Wohnen Wohnen: Wenn das Sofa zum Himmel stinkt

Nürnberg/dpa. - Auch Teppiche, Matratzen, Schränke oder ganzeEinbauküchen können, wenn sie neu sind, kräftig ausdampfen. Das istnicht nur lästig, sondern unter Umständen auch gesundheitsschädlich.
«Geruch kann natürlich ein Hinweis auf erhöhteSchadstoffkonzentrationen sein, muss aber nicht», sagt RainerWeiskirchen vom TÜV Rheinland LGA in Nürnberg. In den ersten Tagensei es völlig normal, dass neue Möbel einen speziellen Geruchverströmen. «Klingt das aber nicht innerhalb weniger Wochen ab,sollte auf jeden Fall auf Schadstoffe überprüft werden», rät ElkeBruns von der Arbeitsgemeinschaft ökologischer Forschungsinstitute inSpringe-Eldagsen (Niedersachsen).
Möbel können allerdings auch mit Schadstoffen belastet sein, diegeruchlos sind und an der Oberfläche des Möbels haften oder in ihremMaterial enthalten sind, ergänzt Weiskirchen. Wirklich klären könnendas nur Profis: Labore, die sich auf Innenraummessungen spezialisierthaben, messen das Raumklima oder untersuchen die Möbel in speziellenPrüfkammern.
Die Gefahr, die von zu vielen Schadstoffen in Möbeln ausgeht, istfür den, der ihnen täglich ausgesetzt ist, schließlich nichtunerheblich. «Das geht bei Augenbrennen und -rötungen los, überSchlaf- und Konzentrationsstörungen bis hin zu Atemproblemen undSchleimhautreizungen, starken Kopfschmerzen und Erbrechen», warnt UtaMaria Schmidt von der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz in Mainz.
Am besten ist daher, solche ungesunden Möbel gar nicht erst inseigene Haus zu holen. Doch das klingt einfacher, als es in der Praxisist. «Möbel, die gar keine Schadstoffe enthalten, wird es vermutlichgar nicht geben», erklärt Weiskirchen. Selbst unbehandeltesKiefernholz zum Beispiel enthält von Natur aus Terpene, auf die somancher allergisch reagiert.
Eine Möglichkeit ist daher, die Zahl der Möbelstücke im Auge zubehalten. «Wir alle neigen dazu, immer mehr Möbel in immer kleinereund dichtere Räume zu stellen», sagt Weiskirchen. «Das ist kein guterTrend. Denn auch emissionsarme Möbel können bei entsprechender Anzahlzu Beschwerden führen.»
Lothar Gingrich vom Bundesverband Gesundes Bauen und Wohnen inBraunschweig rät darüber hinaus zum vollständigen Verzicht aufSpanplatten. «Zwar unterliegt die einzelne Platte in Deutschlandeinem Grenzwert an Formaldehybelastung, aber wenn ich mir eine ganzeKüche aus solchen Platten in die Wohnung stelle, dann atme ichtrotzdem eine Menge von dem Zeug ein.»
Massivholz kann eine Alternative sein. «Aber auch hier ist dasRisiko gegeben, dass natürliche Bestandteile oder die Behandlung derOberflächen für Allergiker problematisch sind», warnt Elke Bruns. WerProbleme mit Allergien hat, sollte daher genau klären, auf welchenBestandteilen zum Beispiel die Lacke, Öle oder Wachse basieren.
Eine Orientierung bieten Gütesiegel: Der «Blaue Engel», das«Goldene M» der Deutschen Gütegemeinschaft Möbel oder das Siegel«LGA-schadstoffgeprüft» zum Beispiel garantieren die Einhaltung vonSchadstoffrichtwerten garantieren. Häufig sind die für den Laien abernicht sofort zu entdecken. «Deshalb sollte der Kunde beim Kauf vonMöbeln gezielt nach solchen Gütesiegeln fragen», rät Schmidt.
Doch selbst wenn Verbraucher ein solches Gütesiegel finden, sindsie nicht automatisch auf der sicheren Seite. «UnterschiedlicheGütesiegel prüfen unterschiedliche Dinge», erklärt Bruns. «Deshalbsollte der Verbraucher genau schauen: Was steht dahinter? Wurde nurauf Formaldehyd getestet oder auch nach allgemein leichtflüchtigenorganischen Substanzen gesucht?»
Dringend gewarnt wird in jedem Fall vor Schnäppchen ausBillig-Discountern. «Da wird eine Menge aus Osteuropa eingeführt unddem Kunden für ein paar Euro nachgeworfen», erläutert Schmidt. «Undkein Mensch weiß, was da alles drin ist.»
Sollte ein Möbelstück tatsächlich eine Schadstoffbelastungaufweisen, die den gesetzlichen Richtwert überschreitet, hat derKäufer übrigens Rückgaberecht. Allerdings obliegt es ihm, das ersteinmal per Expertenuntersuchung nachzuweisen. Das vermeintlicheSchnäppchen kann ihn dann unter Umständen teuer zu stehen kommen.
Tricks gegen Schadstoffe
Um die Schadstoffkonzentration im eigenen Wohn- oder Schlafzimmerzu senken, hilft neben der überlegten Wahl der Möbel vor allem eines:viel Lüften, am besten zwei- bis dreimal täglich. Absolut tabu sindRaumsprays, die den Mief nur übertönen statt ihn zu beseitigen. Sielösen im Zweifelsfall selbst Allergien aus. Hübsch anzusehen undeffektiv gegen das Müffeln von Möbeln können auch Pflanzen sein.Gewächse mit viel Blattmasse wie der Ficus oder die Grünlilie bindenRaumschadstoffe. Ein einsames Töpfchen auf der Fensterbank nützt indem Fall aber nichts - es muss eher ein halber Dschungel sein.