Partei-Neuling will Mandat Sören Stefanowicz ist erst seit Januar dieses Jahres Mitglied der AfD
Nun will er für sie auf direktem Weg in den Bundestag einziehen.
Wernigerode/MZ - Nächstenliebe, anderen Menschen zu helfen, gilt als ein Grundwert des Christentums. Sören Stefanowicz, bei der Bundestagswahl Direktkandidat der AfD im Wahlkreis 68, sagt von sich, evangelisch zu sein.
Dass er in sozialen Medien ein Plakat „Null Asyl in Deutschland“ teilt, steht aus seiner Sicht nicht im Widerspruch zu seiner Konfession. „Gegen Kriegsflüchtlinge sind wir nicht“, sagt er. „Wir wollen, dass diesen Leuten geholfen wird, aber vor Ort“, durch Abkommen mit Nachbarländern, „so, wie wir es mit der Türkei gemacht haben“. Seine Partei sei auch nicht rassistisch - „wir haben 48 Nationen bei uns in der Partei“ - und insbesondere der inzwischen offiziell aufgelöste sogenannte Flügel nicht rechtsextrem. „Ich habe alle kennengelernt. Da ist keiner rechtsextrem.“ Die AfD verortet er selbst als „konservativ“, als „Bürgerpartei“. „Das, was wir wollen, ist das, was die CDU früher wollte.“ Seine ersten politischen Schritte ist der 46-Jährige auch bei der CDU gegangen.
„Mein Vater hatte die erste private Glashütte in der DDR“
Geboren und aufgewachsen ist Sören Stefanowicz in Wernigerode; die bunte Stadt ist auch heute sein Zuhause. Nach dem Realschulabschluss absolvierte er in Bayern eine Lehre als Glasgraveur, um danach ins Unternehmen seines Vaters einzusteigen. „Mein Vater hatte die erste private Glashütte in der DDR.“ Doch als er seine Ausbildung 1994 abschloss, war die Firma seines Vaters bereits geschlossen. Sören Stefanowicz eröffnete sein eigenes Geschäft für Glas - „ich habe mit meinem Werkzeug im Schaufenster gesessen und Gläser graviert“ - und Wein. Über die junge Gemeinde, in der er zur Wendezeit sehr aktiv gewesen sei, sei er zur CDU gekommen, 1995 in die Partei ein- und 2005 wieder ausgetreten. Deren Politik mit Angela Merkel an der Spitze habe ihm nicht mehr gefallen, und auch die Zeit habe ihm gefehlt, sagt er.
Denn zwischenzeitlich hatte Sören Stefanowicz sein Hobby komplett zum Beruf gemacht - Musik auflegen: „Schon 1986 habe ich das als Zwölfjähriger im Ferienlager gemacht.“ Bereits 1996 meldete er das Gewerbe an, wurde immer öfter engagiert, so dass er 2001 schließlich sein Ladengeschäft aufgab und sich ganz auf die Arbeit als Discjockey und Moderator konzentrierte.
„Ich bin ja immer noch derselbe Mensch mit denselben Ansichten, die ich schon vor 20 Jahren hatte“
In der AfD, deren Sympathisant er seit 2015 gewesen sei, habe er sich ohnehin engagieren wollen. „Aber man muss auch Zeit haben.“ Als er wegen der Corona-Bestimmungen nicht habe arbeiten können, habe es „gepasst“. Im Januar dieses Jahres trat er in die Partei ein. Er habe gleich die Wahlkampf-Koordination für die vier Direktkandidaten der AfD im Landkreis für die Landtagswahl übernommen und als Medienkoordinator die Medienauftritte des Kreisverbandes aktualisiert, beides ehrenamtlich.
Im März sei er dann als Direktkandidat für die Bundestagswahl vorgeschlagen worden und habe sich auf dem Aufstellungsparteitag gegen einen weiteren Kandidaten mit 80 Prozent der Stimmen durchgesetzt. Er habe viel Zuspruch erfahren, viele neue Freunde gewonnen, sagt Sören Stefanowicz. Er sagt aber ebenso, dass er „viele Anfeindungen“ erlebe, Wahlplakate zerstört würden. Und dass sich in den vergangenen Monaten viele im Freundeskreis und mancher aus der Familie von ihm abgewandt habe, was ihn auch enttäusche: „Ich bin ja immer noch derselbe Mensch mit denselben Ansichten, die ich schon vor 20 Jahren hatte.“
Einzug mit Direktmandat
Sein Ziel sei es, mit dem Direktmandat für die AfD in den Bundestag einzuziehen, sagt Stefanowicz. „Ich stehe nicht auf der Liste.“ Im Fall seiner Wahl möchte er sich insbesondere für die Rentner engagieren. „Die Rente wird besteuert, reicht hinten und vorn nicht“, das höre er an Infoständen immer wieder, sagt er. „Und es kann nicht sein, dass die Rente im Osten und Westen immer noch unterschiedlich ist.“ Ebenfalls besonders einsetzen möchte er sich dafür, Familien zu stärken, sagt der Vater zweier Kinder, der geschieden ist.