Wolfgang Fahrian Wolfgang Fahrian: «Der da oben wollte mich noch nicht»

Köln/dapd. - Er war 234 Tage im Krankenhaus ans Bett gefesselt,lag zwei Monate im Koma, nahm von 112 auf 78 Kilo ab: WolfgangFahrian rang zwischen Oktober 2009 und Mai 2010 nach einemHerzinfarkt mit dem Tod. Jetzt geht es dem zehnmaligen deutschenFußball-Nationaltorhüter und WM-Teilnehmer von 1962 in Chile wiederbesser. «Der da oben wollte mich noch nicht», sagt Fahrian derNachrichtenagentur dapd über «die schlimmste Zeit meines Lebens».
Medizinisches Tagebuch
Und Ehefrau Karoloa, mit der er 48 Jahre verheiratet ist,schildert den Leidensweg ihres Mannes so: «Wir haben in einerParallelwelt gelebt, Weihnachten und Geburtstag fielen in dieseZeit, es war deprimierend.» Tochter Andrea führte ein medizinischesTagebuch über das Krankheitsbild ihres Vaters. «Meine Familie warimmer für mich da, sie hat alles für mich getan», sagt der Vaterdreier Töchter und Großvater von sechs Enkeln voller Dankbarkeit. ImKreise seiner Lieben feiert Fahrian am 31. Mai seinen 70.Geburtstag.
«Ich bin froh, dass ich den 70. erleben darf», sagt der inKöln-Delbrück lebende Fahrian. Mit Radfahren, auf dem Laufband undmit Golf hält er sich fit. Und er will er auch wieder seineTätigkeit als Spielerberater aufnehmen. Der einst reaktionsschnelleSchlussmann war so etwas wie ein stiller Regent derTransfergeschäfte. Von der Kölner Südstadt aus zog er die Fäden überganz Europa. Kevin-Prince Boating, Tim Wiese, Grafite, Rafinha oderJürgen Kohler sind oder waren unter anderem seine Klienten.
«Schwarze Schafe gibt es überall»
Fahrian weiß, dass Spielerberater nicht den besten Ruf haben. «Esgibt solche und solche, schwarze Schafe gibt es überall», sagt er.Beim sogenannten Bauherrenmodell in den 60er Jahren verlor mancherFußball-Profi sein Vermögen wegen unseriöser Machenschaften vonBeratern. «Da sind viele auf die Schnauze gefallen», sagt Fahrian.
Zufälle spielten in seinem Leben eine Rolle - bestimmten seineFußball-Karriere. Denn eigentlich war Fahrian ein passablerFeldspieler. Als Verteidiger wurde er württembergischerA-Jugendmeister, wurde in die süddeutsche Jugendauswahl berufen. EinNachbar namens Dieter Wirthwein sagte eines Tages zu Fahrian: «Duliegst so oft am Boden - warum wirst du nicht Torwart?»
WM-Debüt am Geburtstag
Gesagt, getan. Aus dem Verlegenheitskeeper wurde einNationalspieler. Einer Sensation gleich kam die Nominierung desZweitligaspielers aus Ulm für das Länderspiel 1962 gegen Uruguay.Fahrian bewährte sich beim 3:0. Bundestrainer Sepp Herbergernominierte ihn neben Hans Tilkowski, Günter Sawitzki, GünterBernard, Fritz Ewert und Horst Kirsch für die WM 1962 in Chile.
Fahrians Chancen auf die WM schienen dahin, als er im Frühjahr1962 einen Bänderriss erlitt. «Sie humpeln ja noch», sagte Herbergervor dem WM-Lehrgang der Nationalmannschaft. Aber DFB-Masseur ErichDeuser machte Fahrian fit. Der Torhüter gab an seinem 21. Geburtstagsein WM-Debüt und blieb beim 0:0 gegen Italien ohne Gegentor.Deutschland wurde nach Siegen gegen die Schweiz (2:1) und Chile(2:0) Gruppensieger. In Viertelfinale folgte das WM-Aus gegenJugoslawien.
Nach Sperre nicht mehr die Nummer eins
1964 kehrte Fahrian Zweitligist Ulm 46 den Rücken undunterschrieb bei Hertha BSC. Er geriet aber in die Mühlen derDFB-Justiz, weil er sich den Wechsel bezahlen ließ. Doch Zuwendungenin Form von Handgeldern waren laut Vertragsspielerstatut nichterlaubt. Ihm wurde ein Jahr Sperre aufgebrummt, die später auf sechsMonate reduziert wurde. Fahrian verpasste die WM 1966 in England:«Das war ein harter Schlag für mich.» Und er schaffte die Rückkehrins Nationalteam nicht mehr.
Jean Löring, Präsident und Mäzen von Fortuna Köln, wo Fahrian zumEnde seiner Karriere spielte, riet dem Torhüter damals: «Du kennstim Fußball doch Gott und die Welt. Mach was im Fußball.» Er wurdeSpielerberater und gilt bis heute als Branchenführer.