind, ihr Einkommen in irgendeiner sonstigen Form zu finanzieren, da sind wir auch dafür. Man muss sehen, wie man die Grenze von Bürgergeld zu den Leuten, die zum Mindestlohn arbeiten, so groß macht, dass es sich wieder lohnt, arbeiten zu gehen. Wir haben ein Konzept, das nennt sich die aktivierende Grundsicherung.

Schütz (Linke): Das Bürgergeld soll ja das Existenzminimum sichern. Man muss sich anschauen, wer Bürgergeldbezieher ist: Ein Drittel sind Kinder und Jugendliche. Ich möchte nicht, dass Kinder und Jugendliche erstmal arbeiten, sie sollen erstmal eine Schulbildung bekommen. Weitere große 40 Prozent sind Aufstocker.

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4. Wie wollen Sie Kinderarmut begegnen und Alleinerziehende unterstützen?

Ziegler (AfD): In Kitas und Schulen sollte das Essen gratis sein, so dass die Kinder am Tag wenigstens ein, zwei vernünftige Mahlzeiten bekommen. Wir brauchen auch mehr pädagogische Mitarbeiter an den Schulen, die den Kindern helfen. Es braucht mehr Fürsorge durch die Gesellschaft.

Farle (Einzelbewerber): Die Kinder sind nicht dümmer. Wir müssen sie fördern, so dass etwas dabei rauskommt. Wenn in Klassen 20, 30 Kinder mit fünf, sechs Sprachen unterrichtet werden, müssen wir uns nicht wundern. Das Bildungsniveau ist von Jahr zu Jahr schlechter geworden.

Beckmann (Grüne): Das Kita-Essen zu subventionieren, ist eine Sache der Kommunen. Wohlstand hängt auch immer an der Bildung. Ich habe selbst zwei Kinder in unterschiedlichen Jahrgängen. In den Klassen wird nur eine Sprache gesprochen – deutsch.

Eichelmann (FDP): Ein geringeres Bildungsniveau verringert auch die Aufstiegschancen. Wir brauchen Schulen, wo wir aus Kindern das Beste herausholen. Leistung muss sich lohnen und Arbeit auch. Kinder brauchen wieder die besten Schulen, wo sie auch gefördert werden.

Pietschmann (SPD): Wir müssen in unsere uralten Kitas und Schulen investieren. Da kommen Kosten auf uns zu. Deswegen bin ich zum Beispiel für eine Vermögens- und Erbschaftssteuer, weil das Ländersteuern sind und am Ende zweckgebunden in Kitas und Schulen reinfließen können.

Schütz (Linke): Es ist unsäglich, dass so viele Kinder in Armut leben müssen. Und das verschlechtert sich auch noch von Jahr zu Jahr. Die Kindergrundsicherung ist leider nicht wie versprochen gekommen. Mangelhafte Bildung führt auf so vielen Ebenen zu einer Verschlechterung. Jedes Kind muss bei Klassenfahrten mit dabei sein können. Und kostenfreies Essen in Kitas und Schulen sollte die Regel sein. Die Finanzierung darf man aber nicht allein den Kommunen überlassen.

Wyszkowski (CDU): Mich ärgert es, dass wir 30 Jahre nach der Wende noch immer über Kinderarmut reden müssen. Wir brauchen einen vernünftigen Gesetzentwurf, dem wir parteiübergreifend zustimmen können, um etwas gegen Kinderarmut zu unternehmen.

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Klamme Kassen in Mansfeld-Südharz, im Saalekreis und Köthen

5. Was kann man im Bund dafür tun, dass die Kommunen besser ausfinanziert werden?

Eichelmann (FDP): Das Problem ist, dass der Bund genauso wie das Land immer weiter Umlagen erhöht. Am Ende gibt es wieder Förderprogramme, wo das ganze Geld, das den Kommunen vorher abgenommen wurde, in kleinstteiliger Arbeit wieder Stück für Stück zurückverteilt wird. Ich glaube vor Ort weiß man am besten, wo man das Geld investieren muss. Da braucht es nicht das Land, was irgendwas vorschreibt, da braucht es keine Förderprogramme.

Beckmann (Grüne): Die gezielte Förderung von Projekten ist wichtig. Die Kommunen sollen die Herren ihrer eigenen Finanzen sein. Wenn die Schuldenbremse wegfällt, dann ist der Bund natürlich auch in der Lage, Kommunen noch besser zu unterstützen.

Ziegler (AfD): Der ganze Fördermittel-Wahnsinn muss weg. Wir brauchen eine auskömmliche Finanzierung der Kommunen, das steht ja auch so im Gesetz. Wenn wir anfangen, im Bund bestimmte Sachen nicht mehr zu finanzieren, dann bleibt auch genug Geld übrig für die Kommunen.

Schütz (Linke): Die Schuldenbremse ist eine Zukunftsbremse. Fast alle Kommunen in Deutschland sind blank. Da muss man was ändern. Wir als Linke sagen, da muss man gucken, wo wir Geld herbekommen. Wir lehnen es ab, dass wir bei den Bürgern die Grundsteuer oder Mehrwertsteuer erhöhen, sondern für uns ist die Philosophie: Die starken Schultern müssen endlich in diesem Land auch was leisten, das heißt Einführung der Vermögenssteuer.

Farle (Einzelbewerber): Es ist genug Geld da, aber es wird an der falschen Stelle ausgegeben.

Wyszkowski (CDU): Wenn wir alle wirtschaftlich denken, können wir uns nur das leisten, was wir einnehmen. Und so sollte unser Staat vielleicht auch mal arbeiten, dass wir den einen Euro, den wir oben reinstecken, nicht dreimal verteilen können, sondern nur einmal. Und da müssen wir halt auch mal einen Haushalt stellen, wo wir uns gewisse Sachen leisten können und wo wir uns gewisse Sachen nicht leisten können.

Pietschmann (SPD): Das ist ja Quatsch. Sparen Sie als Privatperson solange, bis sie sich ein Haus oder ein Auto leisten können? Auch in der Wirtschaft sind Schulden üblich. Die Einnahmen des Einen, sind die Ausgaben des Anderen.