Bundestagswahl 2025 „Ich bin ein Mann der Mitte“ - Das will Kandidat Bernd Hartwig in Berlin ändern
Bernd wer? Einzelbewerber Bernd Hartwig ist in weiten Teilen des Wahlkreises 73 unbekannt. Doch das politische Leben des Zehn-Monats-Bürgermeisters von Gerbstedt reicht für mindestens zwei. Was ihn antreibt, warum er überhaupt antritt und was er in Berlin ändern würde.
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Sangerhausen/MZ. - Was kann Politik eigentlich von den Bienen lernen? Bernd Hartwig muss es wissen, denn Politik und Bienen sind seine zwei Leidenschaften. „Die Bienen können durchaus Vorbilder sein“, sagt er. „Sie sind rational, leben in einer perfekt organisierten Gemeinschaft und entscheiden der Sache nach, etwa wenn es darum geht, eine neue Kolonie zu gründen“, so Hartwig. „Bei den Bienen steht das Gemeinwohl über Einzelinteressen.“
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Seit 20 Jahren ist der Gerbstedter Bundestagskandidat schon Bienenzüchter, hat zwischen fünf und zehn Völker und produziert seinen eigenen Honig. Seinen eigenen Senf hingegen will er nun auch hinzugeben, wenn es um die große Politik in Berlin geht.
Bernd Hartwig rechnet sich Chancen aus
Chancen rechnet sich der Einzelbewerber durchaus aus. „Ich habe den Eindruck, die Leute sind nicht so festgelegt“, sagt er. „Aber es ist natürlich schwierig, dass die Leute mich nicht überall so gut kennen.“ Andere haben in einem solchen Fall den Vorteil einer Parteizugehörigkeit, Bernd Hartwig hat ihn nicht und hatte ihn auch noch nie. In seinen nunmehr 21 Jahren in der Kommunalpolitik ist er stets partei- und fraktionslos geblieben.
Aber deshalb nicht ohne Erfolge. Sein größter bisher: Der Sieg bei der Bürgermeisterwahl in Gerbstedt im Jahr 2019. Doch dieser Triumph wurde nur zehn Monate später zu seiner bisher größten Niederlage, denn nicht mal ein Jahr nach Amtsantritt stimmte der Stadtrat der 6.700-Einwohner-Einheitsgemeinde für die Abwahl, wenig später votierten auch die Bürger in einem Volksentscheid gegen ihn.
Zeit als Bürgermeister in Gerbstedt unter keinem guten Stern
Das nagt an Hartwig, dem vor allem der Streit um die Haushaltsgenehmigung und die anschließende Nicht-Öffnung der Freibäder in Augsdorf und Gerbstedt vorgeworfen wurde. „Die Amtszeit stand einfach unter keinem guten Stern“, sagt Hartwig. „Mein erster Arbeitstag war der erste Tag im Lockdown am 15. März 2020, wir hatten noch keinen Haushalt und viele äußere Umstände haben dazu beigetragen“, sagt er. Bei der anschließenden neuen Bürgermeisterwahl trat er wieder an – und unterlag dem CDU-Kandidaten Ulf Döring, den er rund ein Jahr zuvor noch besiegt hatte. „Eine Stadtratsmehrheit wollte mich von Anfang an weg haben und hat es am Ende dann auch geschafft.“
Bei aller Kritik, die Hartwig auch entgegentrat, hat er sich nicht unterkriegen lassen. Sein Weg führte den studierten Mathe- und Physiklehrer, späteren Erzieher und Diplom-Finanzwirt (FH) im Finanzamt Eisleben auch in der Kommunalpolitik eher nach oben. 1994 noch im Gemeinderat des Gerbstedter Ortsteils Ihlewitz, wurde er dort 2001 Bürgermeister, zog 2014 in den Stadtrat Gerbstedt ein, um nach einer verlorenen Bürgermeisterwahl 2016 schließlich drei Jahre später „ganz oben“ anzukommen. Bei der Kreistagswahl 2024 sammelte er 829 Stimmen und wurde in einem politischen Coup und mutmaßlich unter Absprache mit der AfD als Mitglied der Fraktion der Freien Bürger Mitteldeutschland (FBM) sogar zum Kreistagsvorsitzenden gewählt.
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Doch nun will er noch höher hinaus, nach Berlin. „Auf kommunaler Ebene schimpft man ja immer auf den Bund. Die Gesetze werden in Berlin gemacht, dort müssen die Rahmenbedingungen gesetzt werden“, sagt Hartwig. Das wichtigste Thema ist ihm dabei der Zusammenhalt der Gesellschaft. „Wenn die Mitte es nicht mehr schafft, sich zu verständigen, werden die Ränder gestärkt“, sagt er. „Radikale Ansätze haben die Gesellschaft noch nie nach vorne gebracht.“ Er sehe sich „als Mann der Mitte“.
Wirtschaft und Bildung sind Bernd Hartwig wichtig
Als gelernter Lehrer sei ihm auch die Bildung eine Herzenssache. „Klar, es ist Ländersache, aber man muss das alles vereinfachen“, so Hartwig. „Das geht nur über den Bund.“ Er nennt einheitliche Schulbücher als einen Ansatz. „Wir haben zu viele Schulabbrecher und Unterrichtsausfall“, sagt Hartwig, der derzeit als Rechnungsprüfer arbeitet. Für ihn sei auch die Wirtschaft ein Schlüssel für den Erfolg Deutschlands. „Ein starker Arbeitsmarkt und stärkere Kaufkraft müssen geschaffen werden.“ Berlin müsse hier die Rahmenbedingungen setzen, etwa durch eine Sonderwirtschaftszone, um wirtschaftlich abgehängte Regionen zu unterstützen.
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Der Weg nach Berlin indes könnte für Hartwig auch aus einem anderen Grund ein Erlebnis werden – denn auch der Bundestag hat auf dem Dach des Jakob-Heiser-Hause insgesamt zwölf Bienenvölker.
Zur Person
Bernd Hartwig (59), Vater zweier Söhne, stammt aus Pfeiffhausen, Ortsteil von Ihlewitz, das zur Einheitsgemeinde Gerbstedt gehört. Zeit seines politischen Engagements ist er parteilos. Dies habe sich nie ergeben, sagt Hartwig, der 1994 in den Gemeinderat Ihlewitz kam.
Von März 2020 bis Januar 2021 war er Bürgermeister von Gerbstedt, ehe er erst vom Stadtrat und dann per Bürgerentscheid abgewählt wurde. 2024 wurde der Rechnungsprüfer überraschend zum Kreistagsvorsitzenden in MSH. Dort gehört er der Fraktion der FBM an.JOE