WM 2010 WM 2010: Südafrika ein Sicherheitrsrisiko?
Johannesburg/dpa. - Und das sind nur die Fälle, die angezeigt werden - dieDunkelziffer ist nach Expertenmeinung viel größer. Nun beginnenselbst die an Schlimmes gewohnten Südafrikaner zu argwöhnen, dass diehohe Kriminalität im Lande das größte Problem bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 werden könnte. Eine in dieser Wocheveröffentlichte Umfrage des halbstaatlichen SozialwissenschaftlichenForschungsrates (HSRC) belegt die negative Stimmung im Land.
Im Vorfeld der in drei Jahren am Kap der Guten Hoffnungstattfindenden Fußball-Weltmeisterschaft lotet der Forschungsrat seit2005 jährlich einmal die Gefühlslage von 3000 Südafrikanern aus. Inder jüngsten Studie führt erstmals die Kriminalität die Liste derdrängendsten Probleme vor dem Fußballfest an. Südafrikas PolizeichefJackie Selebi konnte das schon bei einer Anhörung im Parlament nichtnachvollziehen. «Was soll die ganze Aufregung über Kriminalität undihren Effekt auf die Fußball-Weltmeisterschaft angesichts derTatsache, dass die Situation sich verbessert hat, seit Südafrika vor12 Jahren den Rugby-Weltcup organisiert hat», sagte er. Die WM 2010werde problemlos «kommen und gehen».
Das sehen die Tourismusverbände des Landes anders. Der von denMedien stark beachtete Mord an dem renommierten Historiker DavidRattray machte international Negativ-Schlagzeilen. Meldungen übereinen Mord an einem Schweizer in Kapstadt oder einem Österreicher inJohannesburg, Überfälle auf deutsche Touristen in Durban oder aufbritische Urlauber am Tafelberg trüben das Bild vom sonnigenFernreiseziel mit wunderschönen Landschaften, freundlichen Menschen,kultureller Vielfalt und wilden Tieren. US-Botschafter Eric Bostwarnte bereits Ende vergangenen Jahres, dass die hohe Kriminalität imLande einen Großteil der 365 000 erwarteten WM-Besucher von einemBesuch am Kap fern halten könnte.
Der Mord an dem mit Prinz Charles befreundeten Historiker Rattraykam nur wenige Tage nach einer Kontroverse um öffentliche Äußerungenvon Präsident Thabo Mbeki. Der hatte mit Blick auf das in Umfragenimmer häufiger geäußerte Unbehagen der Bevölkerung gemeint: «Niemandkann zeigen, dass die überwältigende Mehrheit der 40 bis 50 MillionenSüdafrikaner das Gefühl hat, das Verbrechen sei außer Kontrolle;niemand kann das, weil es nicht wahr ist!»
Mbeki verweist auf die seit dem Ende der Apartheid nach untenzeigende Tendenz in der Kriminalitätsstatistik. Was er nach Kritiker-Ansicht dabei zu erwähnen vergisst: Die bürgerkriegsähnlichenZustände während des Zusammenbruchs der Apartheid Anfang der 90erJahre sind nicht mit der aktuellen Situation im Land vergleichbar.Zudem liegen selbst die heutigen Werte - die von der Polizei ohneunabhängige Prüfung von außen erstellt werden - acht Mal über deminternationalen Durchschnitt.
«Was die Situation noch erschwert, ist die Tatsache, dass trotzsinkender Verbrechenszahlen die Gewaltbereitschaft zunimmt», erklärteJohan Burger vom Institut für Sicherheitsstudien. Mbeki, der die auchvon der Afrikanischen Union (AU) kritisierte Gewalt im Lande als«Wahrnehmungsproblem» abtun möchte, wird auch von Umfragen immerwieder widerlegt. Quer durch alle Rassen weisen sie stets das gleicheErgebnis auf: eine weit verbreitete Unsicherheit und Angst.