Wahlkreis 72 Blauer Triumph im Süden Sachsen-Anhalts: AfD-Landeschef Reichardt holt erstmals Direktmandat
Burgenlandkreis und südlicher Saalekreis gingen seit Jahrzehnten an die CDU. Nun holt Martin Reichardt im Landessüden erstmals das Direktmandat für die AfD – mit riesigem Abstand. Der bisherige Seriensieger Dieter Stier kann trotz der Niederlage auf Berlin hoffen.

Merseburg/MZ. - In der Stunde des Erfolgs war bei AfD-Landeschef Martin Reichardt der Hunger nach mehr zu spüren. Der Griff nach der Macht erscheint dem ehemaligen Soldaten nun möglich. Nicht jetzt im Bund, daran glaubte er nicht, nachdem CDU-Parteichef Friedrich Merz am Sonntagabend noch einmal eine Koalition mit der AfD ausgeschlossen hatte, – aber kommendes Jahr im Land: „Wir haben durch das Ergebnis den Anspruch, nach der Landtagswahl 2026 in Sachsen-Anhalt den Ministerpräsidenten zu stellen.“
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Eine politische Kampfansage. Konkret planen kann der Familienpolitiker Reichardt derweil seit diesem Sonntag mit einer weiteren Legislaturperiode im Deutschen Bundestag – seiner persönlichen Dritten.
Zum ersten Mal wird er dabei mit einem Direktmandat nach Berlin gehen. Der Wahlkreis 72 mit dem Burgenlandkreis sowie Merseburg, Bad Dürrenberg, Schkopau, Leuna und Braunsbedra gewann der 55-Jährige erdrutschartig. Mit 44,4 Prozent fuhr er das stärkste Ergebnis aller AfD-Bewerber im Land ein und muss sich daher nicht Sorgen, dass im Zweifelsfall die Zweitstimmenanteile der Partei nicht für den Einzug aller acht Wahlkreissieger der AfD reichen könnten.

Die Chancen, dass es für Stier eine fünfte Wahlperiode in Berlin gibt, er mit blauem Auge aus der schweren Niederlage gegen Reichardt kommt, standen da jedoch gut. Auf der Landesliste der Christdemokraten steht Stier auf Platz zwei. Da die CDU kein Direktmandat errungen hat, also nur die Landesliste greift, dürfte das reichen.

Wahlkreis 72: Enttäuschung bei FDP-Mann
Mehr Klarheit hatte Reichardt: „Ich freue mich“, kommentierte er das eigene Abschneiden und hatte auch eine Erklärung, warum der Abstand zu Stier diesmal so groß ausfiel: „Das liegt an der Unglaubwürdigkeit der CDU. Man kann nicht den Menschen erzählen, man wolle eine Kehrtwende in der Energiepolitik, in der Migration und schließt dann eine Koalition mit der AfD als einziger Partei aus, mit der man diese Politik umsetzen kann.“
Er prognostizierte, dass seine Partei künftig weiter davon profitieren werde, wenn die CDU unter Merz in einer Koalition mit SPD oder Grünen nicht ihre Versprechungen von vor der Wahl einhalten könne. Gründe für den aktuellen Erfolg sah Reichardt aber auch bei der AfD selbst: „Das liegt daran, dass wir seit Beginn unserer Geschichte Recht behalten haben, sei es bei Corona, bei der Energiepolitik oder bei der Migration.“