WM 2006 WM 2006: WM-Auslosung als Langweiler statt Appetitanreger

Frankfurt/Main/dpa. - Viele Längen, wenig Stimmung: Die Auslosung der Qualifikationsgruppen für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 geriet nicht zum erhofften Appetitanreger. Berti Vogts und Otto Rehhagel schlug die Zeremonie 917 Tage vor dem eigentlichen Anpfiff gar völlig auf den Magen, als Formel 1-Star Michael Schumacher ihre Mannschaften in schwere Gruppen loste. Ex-Bundestrainer Vogts muss sich in der Gruppe 5 mit Italien, Slowenien, Norwegen, Weißrussland und Moldawien messen. Rehhagel trifft in der Gruppe 2 mit Griechenland auf den Nachbarn Türkei, Dänemark, die Ukraine, Georgien, Albanien mit Hans-Peter Briegel und Kasachstan.
Ein erneutes Hammerlos erwischte Holland, dass sich wie in der EM- Qualifikation und in der EM-Endrunde mit Tschechien auseinander setzen muss. Nur die acht Gruppensieger und die zwei besten Gruppenzweiten haben in der Europa-Qualifikation die WM-Teilnahme sicher. Auch Winfried Schäfer steht mit Afrika-Meister Kamerun vor einem steinigen Weg mit Ägypten und der Elfenbeinküste als größten Hürden.
3500 Gäste in der Frankfurter Festhalle, darunter Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu, und Millionen von TV- Zuschauern in über 100 Ländern erlebten eine 105 Minuten dauernde Zeremonie voller Nettigkeiten und ohne Zwischenfälle. Allerdings riss der mitunter steril wirkende Auslosungs-Marathon keinen von den Sitzen. Moderator Johannes B. Kerner hetzte vor einem unspektakulären Bühnenbild durch das pralle Programm, seine Kurzinterviews mit den prominenten Paten wirkten allzu einstudiert und ließen keinen Raum für Spontaneität. Die vielen Film-Beiträge waren zwar informativ, weckten aber keine Emotionen. Dies gelang auch den amerikanischen A Capella-Künstlern «Naturaly 7» nicht. Erst Herbert Grönemeyer löste mit seinem Hit «Mensch» Reaktionen im Publikum aus und brachte mit seinem Wunsch, mitlosen zu dürfen, sogar das Protokoll durcheinander.
«Es ist mir eine große Freude und Ehre, hier bei Freunden zu sein.» Mit diesen Worten hatte FIFA-Präsident Joseph Blatter in Anspielung auf das WM-Motto («Die Welt zu Gast bei Freunden») die Veranstaltung eröffnet. Zugleich verband er seine Begrüßung mit einem Aufruf für Frieden und Fair Play. DFB-Präsident Gerhard Mayer- Vorfelder kombinierte die Einladung an die Fußball-Fans in aller Welt mit der Versicherung: «Sie werden eine Bevölkerung antreffen, die offen und tolerant ist.»
Bei 157 Loskugeln und über 850 zu ermittelnden Qualifikations- Spielen kam phasenweise Langeweile auf. Die völlig unübersichtliche Ziehung bei den 34 Verbänden aus Nord-/Mittelamerika ersparte das ZDF als übertragender Sender seinen Zuschauern und schaltete stattdessen wie auch später bei der Afrika-Auslosung auf Werbung. Am stellvertretenden FIFA-Generalsekretär Jerome Champagne lag es allerdings nicht, dass die Auslosung nicht zur prickelnden Angelegenheit wurde. Er agierte bei seinem Debüt als Zeremonienmeister souverän und zügig.
Von ursprünglich 197 gemeldeten Teams sind nach diversen Vorqualifikationen bereits 40 aus dem Rennen um die 31 Startplätze neben Gastgeber Deutschland. Außer der DFB-Auswahl sind weitere 13 Startplätze für Europa reserviert. Afrika (5), Asien (4,5), Südamerika (4,5), Nord-/Mittelamerika (3,5) und Ozeanien (0,5) komplettieren das Feld. Die Relegationsplätze werden in den Spielen zwischen den Vertretern aus Nord/Mittelamerika gegen Asien sowie Südamerika gegen Ozeanien ausgespielt. Gegen die Entscheidung der FIFA-Exekutive kamen am Freitag massive Proteste aus Australien. Ursprünglich hatte Joseph Blatter dem Ozeanien-Verband, der zuletzt mit Neuseeland bei der WM 1982 in Spanien vertreten war, einen festen Startplatz zugesagt.
Begleitet wurde die erste große organisatorische Nagelprobe der WM-Gastgeber von umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen, einem Großaufgebot von Polizisten und einer Demonstration. Rund 500 Personen demonstrierten vor der weiträumig abgesperrten Festhalle gegen die hessische Hochschulpolitik.

