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Vorgestellt Vorgestellt: Rubbeldiekatz am Borsigplatz

04.11.2011, 18:09
Der ehenalige Fussballprofi von Borussia Dortmund, Alfred «Aki» Schmidt (M.), gestikuliert im Signal Iduna Park in Dortmund während einer Führung durch das Stadion. (FOTO: DAPD)
Der ehenalige Fussballprofi von Borussia Dortmund, Alfred «Aki» Schmidt (M.), gestikuliert im Signal Iduna Park in Dortmund während einer Führung durch das Stadion. (FOTO: DAPD) dapd

Dortmund/dapd. - Manche sagen, „Aki“ Alfred Schmidt sei schon zu aktiven Glanzzeiten in den 60er-Jahren ein Frauenliebling und Star gewesen. So richtig zum Popstar, zum Entertainer mit Massenpublikum, wurde er erst kürzlich: bei der größten Meisterfeier der deutschen Fußball-Geschichte. Bei Borussia Dortmunds Mega-Party am 15. Mai versetzte er mit Gesang, Akkordeon und dem Ohrwurm „Rubbeldikatz am Borsigplatz“ die feiernde Menge in Ekstase. Und der inzwischen 76-Jährige stürmte mit seinem Hit an die Spitze der lokalen Charts, hechelte in der Bierstadt von einem Auftritt zum nächsten, ehe er die Notbremse zog: „Schluss, mir wird das alles zu viel.“

Doch am 6. November steht der 25-malige Nationalspieler im Dortmunder Schauspielhaus wieder im Rampenlicht. Ein Fußball-Film zeigt unter anderem Ausschnitte vom legendären BVB-Europacup-Triumph von 1966 in Glasgow, und dazu singt Aki Schmidt im Beisein von sechs Helden des Endspiels gegen den FC Liverpool (2:1 n.V.) Hits aus „Casablanca“, dem Filmklassiker mit Humphrey Borgart und Ingrid Bergmann. Die Unterhaltung liegt Schmidt im Blut: „Mit Sängern und Künstlern war ich oft zusammen. Beispielsweise war Marika Rökk schon bei mir zu Hause, Rene Carol kenne ich gut, und mit BVB-Fan und Musiker Gerhard Wendland bin ich befreundet“, erzählt Aki Schmidt stolz. Sein Lebensmotto könnte lauten: Wein, Weib und Gesang.

Legendäres Duo mit Lothar Emmerich

Aber seine große Liebe war stets der Fußball und sein BVB - bis heute und für immer. „Ich hänge wahnsinnig an diesem Verein, jeden Tag bin ich da, mache fünf, sechs Stadionführungen, das ist mein Kind“, sagt der prominente Repräsentant des Traditionsvereins, der seine langjährige Tätigkeit als Fan-Beauftragter inzwischen aufgegeben hat. Jahrelang hatte er mit dem unvergessenen Lothar „Emma“ Emmerich das Traumduo des BVB gebildet.Die älteren Fans erlebten viele grandiose Momente des Fußballspielers Aki Schmidt. Mit ihm holte die Borussia als erster Verein den Europacup 1966 nach Deutschland, gewann 1957 und 1963 die deutsche Fußball-Meisterschaft und 1965 den DFB-Pokal. Der Filigrantechniker bestritt unter Sepp Herberger 25 Länderspiele, erzielte acht Tore und war 1958 bei der WM in Schweden dabei. „Bei den Siegen gegen Argentinien und Jugoslawien war ich dabei, im Halbfinale gegen Schweden musste ich wegen einer Verletzung passen. Das war bitter. Den Platzverweise von Erich Juskowiak und die schwedischen Heja-heja-Rufe werden ich nie vergessen“, erzählt der gebürtige Dortmunder.

Die größte Enttäuschung in der Karriere des Aki Schmidt war ausgerechnet ein Triumph: Beim Dortmunder 4:1-Finalsieg um die Deutsche Meisterschaft am 13. Juni 1957 in Hannover ließ Trainer Helmut Schneider gegen den HSV exakt die gleiche Mannschaft spielen, die ein Jahr zuvor die Schale an den Borsigplatz geholt hatte. So etwas hat es in der deutschen Fußball-Geschichte nicht mehr gegeben. Schneider verzichtete deshalb auf Jung-Nationalspieler Schmidt, obwohl der für Schwarzgelben auf dem Weg ins Finale das entscheidende 2:1 gegen die Offenbacher Kickers geschossen hatte. „Das war natürlich eine Riesenenttäuschung für mich“, sagt Schmidt und fügt hinzu: „Das ist aber abgehakt, denn ich habe doch mit dem BVB alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt.“

Kein Geld in Sevilla, kein Bungalow in Grünwald

Die Krönung war natürlich der Europacup-Coup 1966. „Was damals in Dortmund los war, war der helle Wahnsinn, die Stadt war schwarz vor Menschen, die Stimmung nicht zu toppen. So etwas vergisst man nie im Leben“, erzählt der Vater von zwei Söhnen, Frank (50) und Ralf (48). Für den Fußballer aus Leidenschaft kam das Debüt in der deutschen Nationalmannschaft am 3. April 1957 im Spiel gegen den Erzrivalen Holland in Amsterdam. „Ich schoss damals das Siegtor zum 2:1. Das war ein Traum. Fortan spielte ich mit Fritz Walter, Helmut Rahn, Hans Schäfer oder Uwe Seeler zusammen.“

Aki Schmidt war ein umworbener Star. Aber er widerstand den Verlockungen der Angebote von Bayern München, Hertha BSC Berlin, Eintracht Frankfurt oder dem FC Sevilla. „In Sevilla hätte ich viel Geld verdienen können, in München-Grünwald konnte ich ein Riesen-Bungalow beziehen. Aber Sepp Herberger hat mir geraten: Aki, bleiben Sie in Dortmund, sie sind Dortmunder.“ Und Schmidt blieb. Er steckt noch heute mittendrin im schwarzgelben Geschehen - und das soll noch lange so bleiben.