Zweimener Johannisbier Zweimener Johannisbier: «Apothekerschnaps» gegen Eichenlaub
Zweimen/MZ. - Gegen neun Uhr kommt die erste Pause. "Ein bisschen aufwärmen", sagt Erhard Eckardt, und er meint es ganz offensichtlich auch so. "Immerhin bin ich bei dem Wetter schon seit fünf Uhr auf den Beinen." Was im Prinzip richtig ist, aber eigentlich auch falsch. Denn auf den Beinen waren im wahrsten Sinne des Wortes eigentlich nur seine zwei Pferde, die die Kutsche samt Kutscher von Witzschersdorf nach Zweimen zogen. Seit fünf Jahren ist Eckhardt mit seinen Vierbeinern beim Johannisbier dabei. "Doch so kalt war es wohl noch nie." Das sagen auch die Blasmusiker der Zöschener Kapelle Edelweiß, die mit der Witzschersdorfer Kutsche durch das Dorf gefahren werden. Jetzt aber erst einmal Rast machen im bekannten Gasthaus Zwarg.
Johannisbierfest in Zweimen, eine mehr als hundertjährige Tradition in diesem Aue-Dorf. Wie lange genau allerdings die Historie reicht, das vermag niemand zu sagen. Auch nicht Günther Schurig, der stellvertretende Vorsitzende des 1995 gegründeten Johannisbiervereins. "Wir haben bis heute noch keine Unterlagen gefunden, die Rückschlüsse auf das konkrete Alter dieser Tradition zulassen. Aber bereits mein Vater und mein Opa haben davon gesprochen. Also kann man zumindest davon ausgehen, dass es ein solches Fest schon mehr als 100 Jahre gibt." Mit Kränzen aus Eichenlaub zieht die Runde von Haus zu Haus. Die Gebinde finden dann in aller Regel an der Hoftür ihren Platz, sollen so Böses vom Haus fernhalten. Sagt jedenfalls die Überlieferung. Etwa 115 Kränze haben die Vereinsmitglieder sowie Helfer diesmal hergestellt. Fast das ganze Dorf packt da mit an. Der Zug rollt. Günther Schurig und Mario Laufer, Vereins- und Gemeinderatsmitglied, klingeln an jeder Tür. Die Kränze werden rüber gereicht, im Gegenzug gibt es so manche Flasche "Apothekerschnaps". Oder auch gleich mal ein Gläschen in aller Frühe. Zum Aufwärmen, gewissermaßen. Um das kam Kranzausträger Laufer auch bei der Familie Trabitzsch nicht herum. Zumal Hausherrin Ilse Trabitzsch in früheren Jahren mal seine Kindergartentante in Dölkau war. "Da war er allerdings noch ein bisschen kleiner, nicht wahr, Mario?" Und wie zur Bestätigung wird noch einmal nachgeschenkt. Wie gesagt, zum Aufwärmen.
Stephanie und Jasmin halten derweil die Sammelbüchsen hin, schließlich braucht der Verein jede Mark. Und die beiden Mädchen bekamen da auch allerhand zusammen. "Wir haben das Heimatfest in eigener Regie, da spielt Geld natürlich immer eine Rolle. Sponsoren unterstützen uns, auch die Gemeinde tut, was sie kann. Aber es ist eigentlich immer ein Drahtseilakt." Schurig setzt deshalb auch weiterhin auf die Aktivitäten der 25 Vereinsmitglieder und der vielen Helfer. Schließlich geht es nicht nur um das Ausfahren der Eichenlaubkränze, sondern um ein erlebnisreiches dreitägiges Heimatfest. Und das lief dann trotz des ziemlich üblen Wetters auch stimmungsvoll über die Bühne. Zum Aufwärmen hatte man schließlich genug.