1. MZ.de
  2. >
  3. Varia
  4. >
  5. Wettskandal-Prozess: Wettskandal-Prozess: Hoyzer soll elf Mal betrogen haben

Wettskandal-Prozess Wettskandal-Prozess: Hoyzer soll elf Mal betrogen haben

Von Jens Mende und Frank Thomas 18.10.2005, 08:31
Umringt von Fotografen und Kamerateams betritt der Schiedsrichter Robert Hoyzer am Dienstag (18.10.2005) das Gerichtsgebäude in Berlin Moabit. (Foto: dpa)
Umringt von Fotografen und Kamerateams betritt der Schiedsrichter Robert Hoyzer am Dienstag (18.10.2005) das Gerichtsgebäude in Berlin Moabit. (Foto: dpa) dpa

Berlin/dpa. - Hoyzer muss sich wie sein ehemaligerSchiedsrichter-Kollege Dominik Marks und Ex-Profi Steffen Karl sowiedie ebenfalls angeklagten kroatischen Brüder Filip, Milan und AnteSapina wegen «gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs» vor dem LandgerichtBerlin verantworten.

Ante Sapina, dem die Staatsanwaltschaft eine «herausgehobenePosition» bei den Straftaten zuordnet, werden bei der Manipulationvon Spielen und Sportwetten insgesamt 42 strafbare Handlungenvorgeworfen. «Alle Anklagepunkte sind im wesentlichen zutreffend»,gestand der Drahtzieher am ersten Prozesstag. Der Geschäftsführer desCafè King, das als «Zentrale» des Wettbetrugs galt, machte vor allemseine ausgeprägte Spielsucht für die Manipulationen verantwortlich.

Mit 16 begann der heute 29-jährige Kroate mit Sportwetten undlandete mit dem Meister-Tipp FC Bayern 2000 den ersten großen Treffervon 100 000 Mark. «Für mich war immer nur die Quote wichtig. Egal, obda Real Madrid spielt oder irgendein Tennis-Match läuft», betonteAnte Sapina, der seit 28. Januar in Untersuchungshaft sitzt. DasGericht verblüffte er in seinen zweieinhalbstündigen Ausführungen mitDetail-Kenntnissen vom Baseball bis in untere Fußball-Ligen hinein.Über Einzelheiten der Manipulation will er sich am Donnerstag äußern.

Vor allem der Deutsche Fußball-Bund (DFB), der beim Prozess-Startdurch zwei Beobachter vertreten war, hofft acht Monate vor derWeltmeisterschaft im eigenen Land darauf, dass durch die Geständnisseder Angeklagten und bei der Vernehmung der 170 Zeugen keine neuenSkandale aufgedeckt werden. «Ich rechne nicht mit neuenEnthüllungen», sagte Sapina-Anwalt Klaus Gedat. Sein Kollege StefanConen erklärte: «Ante Sapina legt kein Geständnis ab, sondern räumtnur Geschehensabläufe ein.»

Richterin Gerti Kramer muss an den 18 angesetztenVerhandlungstagen auch klären, welche Rolle für die Mitangeklagtenvorgesehen war. Oberstaatsanwalt Hans-Jürgen Fätkinhäuer undStaatsanwalt Thorsten Cloidt stellten in der Anklageschrift fest: Diein die unmittelbare Spielmanipulation involvierten Schiedsrichter,Schiedsrichter-Betreuer und Spieler hätten zwar Kenntnis von demAbschluss hoher Sportwetten gehabt, «waren aber in die Einzelheitender Anzahl, der Höhe und des Ortes des Wettabschlusses nichteingeweiht». Milan Sapina werden elf, Karl fünf, Marks ebenfalls fünfund Filip Sapina drei strafbare Handlungen vorgeworfen.

Laut Staatsanwaltschaft soll es Manipulationsversuche beiinsgesamt 23 Spielen in der Regionalliga, der 1. und 2. Bundesliga,dem DFB-Pokal, bei einem Freundschaftsspiel sowie in einer Partie(Ankaragücü - Galatasaray Istanbul) der höchsten türkischen Ligagegeben haben. In einem Fall wird Hoyzer auch der «Verabredung» zumVerbrechen beschuldigt. Insgesamt soll durch den Betrug ein Schadenvon über zwei Millionen Euro entstanden sein.

Schon zwei Stunden vor Prozessbeginn hatten Interessierte Schlangegestanden, um einen der nur 60 Besucherplätze im Saal 500 zu erobern.Die Angeklagten nahmen nicht in den Panzerglas-Kabinen Platz, sonderndavor. «Es ist kein Sicherheitsprozess wie im Falle von Terroristen»,sagte Justizsprecher Arnd Bödeker. Acht Kamerateams und über 20Fotografen stürmten auf Hoyzer ein, als der um 09.31 Uhr als ersterder Angeklagten kommentarlos das Gericht betrat. Beim Verlesen derAnklage wirkte der im schwarzen Anzug und gestylten Haar erschieneneBerliner konzentriert und notierte sich Details.

Der Ex-Referee, der vom DFB bereits lebenslang gesperrt wurde,hatte schon zuvor angekündigt, auch während des Prozesses über jedeEinzelheit Auskunft zu geben. Als Kronzeuge aber könne er nichtgelten: «Er ist Angeklagter», sagte Bödeker. Es könne jedoch durchausein Strafmilderungsgrund sein, wenn Hoyzer sein Geständnis vor demGericht wiederhole. Auf «gewerbs- und bandenmäßigen Betrug» stehenFreiheitsstrafen von einem bis zu zehn Jahren. Am Donnerstag wirdweiter verhandelt, dann soll wahrscheinlich auch Hoyzer aussagen.

Umringt von Fotografen und Kamerateams betritt der Schiedsrichter Robert Hoyzer am Dienstag (18.10.2005) das Gerichtsgebäude in Berlin Moabit. (Foto: dpa)
Umringt von Fotografen und Kamerateams betritt der Schiedsrichter Robert Hoyzer am Dienstag (18.10.2005) das Gerichtsgebäude in Berlin Moabit. (Foto: dpa)
dpa