Zwei Uraufführungen beim Jubiläum der Hersfelder Festspiele

Bad Hersfeld - Mit dem „Club der toten Dichter” wird im nächsten Sommer die 70. Saison der Bad Hersfelder Festspiele eröffnet. Intendant Jörn Hinkel ist nicht nur Regisseur, sondern auch am Drehbuch der Bühnenfassung maßgeblich beteiligt, wie die Festspiele am Montag mitteilten. Hinkel arbeitet dabei mit dem US-Amerikaner Tom Schulman, der auch das Drehbuch zum Hollywood-Kino-Erfolg schrieb und dafür 1990 mit dem Oscar ausgezeichnet wurde.
Er freue sich ganz besonders, die Rechte an der Theaterfassung des Dramas bekommen zu haben, sagte Hinkel bei der Vorstellung der neuen Spielzeit. Genau wie der Protagonist im „Club der toten Dichter” nahm er dazu nicht wie gewohnt auf dem Podium Platz, sondern stellte sich gemeinsam mit Regisseur Gil Mehmert auf einen Tisch und erklärte: „Bei den 70. Festspielen erzählen wir von Menschen, die sich auf Tische stellen, damit sie einen anderen Blickwinkel einnehmen können.” Im Schauspiel geht es um den Englischlehrer John Keating, der seine Schüler im konservativen Neuengland der frühen 1960er-Jahre dazu animiert, selbst zu denken, statt vorgekautes Wissen unreflektiert zu wiederholen.
Mehmert, der in Bad Hersfeld zuletzt erfolgreich „Hair” inszenierte, führt Regie bei der zweiten Uraufführung: Im Musical „Goethe” werden vor allem die jungen Jahre des bekannten deutschen Dichters abgebildet, der sich in seinem Jurastudium nicht wohlfühlt und um neue Ausdrucksmittel ringt. Der Regisseur ist gleichzeitig Autor des Stücks, dessen Vorlage der gleichnamige Kinofilm von Philipp Stölzl aus dem Jahr 2010 ist. Musik und Songtexte stammen von Martin Lingnau und Frank Ramond, mit denen Mehmert zum Beispiel auch das erfolgreiche Musical „Das Wunder von Bern” entwickelte.
Außerdem erstmals in Bad Hersfeld zu sehen sind das Volksstück „Italienische Nacht” und die Komödie „Extrawurst”. In dem Schauspiel des Ungarn Ödön von Horváth, das Tina Lanik inszeniert, geht es um die Verführung von Menschen mit Worten - ein Thema, das in Zeiten von AfD und Co. Aktualität besitze wie nie, sagte Hinkel. Während er trotz ernster Thematik im Stück auch einige Komik verspricht, steht genau diese an der Außenspielstätte im Schloss Eichhof ganz im Vordergrund. Mit „Extrawurst” (Regie: Bettina Wills) wird hier eine rasante Komödie aufgeführt, die aus der Feder der Comedy-Autoren Dietmar Jacobs und Moritz Netenjakob (unter anderem „Ladykracher”, „Stromberg”) stammt.
Als Wiederaufnahme aus dem vergangenen Jahr steht das Kinderstück „Emil und die Detektive” unter Regie von Rainer Niermann im Programm. Nach dem großen Erfolg in den Jahren 2016 und 2017 wird zudem das Musical „My Fair lady” (Regie: Cush Jung) wiederaufgenommen. Für ihn eine passende Wahl, erklärte Hinkel, da es hier genau wie in allen anderen Stücken 2020 um die Kraft der Sprache gehe.
Die Bad Hersfelder Festspiele werden alljährlich im Sommer aufgeführt und zählen zu den bekanntesten Freilicht-Theaterfestivals in Deutschland. Ihre 70. Spielzeit findet vom 26. Juni bis 23. August 2020 statt. In der Vorsaison strömten knapp 96 000 Zuschauer zu den Vorstellungen in Europas größte romanische Kirchenruine. (dpa/lhe)